Raumfahrt | 27. August 2010

TerraSAR-X und TanDEM-X "chatten" zum ersten Mal

Brasilia
Brasilia

Das "Geplauder" der Satelliten beschränkt sich zwar auf den Austausch von Synchronisationssignalen - "Hallo da bin ich!", aber das genügt schon für die Koordination der ersten simultanen Aufnahmen von TerraSAR-X und TanDEM-X. Seit dem 22. Juli 2010 fliegt TerraSAR-X in einem Abstand von 20 Kilometern vor TanDEM-X her, also in einer Formation, die für Tests eingestellt wurde, aber auch Raum für besondere Radar-Experimente bietet. Jetzt ist es uns gelungen, das weltweit erste Experiment zum bistatischen Radarmodus mit zwei in einer Formation fliegenden Satelliten durchzuführen.

Was bedeutet "bistatisches" Radar?

Der Begriff "bistatisches Radar" bedeutet lediglich, dass sich die Sende- und Empfangsantenne eines Radarsystems an unterschiedlichen Orten befinden. Wird bei einem "klassischen" Radar zum Senden und Empfangen die gleiche Antenne verwendet, spricht man von einem "monostatischen" Radar.

Die bistatische Formation

TerraSAR-X und TanDEM-XIn unserem Experiment wurde TerraSAR-X zum aktiven Teil der bistatischen Anordnung deklariert und sein Radar konventionell, monostatisch betrieben. Das heißt, die Antenne wurde zum Senden und Empfangen benutzt (rote Pfeile im Bild). Der hinterher fliegende TanDEM-X ist der passive Teil der Anordnung, da seine Antenne nur zum Empfangen der von TerraSAR-X gesendeten und der Erdoberfläche reflektierten Signale verwendet wird (grüne Pfeile im Bild). Man spricht auch von einem parasitären Betrieb des TanDEM-X, da er nicht sendet, sondern ausschließlich die Echos "mithorcht", die durch den Betrieb des anderen Radars hervorgerufen wurden. Die Kooperation der beiden Satelliten ermöglichen schließlich den bistatischen Radarbetrieb.

Der Abstand von 20 Kilometern zwischen den Satelliten ist allerdings noch zu groß, als dass beide Radare das Aufnahmegebiet zur gleichen Zeit im Normalbetrieb "sehen" könnten. Daher müssen die Blickrichtungen der Radare entsprechend abgeglichen und gezielt auf das Aufnahmegebiet in der Mitte zwischen den Satelliten "geschielt" werden. Das Schielen ermöglichen die Gruppenantennen von TerraSAR-X und TanDEM-X, deren 384 Sende-/Empfangsmodule elektronisch so angesteuert werden können, dass der Radarstahl seine Blickrichtung ändert. Ein mechanisches Drehen der Satelliten wird dabei nicht erforderlich. Damit die bistatischen Aufnahmen gelingen, ließen die Experten vom Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme den voraus fliegenden TerraSAR-X etwa 0,8 Grad nach hinten und TanDEM-X zirka 0,8 Grad nach vorne "schauen".

Eine zusätzliche Anforderung ist der synchrone Betrieb beider Radarsysteme. Das heißt, der nur empfangende TanDEM-X muss "wissen", wann er mit einem Echo zu rechnen hat und zum richtigen Zeitpunkt sein Empfangsfenster öffnen und wieder schließen. Das geschieht durch die Auswertung der GPS-Zeit und den Austausch von Synchronisationssignalen mittels spezieller, zusätzlicher Antennen, die an den Satelliten angebracht sind.

BrasiliaWas erwartet man?

Bei der beschriebenen Formation erhält man zwei SAR-Bilder. Ein Bild von TerraSAR-X, das sich nur unwesentlich von den konventionellen SAR-Bildern, die man von TerraSAR-X gewöhnt ist, unterscheidet. Es wurde ja im klassischen, monostatischen Modus erzeugt und basiert auf den Radarechos, die von der Erdoberfläche zurückgestreut wurden. Das zweite, interessantere Bild basiert auf den Signalen, die TanDEM-X empfängt. Das ist ein Teil derjenigen Echos, die von TerraSAR-X wegreflektiert und mit nur einem Satelliten niemals empfangen werden können! Man erhält also zusätzliche Informationen über das aufgenommene Gebiet, die TerraSAR-X normalerweise entgehen.

Neben den wissenschaftlichen Aspekten erfüllen wir mit diesen Aufnahmen ganz regulär unser Testprogramm. Unter anderem geht es dabei um die Validierung der beschriebenen Synchronisationstechnik, die eine wesentliche Rolle bei der Erzeugung der digitalen Geländemodelle, dem eigentlichen Missionsziel, spielt.

Das Experiment und die ersten Ergebnisse

Das Experiment wurde über Brasília, der Hauptstadt Brasiliens durchgeführt, die im Bild links zu sehen ist und den typischen, kreuzförmigen Grundriss der Stadt erkennen lässt. Das Bild ergibt sich durch die Überlagerung des bistatischen Bildes, in grün eingefärbt (von TanDEM-X aufgenommen) und des simultan erzeugten monostatischen Bildes, in magenta eingefärbt (von TerraSAR-X aufgenommen).

Das folgende Bild zeigt eine Vergrößerung des Innenstadtbereichs mit der gleichen Farbgebung. Die Verteilung der Farben kennzeichnet nun die unterschiedliche Sensitivität der Oberfläche für den monostatischen oder bistatischen Reflexionsvorgang, also für die Rück- beziehungsweise Vorwärtsstreuung der Echos. Trotz des sehr kleinen Unterschiedes im Blickwinkel, unter welchem beide Bilder erzeugt wurden, treten deutliche Unterschiede hervor.

Brasilia

Innenstadt von Brasília mit seinem charakteristischen Grundriss. Bei der Überlagerung des bistatischen Bildes (grün) und des monostatischen Bildes (magenta) dominiert letzteres in diesem Bildausschnitt.

Allerdings müssen für künftige Anwendungen die zugrunde liegenden Streumechanismen noch genauer untersucht werden. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Kombination des mono- und bistatischen Modus beispielsweise zur Klassifizierung von Landoberflächen wesentliche Beiträge leisten kann.

Sobradinho nördlich von Brasilia

Sobradinho nördlich von Brasília. Die Überlagerung des bistatischen (grün) und des monostatischen Bildes (magenta) zeigt einen dominanten bistatischen Anteil bei der Abbildung des Wohngebietes.

Ich möchte diesen Blogbeitrag nicht beenden, ohne mich ausdrücklich bei meinen Kollegen vom Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme zu bedanken. Ohne ihre Expertise und ihren Einsatz bei der Planung, der diffizilen Kommandierung und Justierung der Radarinstrumente und die Anpassung der am Institut entwickelten Prozessor-Software "TAXI" (TAXI = Experimental TanDEM-X Interferometric Processor) wären diese Ergebnisse nicht möglich gewesen.

Bilder: DLR.

TrackbackURL