Sonstiges | 30. Juni 2015 | von Jan Wörner

Das Ende naht, Burnout? Nein, ein "Wörnout"!

Acht Jahre hatte ich die Freude und besondere Ehre als Vorstandsvorsitzender des DLR aktiv sein zu dürfen. Der Weg bis dahin war speziell, die Erfahrungen im Amt dann noch spezieller. Mein nun letzter Blog aus dem Amt heraus soll zurückblicken, Aspekte einer Bilanz enthalten und zugleich den Blick nach vorn richten.

Im Jahr 2001 wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, Vorstandsvorsitzender des DLR zu werden. Obgleich ich schon damals vom DLR sehr beeindruckt war und durch meine Tätigkeit als Senatsmitglied einen tiefen und positiven Einblick hatte, entschied ich mich gegen das Angebot. Denn ich war der festen Überzeugung, dass meine Aufgabe an der TU Darmstadt noch nicht den Reifegrad erreicht hatte, der mein Ziel war.##markend##

Diese Absage hat dann nicht nur zu Verwunderung, sondern zu Verärgerung geführt. "Nochmal werden Sie nicht gefragt", hieß es darauf hin. Aus Überzeugung und im Sinn meiner Verantwortung blieb ich bei der Entscheidung und konnte tatsächlich 2004 die TU Darmstadt mit dem TU Darmstadt-Gesetz in die gewünschte Selbstständigkeit führen. Als dann klar wurde, dass der Posten des Vorstandsvorsitzenden des DLR ab März 2007 wieder frei werden würde, fragte ich bei den entsprechenden Stellen nach, wie man meine Chancen einschätzen würde. In Erinnerung an meine negative Entscheidung im Jahr 2001 waren die Reaktionen, vorsichtig ausgedrückt, "sehr zurückhaltend".
Meine persönliche Motivation war nun aber umso größer und ich setzte alles daran zu belegen, dass meine Qualifikationen für die sehr anspruchsvolle Funktion passend sind, frei nach dem Motto: "Man wird niemanden finden, der in allen Bereichen des DLR Experte ist, da kann man auch gleich jemanden ohne tiefe Fachkenntnis nehmen." Natürlich versuchte ich für alle DLR-Themen persönliche und sehr spezielle Vorkenntnisse nachzuweisen, so in der Raumfahrt die spannende, aber kaum bekannte Geschichte der ersten dreizehn amerikanischen Astronautinnen

Nach einigem Trubel und Wirbel, den meine neuerliche Bewerbung ausgelöst hatte, übermittelte ich während einer Dienstreise nach Prag meine Bereitschaft und wurde im Herbst 2006 vom Senat des DLR zum Vorstandsvorsitzenden gewählt. Einige Details des Trubels waren spannend und durchaus lehrreich für meine Zukunft im DLR, tatsächlich aber zählt nur das Ergebnis.

Im Rahmen meiner Bewerbung hatte ich viele Gespräche im BMWI, mit dem Wirtschaftsminister, Staatssekretären und DLR-Personal. Meine Botschaft war immer dieselbe: mehr Selbstständigkeit für das DLR, Einheit als wichtige Grundlage. Die Reaktionen darauf waren unspektakulär. "Interessant".

Beim DLR angekommen habe ich viele wunderbare Erfahrungen auf persönlicher und inhaltlicher Ebene machen dürfen, neue Kontakte weltweit knüpfen und das ständig wachsende positive Image des DLR genießen können.

Natürlich gab es hin und wieder auch den einen oder anderen belastenden Punkt, wenn spezielle Ereignisse, persönliche Eitelkeiten oder Diffamierungen das insgesamt positive Bild trübten. Im Vergleich zu den großen Problemen unserer Erde und der Berücksichtigung der Situation im DLR ist meine positive Grundeinstellung klar überwiegend. Viele spannende Themen konnten angegangen und umgesetzt werden, wie z.B. Diversity, Strategie, Graduate Program, Wissensmanagement, Kommunikation, DLR@UNI, Qualitätsmanagement, Maritime Sicherheitsforschung, Intensivierung der internationalen Aktivitäten u.v.m. Die äußeren Randbedingungen erlaubten zudem einen deutlichen Ausbau des DLR von 5400 auf 8000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und viele richtungsweisende Investitionen. Die Programme Energie und Verkehr wurden einem neu etablierten Vorstandsbereich zugeordnet und die Aktivitäten im Bereich der Sicherheit wurden durch die Einstellung eines Programmkoordinators stabilisiert und fokussiert.

