Raumfahrt | 06. Februar 2015 | von Dietmar Lilienthal

Neue Herausforderungen für die runderneuerte Sternwarte

Wartung hat etwas mit Warten zu tun. Kein Wunder also, dass die Wissenschaftler dem Abschluss des rund fünfmonatigen Heavy Maintenance Visit von SOFIA bei der Lufthansa Technik AG in Hamburg mit Ungeduld entgegensahen. Ich war gespannt darauf, inwieweit sich der Wissenschaftsbetrieb mit dem runderneuerten Flugzeugobservatorium verbessern würde. Seit dem 13. Januar 2015 ist SOFIA nun wieder im Einsatz und es zeigt sich: Die Beobachtungsbedingungen an Bord des frisch gewarteten Fliegers haben sich deutlich verbessert.

NASA/CXC/PSU/K.Getman, E.Feigelson, M.Kuhn & the MYStIX team; Infrared:NASA/JPL-Caltech
Flammennebel (NGC2024) im Sternbild Orion. Im dunklen, zentralen Bereich der Wolke wurden erstmals hochaufgelöste Spektren von beispielsweise neutralem Sauerstoff und einfach ionisiertem Kohlenstoff gemessen. Sie liefern genauen Aufschluss über die Zusammensetzung, Tiefenstruktur und Bewegungsverhältnisse in der Wolke.

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Auffallend ruhig und geräuschlos rollt SOFIA bis zur Startbahn an ihrem Heimatflughafen im kalifornischen Palmdale. Es gibt fließendes Wasser an Bord und - worauf Flug- und Wissenschaftscrew während der langen Nachtflüge schon lange sehnsüchtig gewartet haben - eine Kaffeeküche. Nur Mikrowelle und Mobiltelefone dürfen nicht verwendet werden, denn am Teleskop angeflanscht ist für insgesamt sechs Flüge das deutsche Infrarotspektrometer GREAT. Der Heterodynempfänger würde die störende Mikrowellenstrahlung sofort detektieren.

In dieser zehntägigen Januar-Kampagne stehen mehr als 20 Beobachtungsprojekte auf dem Flugplan. Geplant ist eine dichte Flugfolge mit drei Flügen pro Woche - eine große Herausforderung für das GREAT-Team und die Mitarbeiter von NASA, DSI und USRA "Für die ersten drei Flüge, die so genannte Konsortialzeit, haben wir uns ein ambitioniertes Beobachtungsprogramm vorgenommen", erläutert der GREAT-PI Dr. Rolf Güsten vom Max Planck Institut für Radioastronomie in Bonn (MPIfR). Die Wissenschaftler würden dabei hochaufgelöste Spektren des neutralen Sauerstoffs (bei 4,7 Terahertz) und des einfach ionisierten Kohlenstoffs (bei 1,9 Terahertz) sowie auch das Molekül Kohlenmonoxyd bei hohen Frequenzen in galaktischen und extragalaktischen Quellen untersuchen, um die Eigenschaften dieser Molekülwolken zu untersuchen.

Mit an Bord sind bei den Konsortialflügen auch Prof. Heinz-Wilhelm Hübers und sein Mitarbeiter Heiko Richter vom Institut für Planetenforschung des DLR. Im Berliner Institut wurde der so genannte Lokaloszillator, ein Quantum Cascade Laser, als Ergänzung für GREAT entwickelt. Wie Prof. Hübers erläutert, hat sich der Laser bereits beim ersten Flugeinsatz im Mai 2014 als zuverlässig erwiesen: "Diese Technologie ermöglicht die spektroskopische Erschließung der ultrahohen Frequenzen des Terahertz-Spektralbereiches. Und wir werden auch in Zukunft Beiträge zur Optimierung des Instrumentes Great liefern."

Die Ergebnisse der bisherigen Forschungsflüge sind vielversprechend. So wurden etwa Vorkommen von atomarem Sauerstoff, von einfach ionisiertem Kohlenstoff sowie von Kohlenmonoxid in Richtung des Flammennebels (NGC 2024) im Sternbild Orion gefunden. "Das Gas ist dort dicht wie Butter", verdeutlicht Urs Graf, PI des Projektes an der Universität Köln

Die zweite Flugwoche ist dem Gastbeobachterprogramm gewidmet. Dabei wird das technisch sehr anspruchsvolle Instrument GREAT vom erfahrenen Team des MPIfR und der Universität Köln betrieben, die Gastbeobachter können jedoch an Bord den Fortschritt der Messungen mit verfolgen.

Während des letzten Fluges der Kampagne bin ich besonders gespannt auf die Beobachtung des Supernovaüberrestes IC443 im Sternbild Zwillinge, dem Quallennebel, auch Jellyfish genannt (Link SOFIA: Bereit für den Südhimmel). Hier soll die mögliche Existenz von Eisenhydrid, also einer Verbindungen des Wasserstoffs mit Eisen, untersucht werden. Beim Element Sulfanyl-Radikal ist dies mit dem GREAT-Instrument bereits gelungen. Der Nachweis von Eisenhydrid wäre ein weiteres Novum und wichtig für die Frage, unter welchen Bedingungen Metallhydride entstehen. Bei Fragestellungen zur kosmischen Chemie erweisen sich auch Nicht-Detektionen, so genannte Upper Limits, als wertvoll. Obwohl bei Astronomen nicht gerade beliebt, weil keine Spektrallinien aufgefunden werden, lassen Nicht-Detektionen dennoch Schlussfolgerungen über den Zustand der interstellaren Materie zu. Auf die Auswertung des Datenmaterials dürfen wir gespannt sein.

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Über den Autor

Dr. Dietmar Lilienthal ist seit 15 Jahren im SOFIA-Projekt tätig und hat die elektrische und S/W-Integration des SOFIA-Teleskops in die 747SP in den USA mit begleitet. Außerdem hat er die vertraglichen Voraussetzungen für die Gründung des Deutschen SOFIA Instituts (DSI) an der Universität Stuttgart geschaffen. zur Autorenseite