Raumfahrt | 08. Februar 2010 | von Jan Wörner

Kennedy Space Center: Hier sind der Atem und die Tradition der Raumfahrt spürbar

Den geplanten Start des Space Shuttle Endeavour mit den europäischen Elementen Cupola und Node 3 wollte ich nutzen, um den persönlichen Kontakt mit verschiedenen Akteuren der Raumfahrt zu intensivieren. Im Mittelpunkt der Gespräche standen natürlich die aktuelle Mission, aber auch Themen wie die Auftragsvergabe für die dritte Generation von Wettersatelliten und der vor einer Woche veröffentlichte Plan der Obama-Regierung für die Raumfahrt in den nächsten Jahren.

Ein Shuttle-Start ist viel mehr als die Beobachtung einer rasch nach oben beschleunigenden Rakete. Wie bei dem Start vom Columbus hatte ich Gelegenheit, verschiedene Bereiche des Kennedy Space Centers (KSC) im Rahmen einer ausführlichen Tour zu besuchen. Meine Erwartungen waren, bedingt durch die Wiederholung, nicht sehr hoch und wurden massiv übertroffen.

Space Shuttle Endeavour im Neben der Tatsache, dass man vor Ort die Geschichte der amerikanischen bemannten Raumfahrt - insbesondere die Glanzleistung der Apollomissionen zum Mond - spüren kann, wenn man z.B. in dem über 150 Meter hohen VAB (Vehicle Assembly Building) ist, in dem die Saturn 5 montiert wurden, mischte sich an vielen Orten nun aber auch Wehmut unter die Faszination. Man spürte überall die Tatsache, dass die Shuttle-Flotte am Ende des Jahres 2010 stillgelegt werden soll. Gleichzeitig konnte man aber auch den Willen der Beschäftigten erleben, nicht nur die verbleibenden Shuttle-Missionen mit der erforderlichen Sorgfalt vorzubereiten, sondern zugleich auch mit Engagement die Zukunft anzugehen.

Die Entscheidung der Obama-Regierung, zunächst nicht mit Astronauten zu Mond und Mars zu fliegen, wird zwar bedauert - aber zugleich werden auch die Chancen der Neuausrichtung gerade in der bemannten Raumfahrt erkannt. Internationale Zusammenarbeit in vielen Bereichen ist jetzt nicht nur politisch gewollt, sondern wird auch von den verschiedenen Akteuren begrüßt. Bleibt abzuwarten, wie Europa, wie Deutschland es versteht, dieses Kooperationsangebot effektiv zu nutzen.

Viele internationale Gäste, z.B. Jean-Jacques Dordain, Generaldirektor der ESA, Enrico Saggese, Präsident der italienischen Raumfahrtagentur ASI, sowie Vertreter der Raumfahrtagenturen Frankreichs, der Niederlande und der Tschechischen Republik, der europäischen Kommission, sowie zahlreiche Industrievertreter konnten ihre Vorstellungen austauschen und Ideen entwickeln.

Der geplante Start um 4.39 Uhr Ortszeit nachts verlangte eine sehr disziplinierte Zeitplanung, bei der bis in die letzten Minuten - insbesondere durch die perfekte Inszenierung der Amerikaner - die Spannung anhielt. Die Tatsache, dass der Countdown 9 Minuten vor dem geplanten Zeitpunkt wegen einer Wolkendecke abgebrochen wurde, ist für die Eingeweihten kein wirkliches Problem, sondern belegt die erforderliche Sorgfalt, die derartige Missionen von den Verantwortlichen verlangen.


Um 10.16 Uhr MEZ (9.16 Uhr GMT) erreichte eine spezielle Nachricht aus dem Cockpit der LH 465 auf dem Weg von Orlando (MCO) nach Frankfurt (FRA) die Passagiere Jan Wörner und Thomas Reiter: Die Shuttle-Mission STS-130 startete 2 Minuten zuvor erfolgreich.

Thomas Reiter und ich reisten trotzdem abends ab. Das Flugzeug war - entgegen der Hinreise - sehr leer, da die meisten den zweiten Startversuch abwarten wollten. Wir mussten zur Erfüllung unsrer Pflichten als DLR-Vorstandsmitglieder für die anberaumte Vorstandssitzung in Köln abreisen. Umso erfreuter waren wir, als wir um 10.16 Uhr deutscher und 4.16 Uhr amerikanischer Ostküstenzeit von unserer Lufthansa-Crew über den erfolgreichen Start informiert wurden. 

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Über den Autor

Im Jan-Wörner-Blog bloggte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich "Jan" Wörner, selbst. Seit dem 1. Juli 2015 ist er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. zur Autorenseite