Raumfahrt | 02. Februar 2018 | von Clemens Plank

SOFIA öffnet ihr Herz

Blick aus der Cavity; im Vordergrund ist das Spiegelsystem
Quelle: DLR / Clemens Plank
Ein seltener Anblick: Der Blick aus SOFIAs Teleskop-Raum durch die Teleskoptüre nach außen in den Hangar der Lufthansa Technik

Ihr Herz öffnen - das macht SOFIA üblicherweise erst ab "Wolke7". Denn ihr sensibles Herz darf nur unter besonders reiner Luft geöffnet werden. Auf über zwölf Kilometern Flughöhe ist die Luft sehr rein und es besteht keine Gefahr, dass der Spiegel verschmutzt wird. Jede Reinigung oder ein erforderlicher Aus- und Einbau des Spiegels ist mit hohem Risiko verbunden.

Der 2,70 Meter große und 800 Kilogramm schwere Spiegel aus zerbrechlichem Glas ist die wichtigste Komponente der fliegenden Sternwarte von DLR und NASA. Einen Ersatzspiegel gibt es für diese Maßanfertigung nicht. Aus diesem Grund wird der Spiegel im wahrsten Sinne des Wortes nur mit Samthandschuhen und wie die "Prinzessin auf der Erbse" behandelt. Sollte er kaputt gehen, würde es das Ende von SOFIA bedeuten.

Und doch öffnen wir am Boden die Teleskoptüre?##markend##

Ein paar Tage ist SOFIA noch für ihre Wartungsarbeiten in Hamburg. Letzte Woche war eine Inspektion der Flugzeugstruktur im Bereich der Teleskoptüre erforderlich. Dafür musste ein schweres Baugerüst rund um den sensiblen Spiegel aufgebaut werden. Viele Personen haben dabei gleichzeitig sehr eng rund um den Spiegel gearbeitet. Potenziell gefährlich für unser "gläsernes Auge".

Quelle: DLR / Clemens Plank
Der Hauptspiegel wird vom roten Schutzcover verdeckt. In der Mitte davon ist der Dritt-Spiegel angebracht, der ebenfalls von einer Schutzabdeckung eingerahmt ist. Darunter ich selbst zum Größenvergleich.

Natürlich haben wir uns vorab Schutzmaßnahmen überlegt, um das Risiko einer Beschädigung zu minimieren: So verwenden wir für regelmäßige Arbeiten rund um das Teleskop immer Schutzabdeckungen für das gesamte Spiegelsystem. Diese sogenannten "Covers" bedecken dabei alle empfindlichen Spiegeloberflächen. Wie das Spiegelsystem unserer einzigartigen Teleskopkonstruktion genau funktioniert ist in diesem Video von SOFIA Telescope anschaulich erklärt.
Für die aufwändigeren Wartungsarbeiten in Hamburg haben wir zusätzlich eine große Abdeckplane rund um das gesamte Teleskop anfertigen lassen. Eine Stoffplane, die das gesamte Spiegelsystem inklusive Haltestruktur umschließt und schützt. Unter die Abdeckplane blasen wir mit einem Spezialfilter gereinigte Luft. Dadurch entsteht ein Überdruck unter der Plane, der verhindert, dass Staub oder chemische Dämpfe in die Nähe der Spiegel gelangen.

Quelle: DLR / Clemens Plank
Die weiße Abdeckplane verdeckt das Teleskop hier bereits zur Hälfte. Darunter ist noch leicht das rote Cover über dem zerbrechlichen Hauptspiegel zu sehen.

Zusammen mit weiteren Schutzvorkehrungen kann man das Risiko weiter reduzieren. Zum Beispiel hat nur speziell geschultes Personal Zugang zum Teleskop. Trotzdem war die Situation in diesen Tagen sehr angespannt. Es herrschte also große Erleichterung, als die Arbeiten erfolgreich abgeschlossen und das Baugerüst wieder abgebaut war.

Nachdem das Gerüst abgebaut und die Schutzplane entfernt war, stand der nächste Höhepunkt an: Es war ein Bereich des Flugzeugrumpfes zu inspizieren, der bei geschlossener Teleskoptüre von eben dieser verdeckt ist. Für diese seltene Inspektion mussten wir also die gesamte Teleskoptüre verschieben - oder anders gesagt: Öffnen.

Quelle: DLR / Clemens Plank
Und umgekehrt: Blick von außen auf die linke Seite der Teleskoptüre in Richtung "Flugzeugnase"
Quelle: DLR / Clemens Plank
Ein oft vernachlässigter - aber ebenso interessanter - Blick auf die Gegenseite rechts. Hierher bewegt sich die Türe, wenn sie geöffnet wird.

Alle Inspektionen und Reparaturen konnten schlussendlich abgeschlossen werden. Die gesamte Mannschaft ist glücklich, diese "Operation am offenen Herzen" gemeistert zu haben und dieses seltene Erlebnis erfolgreich mitgestaltet zu haben. Aktuell befinden wir uns bereits in der letzten Phase der Wartungsarbeiten.

Nächste Woche werden unsere NASA-Piloten die letzten Vorbereitungen am Flugzeug durchführen, bevor es für einen Testflug über die Nordsee geht. Aufmerksame Beobachter können N747NA bei passendem Wetter auch über Amsterdam, Rotterdam, Luxemburg, Frankfurt und vor allem Hannover sehen. Wenn alles gut verläuft, geht’s am Tag danach endlich wieder zurück ins sonnige Kalifornien.

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Über den Autor

Clemens Plank studierte Maschineningenieurwesen mit Schwerpunkt Raumfahrttechnik und Nukleartechnik an der TU München. Seine Abschlussarbeit absolvierte er am MIT (Massachusetts Institute of Technology) in den USA wo er sich mit der Computersimulation von Wasserstoffverpuffungen beschäftigte. Seit 2016 arbeitet Plank in Bonn am DLR Raumfahrtmanagement in der Abteilung für Extraterrestrik und ist deutscher Projektingenieur für die fliegende Sternwarte SOFIA. zur Autorenseite

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