Raumfahrt | 12. Juli 2010 | von Ralph Kahle

Kunst im All - oder: Wie man eine Formation einstellt

Am Starttag, 21. Juni 2010, war TanDEM-X knapp 16.000 Kilometer von seinem Zwillingssatelliten TerraSAR-X entfernt. Heute sind es nur noch 2000 Kilometer. Nun ist es an der Zeit, die Relativbewegung zu bremsen und die Formation einzustellen. Dazu wird die Flugdynamikgruppe des German Space Operations Center (GSOC) in den kommenden acht Tagen insgesamt zehn Bahnmanöver durchführen.

Die Umlaufbahn von TanDEM-X wurde kurz nach dem Start auf eine 4,6 Kilometer niedrigere Höhe eingestellt als TerraSAR-X, woraus für TanDEM-X eine etwas höhere Bahngeschwindigkeit folgt. Dadurch nähern sich beide Satelliten mit etwa 630 Kilometer pro Tag einander an - recht wenig im Vergleich zu der Fluggeschwindigkeit von 27.000 Kilometern pro Stunde. Ohne erneute Bahnänderung würde TanDEM-X seinen Zwilling in den nächsten drei Tagen überholen. Der Wunsch des Radar-Instrument-Teams ist jedoch eine weite Formation, in der TanDEM-X in 20 Kilometern Abstand TerraSAR-X folgen wird und dabei die gleiche Bodenspur besitzt. Diese Formation soll dann zur Kalibrierung des Radars bis September beibehalten werden.

Das Einstellen der Formation muss schrittweise erfolgen. Einerseits verfügt der Satellit über nur vier 1-Newton-Triebwerke - also der Kraft von vier Tafeln Schokolade auf einer Küchenwaage. Bei einer Satellitenmasse von über 1300 Kilo müssen diese Triebwerke sehr lange arbeiten, um kleine Geschwindigkeitsänderungen aufzubringen. Das heutige Manöver wird zum Beispiel 421 Sekunden dauern und dabei die Bahngeschwindigkeit um 1,14 Meter pro Sekunde ändern. Hört sich wenig an, reicht jedoch aus, um die mittlere Bahnhöhe um 2000 Meter anzuheben. Noch längere Manöver würden die Effizienz der Bahnkorrektur mindern.

Andererseits wollen wir das Risiko für eine Kollision der beiden Satelliten ausschließen. Dazu wird die Relativgeschwindigkeit schrittweise reduziert, so dass sich die Satelliten am 18. Juli mit nur noch circa 140 Kilometer pro Tag aufeinander zu bewegen. Falls das letzte Brems-Manöver am 18. Juli aufgrund von Problemen am Boden oder am Satellit nicht ausgeführt werden kann, würden die Satelliten in einem sicheren Abstand von über 250 Metern aneinander vorbeiziehen.

Nach dem Abbremsen sind noch weitere fünf Manöver vorgesehen, um die Bahnebene sowie die Ellipsenform genau zu justieren. Läuft alles planmäßig, so kann ab 22. Juli die nächste Kalibrier-Phase des Radar-Instruments beginnen.

Bild: Relativbewegung von TanDEM-X zu TerraSAR-X (im Fadenkreuz) aus Sicht eines hinter TerraSAR-X fliegenden Betrachters. 514 Kilometer unter TerraSAR-X befindet sich die Erde. Die Relativ-Ellipse ändert ihre Gestalt mit jedem Manöver. Im Zeitraum vom 18. Juli (türkisfarbene Bahn) zum 21. Juli (rote Bahn) führt TanDEM-X fünf Bahnmanöver durch.

TrackbackURL

Über den Autor

Dr.-Ing. Ralph Kahle ist der verantwortliche Flugdynamik-Ingenieur für die TerraSAR-X-/TanDEM-X-Mission. Zu seinen Aufgaben zählen die präzise Bahn- und Lagebestimmung der Satelliten und ihre Position zueinander sowie die Erzeugung von Hilfsprodukten für die Radar-Prozessierung zur Autorenseite