Energie | 30. August 2010 | von Jan Oliver Löfken

Energie-Frage der Woche: Lässt sich das Treibhausgas Kohlendioxid sicher im Untergrund speichern?

Braunkohlekraftwerke setzen pro erzeugter Kilowattstunde Strom mehr vom Treibhausgas Kohlendioxid frei als andere fossil befeuerte Anlagen. Gerade dieser Energieträger findet sich in Deutschland in großen Mengen. Auf gut 40 Milliarden Tonnen werden die wirtschaftlich im Tagebau förderbaren Kohlemengen beispielsweise in der Lausitz oder in der Niederrheinischen Bucht geschätzt. Das sind etwa 14 Prozent der weltweit erschlossenen Reserven. Ist daher eine Abtrennung und Speicherung des Kohlendioxids im Untergrund nicht sinnvoll?

Die Idee, Kohlendioxid aus den Rauchgasen von Kohlekraftwerken zu filtern und in den Untergrund zu pressen, ist in der Tat verlockend. Ein erstes Pilotkraftwerk – Schwarze Pumpe in der Lausitz – verbrennt seit 2008 Kohle unter Zufuhr reinen Sauerstoffs. Die Abtrennung des Kohlendioxids mit diesem so genannten "Oxyfuel-Verfahren" funktioniert. Ein weiteres Kraftwerk im benachbarten Jänschwalde wird folgen. Auch andere Filter-Methoden zeigen weltweit viel versprechende Ergebnisse, so dass die Abtrennung des Treibhausgases in Zukunft kein großes Problem darstellen sollte. Allerdings benötigen diese Verfahren zusätzliche Energie, wodurch sich die Gesamteffizienz der Kohlekraftwerke reduziert.

Testspeicher in Brandenburg

Abtrennen ist aber nur der erste Schritt. Für das "Carbon Capture and Storage" – kurz CCS – muss Kohlendioxid auch dauerhaft in den Untergrund in etwa 1000 Meter tiefe, poröse Gesteinsschichten gepresst werden. Im brandenburgischen Ketzin befindet sich ein solcher Testspeicher. Gefördert von der EU und der Bundesregierung wurden hier schon knapp 40.000 Tonnen CO2 in die Tiefe gepresst. Das Projekt mit dem Namen "CO2SINK" soll zeigen, ob das Treibhausgas dort auch dauerhaft für Jahrzehnte und Jahrhunderte verbleibt.

Prinzip eines CCS-Kraftwerkes; Rechte: Vattenfall, Bild oben: CO2-Tank für die Pilotanlage

Prinzip eines CCS-Kraftwerkes; Rechte: Vattenfall, Bild oben: CO2-Tank für die Pilotanlage "Schwarze Pumpe"; Rechte Vattenfall.

Geklärt ist die Frage nach der Sicherheit von CO2-Langzeitspeichern nicht. Können die Speicher mit der Zeit ausgasen? Wären in einem solchen Fall Mensch und Tier in direkter Umgebung gefährdet? Letzteres Risiko ist zwar verschwindend gering, doch schon eine geringe Leckrate von beispielsweise einem Prozent könnte alle Klimaschutzpläne zunichte machen. Das würde bedeuten, dass nach und nach doch ein Großteil des Kohlendioxids wieder in die Atmosphäre gelangen würde. Um das zu vermeiden, schlagen Experten vor, das entweichende CO2 aufzufangen und wieder in den Untergrund zu pressen. Das Nachpumpen müsste jedoch über lange Zeiträume erfolgen. Das wäre nicht nur teuer, sondern erforderte ein Langzeitmanagement für die Speicher, das CCS-Kritiker bereits mit dem Aufwand für ein Atommüll-Endlager vergleichen.

Potenzielle CO2-Speicher in Deutschland haben nur begrenzte Kapazitäten

In Deutschland zumindest gilt der Untergrund der Norddeutschen Tiefebene prinzipiell als geeignet für CO2-Speicher. Allein wie viel CO2 sie tatsächlich aufnehmen können, ist bislang nicht geklärt. Optimistische Schätzungen von CCS-Befürwortern gehen von maximal acht bis zehn Milliarden Tonnen aus. Diese nicht sicher belegten Mengen würden bei einer jährlichen Kraftwerksemission von etwa 300 Millionen Tonnen längstens drei Jahrzehnte ausreichen. Allerdings formiert sich bereits Widerstand von Bürgerseite in potenziellen Speicherregionen, denn unbekannte Risiken verursachen berechtigte Ängste.

Die aktuellen Entwicklungen der CCS-Technik im Blick, könnten die Verfahren zur Abtrennung und Speicherung in 20 bis 25 Jahren reif für den großtechnischen Einsatz sein. Allerdings ist es dann fraglich, ob man in Deutschland diese teure Technik mit dem notwendigen Langzeitmanagement über Jahrhunderte überhaupt noch wirtschaftlich anwenden will. Aber für energiehungrige Staaten mit reichen Kohlevorkommen wie beispielsweise China könnte CCS zumindest eine Option sein, weniger klimaschädlichen Kohlestrom zu erzeugen.

Weitere Infos:

EU Environment: Carbon Capture and Geological Storage (CCS) in the EU

Die DLR-Energiefrage der Woche im Wissenschaftsjahr "Die Zukunft der Energie"

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Wissenschaftsjahr 2010 unter das Motto "Die Zukunft der Energie" gestellt. Aus diesem Anlass beantwortet der Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken in diesem Jahr jede Woche eine Frage zum Thema Energie in diesem Blog. Haben Sie Fragen, wie unsere Energieversorgung in Zukunft aussehen könnte? Oder wollen Sie wissen, wie beispielsweise ein Wellenkraftwerk funktioniert und wie effizient damit Strom erzeugt werden kann? Dann schicken Sie uns Ihre Fragen. Wissenschaftsjournalist Jan Oliver Löfken recherchiert die Antworten und veröffentlicht sie jede Woche in diesem Blog.

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Über den Autor

Der Energiejournalist Jan Oliver Löfken schreibt unter anderem für Technologie Review, Wissenschaft aktuell, Tagesspiegel, Berliner Zeitung und das P.M. Magazin. Derzeit diskutiert er im DLR-Energieblog aktuelle Themen rund um die Energiewende. zur Autorenseite