Raumfahrt | 09. März 2016 | von Philip Kausche

Ariane-Start noch vor dem Frühstück

Quelle: ESA/CNES/Arianespace
Die Ariane 5 auf dem Weg vom Final Assembly Buildung zu ihrem Startplatz in Franzöisch-Guayana

Früh aufstehen hieß es für diejenigen, die heute Morgen einen Ariane 5-Start sehen wollten. Um 6:20 deutscher Zeit hob zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Ariane 5 ECA vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana ab um einen Satelliten ins All zu bringen. Neben dem Transport eines Satelliten in den Orbit, wird dieser Ariane 5-Flug auch als Versuchsträger für die Entwicklung der Ariane 6 dienen. Mehr dazu weiter unten.

Ich persönlich verfolgte den Start gemütlich im Bett mit meinem Tablet auf www.arianespace.com und bewegte mich dann gemeinsam mit der Ariane Richtung Himmel. Allerdings erhob ich mich im Gegensatz zur Ariane nur wenige Zentimeter und mit deutlich geringerer Geschwindigkeit. Während die Ariane 5 mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit gen Orbit rauschte, schlich ich Richtung Dusche und das einzige was rauschen sollte, war das Wasser aus dem Duschkopf. ##markend##

Die Ariane 5 befand sich schon seit gestern an ihrem Startplatz und die finalen Vorbereitungen für den heutigen Start liefen. Die Rakete brachte heute früh erneut einen Telekommunikations-Satelliten im Einzelstart in einen geostationären Transferorbit. Der Telekommunikations-Satellit Eutelsat 65 West A wiegt über 6,5 Tonnen und zählt damit zu den Schwergewichten unter den Telekommunikations-Satelliten. Er wurde vom kalifornischen Unternehmen Space Systems Loral (SSL) für den Satellitenbetreiber Eutelsat gebaut und wird Lateinamerika und Brasilien mit Fernseh- und Internetsignalen versorgen.

Quelle: ESA/CNES/Arianespace
Letzte Vorbereitungen am Satelliten Eutelsat 65 West A

Ursprünglich war der Start erst für die zweite Jahreshälfte geplant. Eutelsat hat jedoch die Möglichkeit bekommen den Start an den Jahresanfang zu ziehen. Dafür muss Eutelsat allerdings den Preis einer kompletten Ariane 5 im Einzelstart zahlen. Normalerweise teilen sich zwei Betreiber die Startkosten, da die Ariane 5 idealerweise immer zwei Satelliten ins All startet. Die Mehrkosten werden aber durch die frühere Inbetriebnahme des Satelliten mehr als kompensiert, da Eutelsat durch den früheren Start in der Lage sein wird mit dem Satelliten die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro zu übertragen. 

Ariane 5 als fliegendes Labor

Durch den Einzelstart ist es weiterhin möglich, die freigewordenen Transportkapazitäten der Ariane für mehrere Flug-Experimente zu nutzen. Die Experimente begannen nach dem Absetzen des Satelliten. Die Ergebnisse dieser Experimente fließen direkt in die Entwicklung der Oberstufe der neuen Ariane 6 ein. Die Ariane 6-Oberstufe wird ein wiederzündbares Triebwerkt mit dem Namen Vinci erhalten. Diese Fähigkeit kann man z.B. dazu verwenden die Oberstufe nach dem Absetzen seiner Nutzlast gezielt aus dem Orbit zu entfernen. Bisher befinden sich die ausgebrannten Oberstufen noch mehrere Jahre im Erdorbit bevor sie selbstständig wieder in die Erdatmosphäre eintreten und verglühen.

Die Untersuchungen erfüllen dabei gleich mehrere Zwecke. Sie dienen unter anderem dazu das Herunterkühlen des Triebwerkes im Weltraum zu untersuchen, während es nicht läuft. Weiter wird das Verhalten des Treibstoffes in den Oberstufentanks während der antriebslosen schwerlosen Flugphase untersucht. 

Quelle: ESA/CNES/Arianespace
Die Nutzlastverkleidung wird über den Satelliten gestülpt.

Beides ist für ein wiederzündbares Oberstufentriebwerk von entscheidender Bedeutung. Zum einen muss man ein wiederzündbares Triebwerk aus einem eventuell stark abgekühlten Zustand starten können. Zum anderen befindet sich der Treibstoff in den Oberstufentanks vor dem erneuten Zünden des Triebwerkes in schwerlosem Zustand. Damit das Triebwerk erneut gezündet werden kann, muss sichergestellt werden, dass sich zumindest ein Teil des Treibstoffs in flüssiger Form am Tankaustritt befindet. Ist das Triebwerk einmal gezündet sorgt die beschleunige Bewegung dafür, dass der flüssige Treibstoff Richtung Tankaustritt gedrückt wird. Der selbe Effekt drückt einen in den Sitz, wenn man mit dem Auto stark beschleunigt.

Für die Untersuchungen wurde die Oberstufe der Ariane mit 65 zusätzlichen Sensoren für Temperaturen, Beschleunigungen und Füllstand des Tanks ausgestattet. Die Oberstufe wurde damit quasi zu einem fliegenden Weltraum-Labor erweitert. Die ca. einstündige Experimentier-Phase startete etwa 30 Minuten nach dem Start der Rakete. Der Satellit wurde bereits erfolgreich abgesetzt und ich saß inzwischen mit Müsli und Kaffee am Frühstückstisch.

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Über den Autor

Philip Kausche hat an der TU Berlin Luft- und Raumfahrttechnik studiert. Nach seiner Promotion wechselte er im Jahr 2015 innerhalb des DLR von Berlin-Charlottenburg nach Bonn-Oberkassel in die Abteilung Trägersysteme des Raumfahrtmanagements. Seitdem betreut er dort u.a. als Projektmanager das Programm zur Nutzungsphase des europäischen Schwerlastträgers Ariane 5. zur Autorenseite