Energie | 18. Oktober 2010 | von Jan Oliver Löfken

Energie-Frage der Woche: Mit welcher Technik lässt sich Energie überhaupt speichern?

Die Batterie ist wohl der bekannteste Energiespeicher, der zuverlässig, schnell und an jedem Ort Strom zur Verfügung stellt. Wiederaufladbare Akkus sind ideal für Handy oder Elektroauto. Aber für große Strommengen, die Engpässe im Stromnetz stopfen müssen, wären sie nur bedingt geeignet. Auf welche anderen Speichermöglichkeiten können wir heute zurückgreifen?

Die wichtigste Rolle im europäischen Stromnetz nehmen heute Pumpspeicherkraftwerke ein. Allein in Deutschland summiert sich die installierte Leistung auf etwa sieben Gigawatt. Die Alpenländer Österreich und die Schweiz können, begünstigt durch die gebirgige Landschaft, sogar einen Großteil ihres Strombedarfs kurzfristig mit der Energie des aufgestauten Wassers decken. Doch das Speicherpotenzial lässt sich nicht mehr beliebig steigern, so dass die Alpen als "Batterie" für Europa allein nicht ausreichen.

Norwegen und Schweden böten zwar noch viele Standorte für neue Pumpspeicher, aber die entsprechenden, teuren Leitungen zu den Verbrauchern in Mitteleuropa müssten erst gebaut werden. "Insbesondere in den flachen Küstengebieten, wo künftig der größte Bedarf an Stromspeichern gesehen wird, lässt sich diese Technik kaum weiter ausbauen", sagt Stefan Zunft vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik in Stuttgart.

Die Grafik zeigt die wesentlichen Elemente eines Ringwallspeichers. Das dargestellte Ringwallspeicher-Hybridkraftwerk bedeckt mit seinen 11,4 Kilometern Durchmesser eine Fläche, die 25% größer wäre, als der Chiemsee. Der 215 Meter hohe Ringwall umschließt das Oberbecken mit einem Durchmesser von sechs Kilometern. Bild: Dr. Matthias Popp

Die Grafik zeigt die wesentlichen Elemente eines Ringwallspeichers. Das dargestellte Ringwallspeicher-Hybridkraftwerk ist zirka 25 Prozent größer als der Chiemsee. Der 215 Meter hohe Ringwall umschließt das Oberbecken mit einem Durchmesser von sechs Kilometern. Bild: Dr. Matthias Popp.

Pumpspeicher in ausgedienten Braunkohle-Gruben

Eine Lösung für dieses Problem könnte die Vision des deutschen Ingenieurs Matthias Popp in Wunsiedel bieten. Er sicherte sich das Patent auf so genannte Ringwallspeicher, die gerade in flachen Landschaften als Pumpspeicher dienen könnten. Mit einem kurzfristigen Stromüberschuss im Netz ließe sich Wasser in ein 10 bis 30 Meter 100 bis 400 Meter (Update: siehe Kommentare) erhöhtes Becken - umgeben von einem Ringwall - pumpen und bei Bedarf wieder in den umgebenden See durch Generatorturbinen ablassen. Als mögliche Standorte wären die ausgedienten Gruben des Braunkohle-Tagebaus geeignet. Entstehen hier heute im Zuge der Rekultivierung große Badeseen, könnten diese in Zukunft mit einer Ringwall-Insel ergänzt werden.

Ebenfalls für flache Regionen sind Druckluftspeicher im Untergrund geeignet, an denen DLR-Forscher um Stefan Zunft arbeiten. "Die Technik hat in ganz Nordwest-Europa ein großes Potenzial", sagt Zunft. Mit Kompressoren kann Luft beispielsweise in unterirdische Salzkavernen gepresst und verdichtet werden. Muss nun eine Stromlücke gestopft werden, kann die Luft - aufgewärmt durch einen weiteren Wärmespeicher - wieder ausströmen und dabei einen Generator antreiben. Wirkungsgrade von bis zu 70 Prozent sind damit möglich, fast genauso hoch wie bei Pumpspeichern. Ab 2013 ist unter dem Projektnamen ADELE der Bau eines Pilot-Druckluftspeicher mit einer Speicherkapazität von bis zu einer Gigawattstunde vorgesehen.

Schwungräder - Renaissance einer alten Technologie

Derzeit noch nicht ausgereizt ist auch das Speicherpotenzial von Schwungrädern. In diesen werden mit Elektromotoren große Massen in Rotation versetzt. Durch eine nahezu reibungsfreie Lagerung können sich moderne Schwungräder bis zu 80.000 mal pro Sekunde drehen. Wird wieder Strom benötigt, werden die rotierenden Räder an einen Generator gekoppelt, der die gespeicherte Bewegungsenergie wieder in elektrische Energie umwandelt mit sehr hohem Wirkungsgrad von bis zu 95 Prozent. Im Prinzip lassen sich damit Leistungen im Megawattbereich schnell für kurze Zeiten bereitstellen.

Eine Zwischenspeicherung in Form von chemischer Energie ist für die Zukunft ebenfalls nicht ausgeschlossen. An erster Stelle steht hier das energiehaltige Gas Wasserstoff. Mit Stromüberschüssen kann es über Elektrolyse gewonnen und mit Brennstoffzellen wieder zur Stromgewinnung genutzt werden. Diese Umwandlungen reduzieren allerdings den Gesamtwirkungsgrad, der derzeit in Versuchsanlagen noch gesteigert werden könnte.

Information zum Druckluftspeicher-Projekt des DLR:

ADELE liefert Strom, wenn er gebraucht wird

Die DLR-Energiefrage der Woche im Wissenschaftsjahr "Die Zukunft der Energie"

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Wissenschaftsjahr 2010 unter das Motto "Die Zukunft der Energie" gestellt. Aus diesem Anlass beantwortet der Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken in diesem Jahr jede Woche eine Frage zum Thema Energie in diesem Blog. Haben Sie Fragen, wie unsere Energieversorgung in Zukunft aussehen könnte? Oder wollen Sie wissen, wie beispielsweise ein Wellenkraftwerk funktioniert und wie effizient damit Strom erzeugt werden kann? Dann schicken Sie uns Ihre Fragen. Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken recherchiert die Antworten und veröffentlicht sie jede Woche in diesem Blog.

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Über den Autor

Der Energiejournalist Jan Oliver Löfken schreibt unter anderem für Technologie Review, Wissenschaft aktuell, Tagesspiegel, Berliner Zeitung und das P.M. Magazin. Derzeit diskutiert er im DLR-Energieblog aktuelle Themen rund um die Energiewende. zur Autorenseite