Raumfahrt | 12. November 2013 | von Jan Wörner

Wissenschaft, Wissenschaftsmanagement, Wissenschaftspolitik … Teil 3

Wissenschaft braucht Freiraum, um aus Kreativität Innovation zu schaffen. Zugleich ist es nachvollziehbar, dass Steuerzahlerin und Steuerzahler einen Anspruch auf sinnvolle Verwendung der Steuermittel erheben. Diesen scheinbaren Widerspruch - individuelle "Freiheit" versus gesellschaftliche Erwartung - in "Wohlgefallen" aufzulösen, ist die vornehmste Aufgabe der Personen, die mit der unmittelbaren Planung von Forschungsaktivitäten befasst sind: der Wissenschaftsmanagerinnen und Wissenschaftsmanager. Der Politik kommt die Aufgabe zu, inhaltliche und strategische Vorgaben überall dort - und nur dort - zu formulieren, wo sie aufgrund demokratischer Legitimation (durch eine Wahl) zu definieren sind.

Die so getroffenen Festlegungen finden vermutlich in der politischen Welt, in der Bevölkerung, aber auch im Bereich der Wissenschaft wenig Widerspruch, wohl auch deshalb, weil sie vermeintlich genug Spielraum lassen. Bei genauerer Betrachtung der Aufgaben und des jeweiligen Selbstverständnisses der Akteure werden aber einige Aspekte sichtbar, die in der praktischen Umsetzung von großer Bedeutung sind: So sollten Aktivitäten auf den eigentlichen Auftrag begrenzt und Detailsteuerung vermieden werden.

Innerhalb wissenschaftlicher Einrichtungen ist das Spannungsfeld zwischen Mikromanagement und Beliebigkeit ebenfalls nicht trivial. Im DLR arbeiten wir mit programmatischer Steuerung, die auf der einen Seite die inhaltliche Kohärenz der Aktivitäten des DLR sicherstellen soll und zum anderen die wissenschaftliche Freiheit als Quelle von Kreativität nicht im Keim ersticken darf.

Experiment in Schwerelosigkeit während der D1-Mission 1985. Bild: DLR, CC-BY.

Um auch in Zukunft das Richtige richtig zu machen, muss eine Organisation wie das DLR Strategie als einen permanenten Prozess ohne zeitliche Begrenzung verstehen. Mit diesem Verständnis befinden wir uns jetzt in einem umfassenden Strategieprozess, dessen zentrales Ziel die robuste aber dennoch flexible Aufstellung des DLR für eine unbekannte Zukunft ist. Unter Berücksichtigung interner und externer Erwartungen, Anforderungen und Herausforderungen werden Ziele der gesamten Organisation DLR und der einzelnen Untergliederungen sowie die inhaltlichen Entwicklungsperspektiven definiert. Mit einer Diskussion im DLR-Senatsausschuss wurde die Diskussion, die bisher im wesentlichen innerhalb des DLR (gelebte Partizipation!) durchgeführt wurde, auf Gremienebene gebracht. Die bisher erhaltenen Rückmeldungen aus verschiedenen externen Quellen - der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Politik - bestärken mich, diesen Prozess auch weiterhin transparent und unter Berücksichtigung der verschiedenen externen Stake- und Shareholder, aber auch der DLR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter voranzutreiben.

Auf der Grundlage einer sehr guten nationalen, europäischen und internationalen Positionierung des DLR als Forschungszentrum, Raumfahrtagentur und Projektträger gilt es, nach Definition der Ziele (institutionell wie fachlich) über die strukturellen Konsequenzen nachzudenken, um letztlich der These "Structure follows Strategy" des Ökonoms Alfred D. Chandler Jr. zu entsprechen.

Bild mitte und oben: Experiment in Schwerelosigkeit während der D1-Mission im Jahr 1985. Quelle: DLR (CC-BY 3.0).


 

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Über den Autor

Im Jan-Wörner-Blog bloggte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich "Jan" Wörner, selbst. Seit dem 1. Juli 2015 ist er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. zur Autorenseite