Einführung
In der Abteilung Triebwerksakustik beschäftigen wir uns mit dem Schall, der von der Strömung innerhalb ziviler Flugtriebwerke erzeugt wird. Prinzipiell entsteht Schall auch durch Vibration der Triebwerksschaufeln, aber dieser Effekt ist in Triebwerken wesentlich geringer. Es geht also hauptsächlich nicht um Körperschall sondern um Strömungsakustik, auch bekannt unter dem Namen "Aeroakustik". Seit der Einführung der akustischen Analogie durch Lighthill im Jahr 1952, wird der Forschungsbereich der Aeroakustik durch die Vorstellung geprägt, dass bestimmte Strömungsphänomene (wie z.B. der Aufprall von Luftwirbeln aufeinander oder auf eine harte Schaufeloberfläche) Schallquellen induzieren, anschließend werden Schallwellen abgestrahlt, sie breiten sich aus und überlagern sich auf dem Strömungsfeld. Es ist praktisch das einfache aber mächtige Konzept von Ursache und Wirkung übertragen auf Strömung und Schall. Mit dieser Vorstellung wurden seit 60 Jahren große Fortschritte in der Aeroakustik gemacht; und sie ist auch sehr geeignet, so lange Schallfeld und Strömungsfeld weitgehend entkoppelt sind. Mit dem zunehmenden Anspruch, die aeroakustischen Phänomene hochgenau abzubilden und damit letztendlich leisere Triebwerke auslegen zu können, wächst der Bedarf nach dem erweiterten Verständnis der strömungsinduzierten Schallquellen über das einfache Konzept von Ursache und Wirkung hinaus. In der Abteilung Triebwerksakustik wird diese Problematik basierend auf experimentellen, numerischen und theoretischen Studien erforscht. Dabei liegt der Zusammenhang zwischen Schall und den instationären Strömungsprozessen im Fokus. Die Thematik "Schallquellen in Turbomaschinen" umfasst die Lärmquellen an Schaufelreihen (vordergrundig Schaufeln vom Gebläse und von Verdichtern, aber auch Streben, Bifurkationen oder Turbinenschaufeln).
Schallquelle "Rotierende Instabilität"
Ein instationäres Strömungsphänomen, das vorwiegend in Axialverdichtern nahe der Stabilitätsgrenze auftritt und sich negativ auf Druckaufbau und Stabilität auswirkt, ist als Rotierende Instabilität (RI) bekannt. Bei bestimmten Betriebsbedingungen erzeugt die RI signifikante spektrale Anteile im abgestrahlten Schallfeld. Der zugrunde liegende Quellmechanismus ist bisher nur unzureichend verstanden. Bisher verfügbare Erklärungsmodelle anhand spaltinduzierter instationärer Wirbelsysteme bieten jedoch keine ausreichende Erklärung für das Phänomen.
Mit einem umfassenden Verständnis der RI können kritische Betriebspunkte im Bezug auf Aerodynamik und Akustik in Zukunft schon in der Auslegungsphase eines Turboverdichters erkannt und vermieden werden. Allgemein ist das Auftreten der RI nicht nur auf Rotoren und Statoren in Axialverdichtern beschränkt; das Phänomen wurde auch in Zentrifugal- und Radialmaschinen sowie in einer Turbinenstufe beobachtet.
Typisch für die RI sind die modalen Eigenschaften innerhalb der charakteristischen spektralen Signatur, mit nebeneinander liegenden Amplitudenüberhöhungen unterschiedlicher Umfangsmodenordnungen (siehe Abbildung). Mit zeitlich aufgelösten Moden- und Korrelationsanalysen konnten die instationären und stochastischen Eigenschaften der RI an einem Stator nachgewiesen werden.
Ausgewählte Veröffentlichungen:
B. Pardowitz, U. Tapken und L. Enghardt (2012): “Time resolved rotating instability waves in an annular cascade” in: 18th AIAA/CEAS Aeroacoustics Conference, 4.-6. Juni, Colorado Springs, USA, AIAA 2012-2132.
