Raumfahrt | 05. Dezember 2016 | von Philip Kausche

Vorletzter Start von Kourou in diesem Jahr

+++ Update +++ Die Vega ist um 14:52 Uhr erfolgreich gestartet, der Satellit Göktürk-1 wurde knapp 57 Minuten später in seinem Orbit abgesetzt. Der nächste Vega-Start wird voraussichtlich im März 2017 stattfinden.

Quelle: ESA/CNES/Arianespace
Erfolgreicher Start der Vega-Rakete.
Quelle: ESA/CNES/Arianespace - Photo Optique Video du CSG - JM Guillon
Ankunft der Spitze der Vega-Rakete am mobilen Startturm des Vega-Startplatzes in Kourou. Im Hintergrund der mobile Startturm, in dem bereits die Rakete auf ihren Passagier wartet.

Während wir in Deutschland gerade den zweiten Advent hinter uns gebracht haben und langsam auch dem Letzten klar wird, dass wir unweigerlich auf Weihnachten zugehen, herrscht auf dem europäischen Weltraumbahnhof noch emsiger Betrieb. Und fast so sicher wie das Weihnachtsfest am Ende des Monats, wird eine Vega-Rakete heute Nachmittag um 14:51 Uhr deutscher Zeit von Kourou aus in den Himmel starten. Übertragen wird der Start auf www.arianespace.com; der Livestream beginnt etwa 20 Minuten vor dem Start.##markend##

Passenderweise probiere ich mich aktuell daran, den Aufstieg einer Vega-Rakete mit dem Computer zu simulieren. Im Januar begrüße ich nämlich wieder Schülerpraktikanten bei uns in der Abteilung. Sie sollen dann vergleichen, wie weit Wirklichkeit und Simulation auseinander liegen, indem sie die berechnete Flugbahn einer Rakete mit der echten Flugbahn vergleichen. Aber das nur am Rande.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Erste Schritte bei der Simulation der Aufstiegsbahn der Vega. Richtung stimmt schon mal.

Zurück zum Start: An Bord der Vega befindet sich ein knapp über eine Tonne schwerer, optischer Erdbeobachtungssatellit mit Namen Göktürk-1. Er wird im Auftrag der Türkei gestartet und in einen für Erdbeobachtungssatelliten typischen sonnensynchronen Orbit (SSO) gebracht werden. Der SSO befindet sich in zirka 700 Kilometer Höhe. Diese Art Orbit eignet sich besonders gut für die Erdbeobachtung, da der Satellit jeden Tag um dieselbe Uhrzeit denselben Punkt der Erde überfliegt. So lassen sich Veränderungen auf der Erde besonders gut dokumentieren. Dies wurde übrigens mit Daten der letzten 32 Jahre eindrucksvoll auf dieser Webseite aufbereitet: https://earthengine.google.com/timelapse. Aber schon wieder schweife ich ab.

Starkes Leichtgewicht

Mit zirka 139 Tonnen Startmasse ist die Vega eher ein Leichtgewicht. Zum Vergleich: Eine Ariane 5 wiegt über 750 Tonnen. Die etwa 30 Meter hohe Vega besteht aus drei Stufen plus Oberstufe. Die ersten drei Stufen sind sogenannte Feststoff-Stufen. Das heißt, in ihnen befinden sich keine Tanks beispielsweise mit flüssigem Sauerstoff und flüssigem Wasserstoff. Man benötigt daher auch keine Pumpen zur Treibstoff-Förderung. Dadurch ist der Aufbau solch einer Stufe vergleichsweise simpel und ausfallsicher, sie funktioniert im Prinzip wie eine Silvesterrakete. Einmal gezündet, können sie aber nicht mehr gestoppt werden. Im Gegensatz zu einem Flüssigtriebwerk, das man einfach abschalten kann. Dafür erzeugt diese Art der Stufe sehr viel Schub, was gerade am Anfang des Starts wichtig ist, um möglichst schnell die dichten Luftschichten der Atmosphäre zu verlassen. Zusätzlich nimmt auch die Gravitationskraft mit der Höhe ab, weswegen es ebenfalls gut ist, möglichst schnell an Höhe zu gewinnen.

Quelle: ESA/CNES/Arianespace - Photo Optique Video du CSG - JM Guillon
Der Satellit Göktürk-1 an der Satellitentankstelle. Preis pro Liter: Dem Autor nicht bekannt.

Die erste Stufe erzeugt ungefähr 300 Tonnen Schub. Daher ist es für sie ein Leichtes die 139 Tonnen schwere Rakete abheben zu lassen. Die erste Stufe wird etwa 105 Sekunden lang brennen und die Rakete auf über 6.000 Kilometer pro Stunde beschleunigen. In 50 Kilometern Höhe wird dann die erste Stufe abgeworfen. Die Stufen zwei und drei beschleunigen die Vega weiter auf zirka 27.000 Stundenkilometer. Die Rakete befindet sich dann in etwa 170 Kilometer Höhe und ist gerade mal sechs Minuten unterwegs. Den Rest der Mission übernimmt dann das AVUM-Triebwerk der Oberstufe, das insgesamt drei Mal gezündet wird. Wer aufgepasst hat, kann sich denken, dass die vierte Stufe also keine Feststoffstufe sein kann.

Ich bin gespannt, ob ich es schaffe, mein Raketensimulations-Programm so weit zu bringen, dass ich das eben Beschriebene im Rechner abbilden kann. Vielleicht berichte ich darüber dann mal in einem Blog.

Und eh ich es vergesse: Dies war erst der vorletzte Start von Kourou in diesem Jahr. Kurz vor Weihnachten, voraussichtlich am 20.12.2016, startet noch mal eine Ariane 5 vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana. Bis dahin eine schöne Vorweihnachtszeit.

Weiterführende Links:

Livestream
Arianespace Launchkit (engl., PDF)
Vega-Seite des DLR

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Über den Autor

Philip Kausche hat an der TU Berlin Luft- und Raumfahrttechnik studiert. Nach seiner Promotion wechselte er im Jahr 2015 innerhalb des DLR von Berlin-Charlottenburg nach Bonn-Oberkassel in die Abteilung Trägersysteme des Raumfahrtmanagements. Seitdem betreut er dort u.a. als Projektmanager das Programm zur Nutzungsphase des europäischen Schwerlastträgers Ariane 5. zur Autorenseite