Bei der Simulation von Turbomaschinen eingesetzte numerische Verfahren sind in der Regel robust, benötigen aber eine große Anzahl an Netzmaschen, um
Strömungsstrukturen hinreichend aufzulösen. Für komplexe Konfigurationen kann die Generierung feiner strukturierter Netze sehr zeitaufwendig sein. Die Erzeugung unstrukturierter Netze hingegen kann automatisiert werden, jedoch stellt die automatische Generierung eines qualitativ hochwertigen unstrukturierten Netzes ebenfalls eine Herausforderung dar. Infolgedessen werden bevorzugt Methoden höherer Ordnung eingesetzt, die sich für unstrukturierte Netze eignen und mit denen eine ausreichend genaue Lösung auf einem sehr groben Netz erzielt werden kann.
Für das Berechnen von Lösungen höherer Ordnung auf unstrukturierten Gittern ist die Discontinuous Galerkin (DG) Methode besonderes geeignet. Unser Schwerpunkt liegt in der Anpassung der DG-Methoden an die Besonderheiten in der Turbomaschinenphysik unter Erhaltung numerischer Effizienz.
Bei diesen Verfahren müssen die gekrümmten Oberflächen höherwertig approximiert werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass mit Hilfe zusätzlicher Punkte die normalerweise linear beschriebenen Ränder durch Polynome höherer Ordnung besser wiedergegeben werden können. Weiterhin ist es wichtig, zweidimensional, nicht reflektierende Randbedingungen in das DG-Verfahren zu integrieren.
Der DG-Löser wurde in TRACE integriert und erfolgreich getestet. Die Abbildung zeigt ein konventionelles CFD-Netz (links) und ein DG-Netz (rechts) vergleichbarer Vorhersagequalität. Ferner wurde die Implementierung des DG-Lösers für Grafikprozessoren (GPGPU) portiert. Die Rechenzeit für die untersuchte Konfiguration konnte um circa Faktor fünf reduziert werden. Der Code bedurfte dafür aber umfassender Änderungen.
Zeitdiskretisierung: Implizite Runge-Kutta Verfahren
Die Simulation instationärer Strömungsphänomene in Turbomaschinen erfordert robuste und effiziente Zeitintegrationsverfahren, die sowohl
transiente als auch periodische Phänomene realitätsnah abbilden können. Wegen ihrer einfachen Umsetzbarkeit und Robustheit werden standardmäßig BDF-Verfahren (Backward-Difference-Formula) zweiter Ordnung eingesetzt. Sie sind Mehrschrittverfahren und eigenen sich daher nicht als Verfahren höherer Ordnung, da sie nur bis zweiter Ordnung A-stabil sind. Im Gegensatz dazu lassen sich implizite Runge-Kutta (IRK)-Verfahren als Einschrittverfahren problemlos auf höhere Ordnung erweitern, ohne an Stabilität zu verlieren. Dementsprechend sind IRK-Verfahren im Strömungslöser TRACE implementiert und untersucht worden. Aus dieser Forschungsarbeit hat sich die Bedeutsamkeit der L-Stabilität herauskristallisiert, welche zur schnellen Dämpfung von Oszillationen relevant ist.
Der Einfluss dieser Eigenschaft ist anhand des Liniger-Problems exemplarisch dargestellt. Die Ergebnisse zeigen den Zeitverlauf der Lösungsvariablen, berechnet mit zwei Zeitintegrationsverfahren. Die mit dem A-stabilen Crank-Nicolson (CN)-Verfahren erzielten Ergebnisse weisen sehr starke Überschwinger auf, die nur langsam abklingen. Im Gegensatz dazu liegen die Ergebnisse des L-stabilen IRK-Verfahrens deutlich näher an der analytischen Lösung und weisen keine Überschwinger auf.
Fehlerschätzung und Zeitschrittweitensteuerung
Neben ihren hervorragenden Stabilitätseigenschaften bieten IRK-Verfahren die Möglichkeit, eine Fehlerabschätzung vorzunehmen. Realisiert wird dies über ein zweites Verfahren von unterschiedlicher Ordnung, welches in das ursprüngliche Verfahren eingebettet ist. Aus der Differenz der Lösungen ergibt sich die Schätzung des lokalen Fehlers des Hauptverfahrens. Da für die Berechnung des eingebetteten Verfahrens keine weiteren Funktionsauswertungen nötig sind, es werden lediglich bereits bekannte Zwischenstufen verwendet, ist der rechnerische Mehraufwand äußerst gering. Der Fehler des Drucks ist hier am Beispiel der laminaren Zylinderumströmung gezeigt.
Zur Steigerung der Effizienz des Zeitintegrationsverfahrens ist es wünschenswert, die Zeitschrittweite automatisch anpassen zu können. Algorithmen zur Zeitschrittweitensteuerung verwenden die Schätzung des lokalen Diskretisierungsfehlers und optimieren die Schrittweite. Aufbauend auf dieser Fehlerabschätzung soll in Zukunft eine adaptive Zeitschrittweitensteuerung für den Strömungslöser TRACE zur Verfügung gestellt werden. Das derzeitige Einstellen einer festen Anzahl von Zeitschritten pro Periode soll dadurch abgelöst werden.
Anwendungen aus der Aeroakustik
Um die Effizienz der IRK-Verfahren zu quantifizieren, ist die Entstehung und Ausbreitung von Tonallärm im UHBR Fan-Rig des DLR untersucht
worden. Die Wechselwirkungen zwischen Rotornachläufen und Statoren führen zu einem hoch komplexen Akustikfeld, das von bestimmten Moden dominiert wird. Ein Vergleich der berechneten und gemessenen Amplituden der dominierenden stromauflaufenden Moden ist in der Abbildung dargestellt. Die Zahlen neben den Verfahrensnamen entsprechen der verwendeten Anzahl von Zeitschritten pro Periode in den Simulationen. Zu Erkennen ist, dass selbst bei nur 32 Zeitschritten pro Periode die IRK-Verfahren die dominierenden akustischen Moden sehr gut wiedergeben. Das CN-Verfahren weist ebenfalls eine gute Übereinstimmung mit den experimentellen Daten auf. Allerdings mussten die Zeitschritte pro Periode verdoppelt werden, da es sonst instabil ist. Im Vergleich dazu führt die numerische Dämpfung des BDF-Verfahrens zu großen Abweichungen.