Energie | 29. März 2010 | von Jan Oliver Löfken

Energie-Frage der Woche: Wie mache ich feste Kohle flüssig?

Wenn das Erdöl knapp wird, muss der Treibstoff für Flugzeuge oder Autos aus anderen Quellen gewonnen werden. Seit Franz Fischer und Hans Tropsch 1925 das nach ihnen benannte Fischer-Tropsch-Verfahren entwickelt hatten, lassen sich synthetische Kraftstoffe auch indirekt aus Kohle gewinnen. Heute wird das intensiv von Staaten mit großen Kohlevorkommen wie Südafrika und China genutzt. Doch wie funktioniert die Umwandlung von fest in flüssig?

Der effizienteste Weg von fest nach flüssig führt über ein Gas, genauer ein Synthesegas. Dazu wird Kohle auf Temperaturen von über 1000 Grad Celsius erhitzt. Werden dabei Wasserdampf und Sauerstoff zugefügt, entsteht das Synthesegas. Aus dieser Zwischenstufe, die reich an Kohlenmonoxid und Wasserstoff ist, lassen sich mit katalytischen Reaktionen Kohlenwasserstoffe produzieren, die unter Normalbedingungen flüssig sind. Je nach Reaktionsbedingungen kann man so viele flüssige Endprodukte vom Benzin, Kerosin, Diesel bis zu anderen aromatischen Substanzen für die chemische Industrie synthetisieren.

Geschichte des "Kohle-Benzins"

Analyse der Schadstoffemissionen neuer Treibstoffe. Bild: DLRIn Deutschland spielte das Fischer-Tropsch-Verfahren während des Dritten Reiches eine wichtige strategische Rolle, da das nationalsozialistische Deutschland kaum Zugang zu Erdölquellen, dafür aber reichlich Kohle hatte. Auch in Südafrika führten politische Randbedingungen - Import-Beschränkung während der Apartheid-Ära - zur verstärkten Treibstoffgewinnung aus Kohle. China erzeugt derzeit immer mehr Benzin aus heimischer Kohle wegen des großen Energiehungers des Landes. Mit zahlreichen neuen Synthesefabriken wird die Kapazität im Land der Mitte momentan auf etwa 40 Millionen Tonnen pro Jahr geschätzt.

Doch nicht nur Kohle eignet sich zur Treibstoffproduktion. Auch aus Erdgas lässt sich durch die Zufuhr von Wasserdampf und Sauerstoff Synthesegas und schließlich Treibstoff gewinnen. Und am DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart gibt sich ein etwa 20-köpfiges Team um Direktor Manfred Aigner nicht mit dem aktuellen Stand der Technik zufrieden. Mit dem Fokus auf die Luftfahrt arbeiten sie an der Verbesserung von synthetischem Kerosin. "Bei der Optimierung können wir an bis zu 50 Parametern drehen", sagt Aigner. Ziel ist ein Flugtreibstoff, der mit optimalen Zünd- und Brennverhalten möglichst viel Leistung bei geringen Abgasmengen sichern soll.

Die Zukunft: Klimaneutrale Treibstoffe aus Biomasse

Das Wissen der Stuttgarter Forscher ist dabei international sehr gefragt. So erarbeiten sie zusammen mit Partnern im EU-Projekt ALFA-BIRD einen Plan für alternative Treibstoffe. Dazu kommen zahlreiche Kooperationen beispielsweise mit Shell, Rolls Royce plc und dem Technologiezentrum Qatar Science & Technology Park. Für die kommenden Jahre wird ihnen die Arbeit nicht ausgehen. Denn nach Kohle und Erdgas wird Biomasse als Rohstoff für flüssige Treibstoffe immer wichtiger mit dem großen Vorteil, dass sie in ihrer Gesamtbilanz das Klima mit keinem Gramm Kohlendioxid belasten werden.

Weiter Informationen zum Thema:
DLR-Institut für Verbrennungstechnik

Die DLR-Energiefrage der Woche im Wissenschaftsjahr "Die Zukunft der Energie"

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Wissenschaftsjahr 2010 unter das Motto "Die Zukunft der Energie" gestellt. Aus diesem Anlass beantwortet der Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken in diesem Jahr jede Woche eine Frage zum Thema Energie in diesem Blog. Haben Sie Fragen, wie unsere Energieversorgung in Zukunft aussehen könnte? Oder wollen Sie wissen, wie beispielsweise ein Wellenkraftwerk funktioniert und wie effizient damit Strom erzeugt werden kann? Dann schicken Sie uns Ihre Fragen per E-Mail. Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken recherchiert die Antworten und veröffentlicht sie jede Woche in diesem Blog.

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Über den Autor

Der Energiejournalist Jan Oliver Löfken schreibt unter anderem für Technologie Review, Wissenschaft aktuell, Tagesspiegel, Berliner Zeitung und das P.M. Magazin. Derzeit diskutiert er im DLR-Energieblog aktuelle Themen rund um die Energiewende. zur Autorenseite