Sonstiges | 13. Oktober 2017 | von Julia Heil

Bettruhe-Studie Teil 3: Was ist ein Medical?

Augenuntersuchungen
Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Die Untersuchung am Refraktometer dient der Sehschärfebestimmung.

Suchend bewegt sich das Auge auf dem Bildschirm hin und her, dann blickt es starr nach vorn. Nur wenige Sekunden, länger dauert es nicht, um die Fehlsichtigkeit des Auges mit dem Refraktometer zu messen. Doch hierbei handelt es sich nicht um einen Routinebesuch beim Optiker. Diese Sehschärfebestimmung gehörte zu einer ganzen Reihe von Voruntersuchungen für die VaPER-Studie, bei der sich 12 Probandinnen und Probanden für 30 Tage im :envihab beim DLR in Köln ins Bett legen.##markend##

Untersuchungsmarathon für die Bettruhe

Das sogenannte Medical gehört zur zweiten Runde des Auswahlverfahrens. Hier wurde festgestellt, ob die Bewerberinnen und Bewerber aus medizinischer Sicht geeignet sind, um an der Studie teilzunehmen. Nachdem sich 4500 Interessierte auf die Anzeige zur Probandensuche gemeldet hatten, kamen letztendlich insgesamt 107 Personen zu den ersten Informationsveranstaltungen ins DLR, um dort mehr über die VaPER-Bettruhestudie zu erfahren. Im Anschluss füllten sie dort die ersten psychologischen Fragebögen für eine erste Vorauswahl aus. Nach der Auswertung erhielten insgesamt 67 Bewerber ein "Go" für die nächste Runde, die Eintrittskarte zu den Medicals. Diese fanden an 24 Tagen zwischen Ende April und Ende Juni statt. Morgens um halb acht fanden sich die Bewerber in den Untersuchungsräumen des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin ein, wo sie nüchtern und teilweise etwas aufgeregt den Untersuchungsmarathon mit einer Blutabnahme und einer Urinabgabe starteten. Dann gab es zur Stärkung erst einmal ein kleines Frühstück.

Gefäßprobleme ausschließen

"Augen und Hirndruck sind das zentrale Thema dieser Bettruhestudie", sagt Dr. Claudia Stern, Abteilungsleiterin des Flugmedizinischen Centers im DLR, die zusammen mit ihrem Team die Voruntersuchungen betreute. "Das hängt auch mit dem Kreislauf und der durch die Kopftieflage verursachten Flüssigkeitsverschiebung zusammen. Deshalb müssen wir darauf achten, dass unsere Probanden weder Gefäß- noch Kreislaufprobleme haben." Bei den Medicals untersuchten die Mediziner die Kreislaufstabilität der Probanden unter anderem mit einem zehnminütigen Stehtest. Das Risiko von Gefäßproblemen liegt darin, dass sich bei den Teilnehmern während der langen Ruhephasen Thrombosen bilden können, also Blutgerinnsel in den Gefäßen. Rauchen oder hormonelle Verhütung gelten als Risikofaktoren und bedeuten deshalb den Ausschluss für die Bewerber. Aber auch das Erbgut liefert Hinweise darauf, ob Personen zu Thrombosebildung neigen oder nicht. Die gendiagnostische Untersuchung einer Blutprobe war deshalb ebenfalls fester Bestandteil des Medicals.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Dr. Claudia Stern bei einer Augenuntersuchung.

Veränderte Sehstärke in Schwerelosigkeit

Bei rund 60 Prozent der Astronauten verändert sich die Sehstärke in der Schwerelosigkeit. Die Ursachen für diese Veränderung speziell am hinteren Teil des Auges sind bis jetzt noch ungeklärt. Um neue Erkenntnisse in diesem Bereich zu erhalten, hat die NASA, die die VaPER-Studie beim DLR in Auftrag gegeben hat, die Augen als zentrales Thema festgelegt. Im ersten Medical ermittelten die DLR-Fachleute deshalb die Sehschärfe und eventuelle Schädigungen am Sehnerv der potentiellen Probanden. Neben dem Farbsehen prüften die Mediziner auch den Augeninnendruck. Dabei wird ein feiner Luftstoß auf die Hornhaut geblasen. Deren Abflachung gibt Auskunft über den Druck, der im Innern des Auges herrscht.

Erste Runde abgeschlossen

Gegen 14 Uhr war alles geschafft. Neben Kreislauf-, Augen- und Gefäßuntersuchungen wurden die Bewerber gewogen, gemessen und befragt. Auf einem Fahrradergometer hatten die Mediziner bei steigender Belastung die Herzfrequenz der Interessenten gemessen, sie hatten Herz und Lunge abgehört und in die Ohren geschaut. Auch Reflexe und Beweglichkeit der potenziellen Studienteilnehmer waren getestet worden. Dann hieß es für die Bewerber erst einmal zuhause abwarten, denn insbesondere die Laborergebnisse liegen oft erst nach über einer Woche vor. Wer die Vorauswahl und das erste Medical bestanden hatte, wurde zum Interview mit den Psychologen des DLR eingeladen. Circa sechs Wochen vor Studienbeginn gab es dann eine weitere Runde Medicals. An diesem Termin wurde neben einem Drogen- und HIV-Test die Knochendichte der Bewerber mittels Röntgendiagnostik gemessen, bei Frauen folgte zudem noch ein Schwangerschaftstest. So gut durchleuchtet steht dann zumindest medizinisch nichts mehr im Weg, um sich 30 Tage ins Bett zu legen.

VaPER

Für die VaPER-Studie legen sich 12 Probanden im DLR für 30 Tage bei einer Sechs-Grad-Kopftieflage ins Bett. Ihr Körper erfährt dabei ähnliche Veränderungen wie der von Astronauten in Schwerelosigkeit, was sich Wissenschaftler zunutze machen, um jene Veränderungen genauer zu untersuchen. Der Fokus von VaPER (VIIP and Psychological :envihab Research Study) liegt sowohl auf der Untersuchung von physiologischen und psychologischen Auswirkungen als auch auf dem VIIP-Syndrom (Visual Impairment and Intracranial Pressure), das Sehstörungen und erhöhten Hirndruck bei Astronauten in Schwerelosigkeit beschreibt. Die Studie wurde von der amerikanischen Raumfahrtagentur NASA in Auftrag gegeben und wird vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin durchgeführt.

Alle Blogbeiträge der VaPER-Studie

VaPER-Studie Teil 1: Warum legt das DLR Menschen für 30 Tage ins Bett?

VaPER-Studie Teil 2: Von 4.500 Bewerbern auf 12 Probanden – Wie findet man geeignete Teilnehmer?

VaPER-Studie Teil 4: Ab ins Bett – 30 Tage liegen bleiben

VaPER-Studie Teil 5: Kann jeder bei einer Bettruhestudie als Proband mitmachen?

TrackbackURL

Über den Autor

Julia Heil hat sich schon immer für das interessiert, was hinter den Dingen steckt - Fragen stellen ist eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Zunächst als Volontärin in der Kommunikationsabteilung und nun als Redakteurin für das DLR-Magazin schreibt sie über die vielfältigen Forschungsthemen des DLR und taucht mitten hinein in die Welt der Wissenschaft. zur Autorenseite