Raumfahrt | 14. Juli 2010

Stresstest im All und Flüsse aus Sand

Während sich die Teams am Boden für den gemeinsamen Formationsflug von TanDEM-X und TerraSAR-X rüsten, wurde TanDEM-X in der letzten Woche vor der Annährung noch mal so richtig unter Dampf gelegt. Das Instrument-Team führte sogenannte Hot/Cold-Tests durch, bei denen man die Leistungsgrenzen austestete und das Radar-System erst auskühlen und dann wieder unter Volllast laufen ließ. Anschließend gab es für die Bodensysteme Tests, bei denen eine Vielzahl von völlig zufällig verteilten Radar-Aufnahmen der Erdoberfläche die Zuverlässigkeit der Empfangs- und Prozessierungsanlagen austestete. Unter diesen "Statistik-Aufnahmen" befinden sich auch einige rätselhafte Bilder.

Das TanDEM-X-Instrument zeigte wieder bravourös seine Leistungsfähigkeit und lieferte dem Instrument-Team wertvolle Daten unter Extrembedingungen, die zur Ressourcen-Planung für zukünftige Aufnahmen dienen. Zwar war das Radar-System bei diesen Tests aktiv, lieferte jedoch zunächst keine Bilder, sondern nur Instrument-Messwerte ab. Mit diesen ersten Daten wurden Einstellungen am Instrument und am Boden optimiert.

Für uns im Prozessierungsteam war die wieder einsetzende Bilderflut nach ein paar Tagen der Ruhe natürlich ein spannender Moment. Bei diesen Statistik-Aufnahmen werden wieder alle Aufnahme-Modi und Polarisations-Einstellungen mit verschiedensten Aufnahme-Winkeln kombiniert. Sie dienen in erster Linie dazu, Instrument-Eigenschaften und die Flexibilität der Bodensysteme auszuprobieren und nicht zur gezielten Aufnahme von interessanten Gebieten. Die neuen Einstellungen am Instrument konnten mit diesen Bild-Daten dann als optimal für den Beginn der gemeinsamen Flug-Phase bestätigt werden.

Auch wenn diese Aufnahmen rein zufällig verteilt sind, sieht man doch immer wieder beeindruckende Bilder von den verschiedensten Landschaften des Planeten. Einige der Aufnahmen lassen den Betrachter erstmal stutzen, da man z.B. bei den normalen und präzise geplanten Aufnahmen der TerraSAR-X-Mission nur selten zu exotischen Kombinationen wie z.B. Dual-Polarisations-Spotlight-Daten von einer Sandwüste kommt. Besonders eine solche Aufnahme von einem unscheinbaren Wüstengebiet mitten in der Arabischen Halbinsel, etwa 180 Kilometer südlich von Riad zeigt wieder einmal, wie unterschiedlich optische Satelliten und unser Radar-Instrument die Welt sehen. Die Aufnahmen sind nicht nur attraktiv, sie zeigen auf einen Blick viel von der Oberflächenbeschaffenheit des Gebiets.

Saudi-Arabien
     

TanDEM-X-Dual-Polarisations-Aufnahme der Saudischen Wüste, Montage mit einem Google-Earth-Bild. Bild: DLR/USGS/Digitalglobe.

Während für optische Sensoren die Gegend zunächst einmal gleichförmig sandfarben erscheint, hebt die Radar-Aufnahme die unterliegende Struktur hervor. Dies geschieht nicht durch eine Art Röntgenblick – auch wenn die Radar-Strahlen einige Zentimeter in den trockenen Sandboden eindringen können - sondern durch die Eigenschaften des Sandes. Glatter Sandboden reflektiert das Radar-Signal wie ein Spiegel weg vom Sender und kaum zurück zum Instrument. Dort wo sich der Sand und kleine Kiesel in den Trockenflussbecken (Wadis) zwischen dem felsigen Grund sammeln konnten, erscheint das Radar-Bild also schwarz, während die steinigen Strukturen gut reflektieren und hell-gelb erscheinen. Die unterschiedlichen Polarisationseigenschaften von Sandboden und Vegetation heben markant die beiden kreisrunden Bewässerungsfelder hervor, die über den "Sandflüssen" zu schweben scheinen. 

Mit ähnlichen Aufnahmen werden bereits jetzt archäologische Projekte durch TerraSAR-X unterstützt. Auch dort wird nach im Sand "verborgenen" Bodenstrukturen gesucht. Die präzise Höhenvermessung in der TanDEM-X-Mission wird solchen Untersuchungen noch eine weitere Dimension zufügen. 

Viel Zeit haben wir leider nicht, um solche Bilder zu bestaunen, da alle Systeme startklar für die nächste Kalibrier-Phase und die ersten gemeinsamen Aufnahmen der beiden Satelliten im Formationsflug gemacht werden müssen. Dann wird erstmals unsere "interferometrische" Verarbeitungskette zum Einsatz kommen und die beiden Satellitendaten miteinander zu ersten Test-Höhendaten verrechnen.

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