B. Pardowitz, U. Tapken, R. Sorge, P. U. Thamsen und Lars Enghardt (2013): “Rotating instabilitiy in an annular cascade: Detailed analysis of the instationary flow phenomena” in: 58th ASME Turbo Expo Conference, 3.-7. Juni, Texas, USA, GT 2013-95820.
Numerisches Verfahren zur Breitband-Schallvorhersage in Triebwerksfans
Schallemission eines Fans kann in zwei Komponenten zerlegt werden, eine deterministische und eine stochastische. Die deterministischen Schallquellen erzeugen reine Töne. Sie können sehr gut von uns mit Hilfe von hochauflösenden, numerischen Verfahren (URANS) vorhergesagt und bis ins Fernfeld (PIANO, FWH) ausgebreitet werden. Für Näheres siehe Kompetenz Schallausbreitung in Kanälen.
Die stochastischen Schallquellen werden gemeinhin als Breitbandschall bezeichnet und als Rauschen empfunden. Dieser Anteil am Triebwerkslärm spielt zunehmend eine große Rolle, da die tonalen Anteile bereits stark reduziert werden können. Zwar können wir analytische oder empirische Vorhersage über den Breitbandanteil mit Hilfe von PropNoise machen, aber mit den von uns bisher angewendeten Simulationsverfahren können sie nicht aufgelöst werden. Das liegt daran, dass die maßgeblichen Größen, wie die turbulenten Fluktuationen, in den bisherigen Simulationen nur zeit-gemittelt eingegehen (trotz zyklostationärer mittlerer Strömung in einer URANS).
Am DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in der Abteilung Technische Akustik (AS-TEA) wird das Random Particle Mesh (RPM) Verfahren entwickelt, dass aus den zeit-gemittelten Größen einer RANS die stochastischen Fluktuationen rekonstruiert und so mit dem Schallausbreitungstool PIANO zur Breitband-Schallvorhersagen angewandt werden kann. Um dieses Verfahren auf Triebwerksfans anzuwenden wird das Verfahren von uns auf zyklostationäre Prozesse erweitert und verschiedene Modelle für den Interaktionslärm.
Experimentelle Methoden zur Minderung von Breitbandlärm in Turbomaschinen
Im Rahmen des EU-Projektes FLOCON wurden beim DLR in Berlin-Charlottenburg drei experimentelle Methoden zur Verringerung von Breitbandlärm untersucht. Die Versuche wurden an einem Ventilatorprüfstand (Link zum Prüfstand, Artikel muss noch gemacht werden) getestet, ausgewertet und bewertet. Dabei wurden sowohl aerodynamische als auch akustische Meß- und Analysemethoden verwendet.(Links zu den Methoden/Messanlagen Hitzdrahtmessungen und Mikrofonmessungen).
Im EU-Projekt PROBAND wurden die Statorschaufelvorderkanten als Ort für Breitbandschallquellen identifiziert, wenn der sich der Stator im aerodynamischen Nachlauffeld eines Rotors befindet. Dabei hat sich herausgestellt, dass die instationäre Druckverteilung im Bereich der Statorvorderkante proportional zum erzeugten Breitbandlärm ist. Dabei ist auch der der Gradient der Druckverteilung an der Statorschaufelvorderkante entscheident.
Daher wurde für das FLOCON-Projekt ein Stator konzipiert und getestet, dessen Schaufeln sich verstellen lassen, um den Anstellwinkel zu verändern. Durch Verringerung des Anstellwinkels der Statorbeschaufelung lassen sich starke Saugspitzen im Bereich der Statorschaufelvorderkanten vermeiden. Der damit einhergehende Verlust an Umlenkung im Statorgitter wurde durch das Anbringen von sogenannten Gurney-Flaps an den Statorschaufelhinterkanten kompensiert. Die Gurney-Flaps verursachen eine zusätzliche Umlenkunge in dem sie die Wölbung des Profils erhöhen. Bild 1 verdeutlicht das Prinzip. Bild 2 zeigt den Stator mit aufgebrachten Gurney-Flaps.
