Raumfahrt | 11. Dezember 2014 | von Tom Uhlig

Sprechstunde bei Doktor Samantha ...

Quelle: NASA
Samantha bei ihrem medizinischen Notfalltraining in Houston

Astronauten sind Alleskönner: Raumfahrer, Idole, Installateure, Unterhalter, Piloten, Elektriker, Lehrer, Forscher, Hausmeister, Feuerwehrler, Fernsehstars, Sänger... Aber auch sowas wie Hausärzte und Notfallmediziner. Denn Krankheiten und Unfälle können auch trotz sorgfältigem medizinischen Screening und umfangreichen Unfallverhütungsmassnahmen vorkommen. Und auch darum muss sich jemand kümmern - Heimfliegen sollte nur die allerletzte Option bleiben.

Zwar waren manche der Astronauten in ihrem „früheren Leben“ Mediziner, aber das Gros der ISS-Crew rekrutiert sich aus Piloten, Ingenieuren oder Wissenschaftlern. Um trotzdem eine medizinische Grundversorgung auf der ISS zu gewährleisten, werden daher zwei der drei Sojusinsassen eines jeden Flugs als „Crew Medical Officer“ (CMO) ausgebildet. Die Ausbildung beinhaltet das Erreichen der Grundfertigkeiten für alle auf ISS definierten medizinischen Prozeduren und die Koordination von Eingriffen mit dem Flugarzt in Houston. Freilich erlaubt der straffe Trainingsplan der Astronauten keine detaillierte medizinische Schulung. Nur knapp 60 Stunden sind hierfür vorgesehen. Aber die Bandbreite geht natürlich über die Ausbildung eines Sanitäters hinaus: Auf der ISS muss die Besatzung auch Wunden nähen, Zähne ziehen oder Finger einrenken können.##markend##

Wie für normale Aktivitäten auf der ISS werden in der medizinischen Versorgung Prozeduren verwendet, also niedergeschriebene Algorithmen, die den CMO durch die entsprechenden medizinischen Massnahmen führen - idealerweise unter der Anleitung eines Flugarzt vom Boden aus. Beispiele solcher medizinischer Prozeduren sind interessanterweise auch im Internet  zu finden - von häuslicher Nachahmung durch den ambitionierten Hobbychirurgen wird hier aber abgeraten!

Freilich sind auf der ISS auch umfangreiche medizinische Gerätschaften verfügbar. Das geht vom einfachen medizinischen Verbrauchsmaterial über einen Defibrillator bis hin zu sehr speziellen Geräten wie dem eingebauten Ultraschallgerät, das wir im Columbus-Modul stehen haben und nicht nur für medizische Zwecke, sondern vorallem zur Forschung benutzen.

Auch Samantha Cristoforetti ist als CMO ausgebildet - und hat heute "Sprechstunde". Denn freilich werden auch (oder gerade) Astronauten regelmässig auf ihre Gesundheit hin überprüft. Da ist der CMO gefragt. Heute sind zwei ihrer Kollegen an der Reihe, denen sie Blutdruck und Puls messen und bei ihrer Fitnessevaluierung assistieren muss.

Morgen muss sie dann selber strampeln, um auch ihre Fitness unter Beweis zu stellen. Bereits am Dienstag war ihre wöchentliche "Private Medical Conference" (PMC), bei der sie auf einem verschlüsselten Funk- und Videokanal mit ihrem Flugarzt gesprochen hat. Alle zwei Wochen steht auch eine Schaltung mit ihrem Psychologen auf dem Programm.

In diesem Sinn: Gesunden Flug, alle miteinander!

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Über den Autor

Als Kind wollte Tom Uhlig Astronaut werden. Beim DLR kam er dabei seinem Traum sehr nahe: Er arbeitete als Columbus-Flugdirektor an der Konsole und leitete sowohl das Col-CC-Trainingsteam als auch Gruppe für den Betrieb von geostationären Satelliten bis Dezember 2016. zur Autorenseite