Sicherheit | 25. Mai 2010 | von Jan Wörner

Alle wollen Sicherheit

Auf einer Tagung der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) Ende März 2010 war ich zu einem Vortrag "Raumfahrtanwendungen und gesamtstaatliche Sicherheit“ mit anschließender Podiumsdiskussion eingeladen. Außer mir traten Evert Dudok, Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) und Geschäftsführer EADS Astrium) und Dr. Volker Liebig (Direktor Erdbeobachtung, European Space Agency) auf. Vorträge und Diskussion belegten: Alle wollen Sicherheit, eine genaue inhaltliche Festlegung und Positionierung der verschiedenen Akteure ist dringend notwendig und muss in eine Raumfahrtstrategie eingebunden werden.

Spätestens seit das DLR mit dem Bundesministerium der Verteidigung eine Vereinbarung über die zukünftige programmatische Positionierung des Themas Sicherheitsforschung getroffen hat, bedürfen die entsprechenden Inhalte in den verschiedenen Forschungsbereichen einer zentralen Koordinierung. Die personellen Voraussetzungen wurden mit der Berufung von Dr. Dennis Göge zum Programmkoordinator Sicherheitsforschung im DLR geschaffen.

Die Veranstaltung der Bundesakademie für Sicherheitspolitik zeigte zum einen die Vielfalt der sicherheitspolitischen Fragestellungen und zum anderen die besonderen Chancen und Herausforderungen der Raumfahrt in Verbindung mit Sicherheit auf. Die Gesellschaft erwartet - pauschal - ein Höchstmaß an Sicherheit jeden Tag. Gleichzeitig werden konkrete Sicherheitsmaßnahmen häufig genug in das gesellschaftliche Abseits gestellt: Im Rahmen von Fragen der zivilen Sicherheit wird beispielsweise der Überwachungsstaat befürchtet, bezüglich wehrtechnischer Sicherheit wird die Erinnerung an Kriege wach. Sicherheitspolitik im Allgemeinen und in der Raumfahrt im Besonderen braucht daher nicht nur Kompetenzen, Technik und Verfahren, sondern vor allem auch Augenmaß und gesellschaftliche Rückkopplung.

 BAKS Panel 'Raumfahrtanwendungen und gesamtstaatliche Sicherheit'

Veranstaltung "Raumfahrtanwendungen und gesamtstaatliche Sicherheit": Moderator und Panelisten (v.l.n.r. Rolf Clement, Evert Dudok, Johann-Dietrich Wörner und Volker Liebig). Video: Bundesakademie für Sicherheitspolitik.

 

 

Die oben genannte Veranstaltung war auf die technischen Möglichkeiten der Raumfahrt ausgerichtet. Erdbeobachtung, Weltraumwetter, Navigation und Kommunikation waren die zentralen Themen der Beiträge. Die moderierte Diskussion ging dann stärker auf übergeordnete Fragen der Einbindung in eine nationale Raumfahrtstrategie und den Abgleich der Strategie mit den verschiedenen „Stakeholdern“ ein: Das BMWi will noch in 2010 einen entsprechenden Entwurf vorlegen, Vertreter von Wissenschaft und Wirtschaft forderten einen strukturierten Prozess der Beteiligung bei der Formulierung ein. Die wichtige und intensive Diskussion über viele offene Fragen der Raumfahrtstrategie ließen wenig Raum für inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Sicherheit. Es zeigte sich, dass insgesamt noch erheblicher Bedarf besteht, um Sicherheit in die gesamtstaatliche, politische Diskussion einzubetten. Die nationale Raumfahrtstrategie ist ein guter Ansatzpunkt, um einige Antworten in dieser Richtung zu geben.

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Bundesakademie für Sicherheitspolitik.

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Über den Autor

Im Jan-Wörner-Blog bloggte der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich "Jan" Wörner, selbst. Seit dem 1. Juli 2015 ist er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. zur Autorenseite