Bei einer anderen untersuchten Methode wurde der Einfluss auf das abgestrahlte Schallfeld bei der Interaktion des Blattspitzenwirbels mit dem Stator untersucht. Hierfür wurde die Wandgrenzschicht bzw. der Blattspitzenwirbel im Bereich der Rotorschaufelvorderkanten abgesaugt. Bild 3 zeigt den Versuchsaufbau.
Eine dominante Lärmquelle in modernen Turbomaschinen ist der sogenannte Rotor-Stator-Interaktions-Lärm. Die Lärmquellen liegen dabei auf den Statorschaufelvorderkanten und werden durch die Interaktion des stehenden Stators mit dem sich drehendem aerodynamischen Nachlauf des Rotors verursacht. Die Nachläufe der einzelnen Rotorschaufeln treffen auf den Stator und erzeugen Lärmquellen. Die Idee hinter dem Konzept ist es, die Nachläufe der Rotorschaufeln mit Druckluft aus den Rotorschaufelhinterkanten aufzufüllen und somit Geschwindigkeitsdefizite im Rotornachlauf auszugleichen. Bild 4 zeigt das Konzept. Der Rotor ist in rot, der Stator rechts daneben ist in schwarz dargestellt. Dazwischen ist ein mit Hitzdrähten gemessenes Nachlauffeld des Rotors zu sehen.
Interaktion der Fanstufe mit Einbauten im Nebenstromkanal
Die aktuelle Entwicklung im Bereich Flugzeugtriebwerke fordert u.a. eine immer kompaktere Bauform der Triebwerke. Die Triebwerke sollen leichter werden und somit eine Einsparung von Treibstoff ermöglichen. Bedingt durch die kleineren Abstände zwischen den verbauten Komponenten treten diese in potentiell stärkere Interaktion, wodurch die Entstehung von Schall begünstigt werden kann. Ein wichtiger Schallentstehungsmechanismus ist hierbei die Interaktion einer Schaufelreihe mit dem Potentialfeld einer zweiten, sich zu der ersten bewegenden Schaufelreihe. Zur Vermeidung der Potentialfeldinteraktion wird z.B. beim Design der Fanstufe auf einen genügend großen Abstand zwischen Rotor und Stator geachtet.
Wenig bekannt ist die Interaktion der Fanstufe mit Komponenten im Nebenstromkanal. Im Projekt OPAL wurde gezeigt, dass das Potentialfeld der Bifurkationen (Verlängerung der Triebwerksaufhängung im Inneren des Triebwerks) einen signifikanten Einfluss auf die tonale Schallerzeugung in der Fanstufe haben kann. Die für isolierte Fanstufen charakteristische modale Schallfeldstruktur mit nur wenigen angeregten Moden kann durch das Potentialfeld der Bifurkationen grundlegend verändert werden. Als wesentlicher Mechanismus erscheint die veränderte Konvektion der Rotornachläufe. Anders als bei einer isolierten Fanstufe treffen die Rotornachläufe nicht mit konstantem Phasenunterschied auf die Statorschaufeln. Dadurch ändern sich auch die Phasen der Schallquellen auf dem Stator, die durch die Rotornachläufe angeregt werden, und eine weitaus größere Anzahl von akustischen Moden unterschiedlicher azimutaler Ordnung wird angeregt. Dieser Effekt gefährdet möglicherweise auch ein sogenanntes Cut-Off-Design der Fanstufe, bei dem die erste Interaktionsmode akustisch nicht ausbreitungsfähig ist. Durch das Potentialfeld der Bifurkationen werden nun aber auch Moden niedrigerer Ordnung angeregt, die sich als aktusche Moden ausbreiten könnten.