Raumfahrt | 24. Mai 2016 | von Paul Zabel

Pflanzenkunde für die Gemüsezucht am Südpol

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
 

Obwohl ich erst im Dezember 2017 zu meiner einjährigen Expedition für das Projekt EDEN-ISS in die Antarktis aufbreche, gehen bereits jetzt die Vorbereitungen dafür los. Schließlich werde ich in der Antarktis verantwortlich für den Betrieb des EDEN-ISS-Gewächshauses sein, und das schließt alle Aufgaben von der Aussaat bis zur Ernte der Pflanzen ein. Von meinen gärtnerischen Fähigkeiten wird es abhängen, ob das Gewächshaus Gemüse zum Speiseplan der Crew der Neumayer III-Forschungsstation beisteuern kann und ob alle unsere Experimente gelingen. Die vergangene Woche verbrachte ich deshalb in den Niederlanden. Dort wurde mir von Experten der professionelle Anbau von Gemüse in Gewächshäusern nähergebracht. Für mich als studierter Ingenieur, der nie wirklich einen grünen Daumen besaß, war die Reise faszinierend und sehr lehrreich. ##markend##

Los ging es am Sonntagabend mit einer dreieinhalbstündigen Autofahrt in die Universitätsstadt Wageningen. Dort befindet sich Europas führende Forschungseinrichtung in den Bereichen Nahrung, Nahrungsproduktion und Pflanzenkultivierung. Die Wissenschaftler aus Wageningen engagieren sich im EDEN-ISS-Projekt bei der Auswahl der geeigneten Pflanzen und der passenden Umweltbedingungen.

Nach den üblichen Formalitäten wie der Ausgabe einer Schlüsselkarte, ohne die ich noch nicht einmal durch die nächste Tür gekommen wäre, ging es dann am Montagmorgen vorbei an dutzenden Räumen vollgepackt mit Klimakammern. Eine Klimakammer ist eine Art riesiger Schrank mit voll automatischer Klimaanlage. Wissenschaftler benutzen diese Kammern für Pflanzenexperimente, denn sie können darin alle Umweltbedingungen der Pflanzen unabhängig vom Wetter steuern und dann die Auswirkungen auf die Pflanzen untersuchen.

Blätter zählen und Gurken wiegen

In zwei solcher Kammern baut Esther Meinen gerade genau jene Pflanzen an, die für meine einjährige Expedition in die Antarktis in Frage kommen. Dazu zählen zahlreiche Salatsorten, Spinat, Kräuter, aber auch Gurken, Tomaten, Paprika und mein Favorit, Erdbeeren. Den gesamten Montag und auch den gesamten Dienstag waren Esther und ich damit beschäftigt, einen Teil der sieben Wochen alten Pflanzen zu ernten. Das hieß, jeder Salatkopf und jede Gurke musste genau vermessen und gewogen werden. Bei den Kräutern wie zum Beispiel Basilikum, aber auch beim Spinat kam dann auch noch das Zählen der Blätter dazu. Ab und an durfte ich auch mal eine kleine Kostprobe nehmen. In der Antarktis werde ich schließlich als einziger Gärtner/Bauer dafür zuständig sein, dass das Gemüse wissenschaftlich ausgewertet wird - bevor der größte Teil dann auf dem Mittagstisch landet.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Ein Jahr lang sollen die Pflanzen Nahrung für die Neumayer-Station liefern - umso besser wenn sie dann auch noch gut schmecken
Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Jede geerntete Frucht musste genau vermessen und gewogen werden, um die optimalen Anbaubedingungen zu ermitteln

Am Mittwoch fuhr ich mit Tom Dueck zu einer Außenstelle der Universität in Bleiswijk. Dort stehen die richtig großen Glasgewächshäuser: Die Wissenschaftler optimieren hier den kommerziellen Anbau von Gemüsepflanzen. Sie untersuchen dabei auch die Auswirkungen von Schädlingen und Krankheiten auf die Pflanzen. Dafür gibt es spezielle abgeschlossene Quarantänebereiche mit strengen Hygienevorschriften.

Besuch bei schädlichen Krabbeltieren

Den Vormittag verbrachte ich mit Jan Janse, einem Experten für Gemüsepflanzen und insbesondere für Tomaten, Gurken und Paprika. In den verschiedenen Gewächshäusern erklärte Jan mir die Unterschiede im Anbau der Gemüsesorten und auch wie ich die Pflanzen zu beschneiden habe, damit sie so wachsen, wie wir es wollen. Am Nachmittag bekam ich von Marieke van der Staaij eine Einführung in das frühzeitige Erkennen von Schädlingsbefall und Pflanzenkrankheiten. Dazu gingen wir in kleine abgeschlossene Gewächshäuser, wo gezielt Pflanzen mit verschiedenen Fliegen, Spinnentieren und Miniheuschrecken verseucht werden, um die Auswirkungen zu beobachten. Für mich als Ingenieur ziemliches Neuland - es gab reichlich Krabbeltiere zum Anfassen und Beobachten.

Am Donnerstag ging dann meine aufregende Zeit in Wageningen auch schon zu Ende. Ich probiere nun das Erlernte in unserem eigenen Labor aus. Im August kehre ich dann für eine weitere Woche Training in die Niederlanden zurück - um erneut die geduldigen Kollegen vor Ort mit meinen zahllosen Fragen zu löchern.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Nachdem das angebaute Gemüse sorgfältig gezählt und vermessen wurde, kam endlich ein Großteil davon auf den Mittagstisch

Neben regelmäßigen Berichten auf http://www.dlr.de informieren wir über den Fortschritt des Projektes auch auf der Projektwebseite http://www.eden-iss.net.

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Über den Autor

Paul Zabel arbeitet seit 2011 beim DLR am Institut für Raumfahrtsysteme in der Abteilung Systemanalyse Raumsegment. Seit seiner Kindheit begeistert er sich für Science Fiction. Das brachte ihn schließlich dazu ein Studium zum Luft- und Raumfahrtingenieur an der Technischen Universität Dresden abzuschließen. Er arbeitet in der, im Jahr 2011 gegründeten, Forschungsgruppe EDEN. zur Autorenseite