Raumfahrt | 28. Juni 2017 | von Manuela Braun

ROBEX Teil 3: Hammerschläge für die Wissenschaft

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)

Für die Planetenforscher des Projekts ROBEX ist der Ätna ganz nah am Mond: Hier gibt es vulkanisch-basaltisches Material in Mengen, dessen Entstehung dem Mondmaterial ähnlich ist. Hinzu kommt, dass der sizilianische Vulkan der einzige Ort in Europa ist, wo es Erdbeben in bis zu 600 Kilometern Tiefe gibt. Auch hier folgt der Ätna dem Beispiel des Mondes, auf dem die meisten Beben in einer Tiefe von 700 bis 1100 Kilometern stattfinden. "Innerhalb Europas haben wir nur auf dem Ätna die Chance, Beben aus einer ähnlichen Tiefe messen zu können", sagt Planetenforscher Martin Knapmeyer.

Zwei Experimente sollen auf dem Ätna durchgeführt werden: Bei der aktiven Messung schlagen die Wissenschaftler mit einem Hammer auf den Boden und messen mit Seismometern die Übertragung der Schallwellen im Boden. In der Piano del Lago liegt die Vulkanasche von 2001 über einer festeren Schicht -Wellen, die auf unterschiedlichen Wegen durch das Gestein gelaufen sind, kommen zu verschiedenen Zeiten am Seismometer an und geben so Aufschluss über die Strukturen unter der Oberfläche. Bei der passiven Messung liegen vier Messstationen aus, die auf die Vorgänge im Vulkan-Inneren horchen.##markend##

Die Sensorboxen, die dafür eingesetzt werden, sind klein, aber effektiv: Mit einer stabilen und zugleich leichten Struktur im Fachwerk-Stil, wie sie auch der Lander MASCOT vom DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik mit auf den Weg zum Asteroiden Ryugu bekommen hat, und eingebauten Sensoren, die so empfindlich sind, dass sie selbst Beben in mehreren Tausend Kilometern Entfernung wahrnehmen. Selbst den Wind, der immer wieder - auch bei strahlendem Sonnenschein - in kräftigen Sturmböen über den Ätna fegt, messen die Sensoren.

Schlag für Schlag

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Hammer Time: Mit kräftigen Schlägen auf Aluminiumplatten werden seismische Schwingungen erzeugt.

Ausgesetzt werden sollen die Boxen autonom vom Rover LRU2, der sie vom Lander greifen und zur gewünschten Position bringen soll. Heute allerdings wird das für die ersten Messungen noch menschlich durchgeführt werden, während der Rover auf seine Mission vorbereitet wird. Sabrina Schwinger greift zum Fünf-Kilo-Hammer. Das Team aus Martin Knapmeyer, Frank Sohl, Alexandra Heffels und Sabrina Schwinger hat in Berlin geübt, möglichst starke und regelmäßige Hammerschläge in den Boden zu bringen. Bis zum Lander verläuft eine 50 Meter lange Strecke aus Messpunkten. Die mobile Messstation mit ihren Sensoren liegt zunächst auf dem Punkt Null. Sabrina lässt den Hammer einen kurzen Moment über ihrem Kopf schweben. Dann saust der gelbe Hammerkopf mit einem dumpfen Hall auf die Aluminiumplatte vor ihr. Durch die Lava-Asche läuft nun der Schall und wird von den Sensoren aufgezeichnet. 20 Schläge dröhnen über die Ebene, während aus dem Vulkankegel des Ätna eine schwarze Aschewolke aufsteigt, als würde der Vulkan antworten.

Über Funk kommt die Bestätigung an Caroline Lange: Das Team vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme, das auch die Sensorboxen gebaut hat, hat über den Lander die Daten der mobilen Messstationen im 23 Kilometer entfernten Kontrollraum in Catania erhalten. Der Daumen geht hoch, die Planetenforscher können die Sensorbox zum nächsten Messpunkt bringen und dort für die Messung ausrichten. Dann geht es weiter: Frank Sohl übernimmt - die nächsten 20 Mal saust der Hammer durch die Luft und trifft mit dumpfen Knall auf die Platte.

Technik für den Mond

Bei der Auswertung später wird es darauf angekommen, wann die Sensoren welche Schwingungen aufgezeichnet haben. Durch feste Basaltsteine saust der Schall mit sechs bis acht Kilometern in der Sekunde, durch die Vulkanasche "schleicht" er mit nur wenigen hundert Metern in der Sekunde. "Auf der Erde ersetzen uns unsere Hammerschläge die Meteoriteneinschläge, die wir auf dem Mond aufzeichnen und auswerten würden", sagt Martin Knapmeyer. Seismische Messungen auf dem Mond fanden bisher nur ein einziges Mal statt: Damals, 1972, führten die Astronauten Eugene Cernan und Harrison Schmitt auf der Apollo-17-Mission die Messungen durch. Bei ROBEX soll demonstriert werden, dass mit der richtigen Technologie weitere Erkenntnisse zur Mondkruste und dem Inneren gewonnen werden könnten.

Quelle: DLR (CC-BY 3.0)
Ein Profi für seismische Aktivitäten: Der Ätna ist einer der aktivsten Vulkane.

Wieder schallt der Hammerschlag durch das Tal. Am Ende des Nachmittags werden es 120 Ersatz-Meteoriteneinschläge sein, die die Planetenforscher durch den Ätna geschickt haben. Als nächstes soll der Rover zum Einsatz kommen und die Sensorboxen von Messpunkt zu Messpunkt transportieren. 

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Über den Autor

Manuela Braun macht seit 2010 Öffentlichkeitsarbeit für das DLR – und hat sich auf die Raumfahrtthemen spezialisiert. Als ausgebildete Journalistin in Print und Online ist sie am liebsten dort vor Ort, wo Raumfahrt zum Greifen nah ist. zur Autorenseite

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