Einige inhaltliche und organisatorische Überlegungen konnten aber (bisher) leider nicht umgesetzt werden und scheiterten an der "Stabilität" vorhandener Strukturen, wie z.B. ein zentrales Impulsbudget oder das reale Lärmkompetenzzentrum.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Insgesamt bin ich aber über alle Maßen dankbar für die Erlebnisse der letzten acht Jahre, die im diesjährigen Porzer Picknick gipfelten: Ein mein Herz bewegender Abschied, gestaltet und gelebt von Vielen. Ich ziehe daraus viel Freude, die mir den Abschied zwar nicht leichter macht, aber doch auch Kraft für die Herausforderungen der Zukunft gibt. Diese Erfahrungen und die Tatsache, dass der DLR-Senatsvorsitzende dann noch Worte der Anerkennung für das DLR und der Bedeutung von EIN_DLR fand, brennt meine Zeit als Vorstandsvorsitzender des DLR unlöschbar positiv in mein Gedächtnis.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle allen DLR Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihren Einsatz für das DLR erbracht haben, sei es in der Forschung oder in der Organisation und Verwaltung. Aus der anonymen Masse von 8000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind Mitmenschen und Freunde geworden, die auch in schwierigen Situationen bereit waren, sich über ihre Verpflichtungen hinaus zu engagieren und mich loyal zu unterstützen. Ich könnte an dieser Stelle viele persönlich nennen und würde zugleich noch mehr vergessen…

Dem Vorstand danke ich für seine Bereitschaft, immer wieder auch kritische Themen ergebnisoffen miteinander zu diskutieren, um einen gemeinsamen Weg zu finden. Meinem Stellvertreter Klaus Hamacher ist es zu verdanken, dass die drohenden finanziellen Abzüge durch den Wegfall der Unternehmereigenschaft jetzt auf ein Maß reduziert werden konnten, die für das DLR ohne Gefahr der Insolvenz tragbar sind.

Mit meinem Abschied ändert sich im DLR (hoffentlich) nichts Grundlegendes: Der Senatsvorsitzende hat die aktuelle Struktur ausdrücklich als zukunftsfähig benannt. Auf der anderen Seite bietet der Wechsel an der Spitze aber auch die Möglichkeit, neue Ziele zur formulieren und neue Herausforderungen anzugehen. Glücklicherweise steht jetzt fest, wer meine Nachfolge antritt und ich wünsche Frau Prof. Pascale Ehrenfreund alles Gute, viel Freude am und im DLR, aber auch das Glück, das man bei aller Fähigkeit doch benötigt, um Erfolg und Zufriedenheit zu haben.

Zwar sollte man als Scheidender eigentlich keine schlauen Vorschläge für die Zukunft machen, an einer Aussage aber komme ich nicht vorbei:
EIN_DLR ist keine Worthülse mehr, sondern die Gewähr und Aufforderung für ein starkes DLR in allen Bereichen. Überlegungen des Abtrennens einzelner Bereiche mit Pseudoargumenten jedweder Art wurde bereits eine Absage erteilt.  Denn die Stärke des DLR ist eine Stärke für Deutschland. Und dass die Nachwuchsführungskräfte des diesjährigen Talentmanagementprogramms den Vorschlag gemacht haben, statt von EIN_DLR von UNSER_DLR zu sprechen, macht mich einfach nur glücklich.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank für Vieles und "Glück auf" DLR für eine gute Zukunft!

Nach Herrmann Hesse: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben. Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten." In diesem Sinn hoffe ich jetzt einfach mal und freue mich auf weitere Treffen mit Ihnen.

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Über den Autor

Im Jan-Wörner-Blog bloggte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich "Jan" Wörner, selbst. Seit dem 1. Juli 2015 ist er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. zur Autorenseite