Raumfahrt | 22. Oktober 2013 | von Manuela Braun

Rosetta und Philae: Nomen est Omen

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Philae-Lander an Bord der Rosettasonde

Wissenschaftler verwenden nicht selten Abkürzungen, um ihre Missionen oder Projekte zu benennen, beispielsweise MASCOT (Mobile Asteroid Surface Scout) oder SHEFEX (Sharp Edge Flight Experiment). Bei der ESA-Mission Rosetta, bei der erstmals eine Raumsonde einem Kometen folgen wird und ein Lander auf eben diesem Kometen aufsetzen soll, ist das Prinzip ein anderes: Ihr Name bezieht sich auf den Stein von Rosetta, mit dessen Hilfe die Hieroglyphen entschlüsselt werden konnten.

1799 fanden Archäologen in der ägyptischen Stadt Rashid (Rosetta) einen dreisprachig beschrifteten Stein. Zusammen mit den Inschriften eines Obelisken aus dem Tempel von Philae gelang es Jean Françoise Champollion 1822, die bis dahin völlig rätselhafte Hieroglyphenschrift zu entziffern. Mit diesen Erkenntnissen wurde für die Archäologie eine Tür geöffnet: Bisher unverständliche Inschriften konnten übersetzt und eine längst vergangene Kultur erschlossen werden.

 Blick auf den Tempel von Philae
Der Tempel von Philae auf der ägyptischen Insel Agilkia
Credit: flickr.com/spinkney (CC-BY 2.0)

Die europäische Rosetta-Mission mit dem Lander Philae hat ähnliches vor: Sie wird einen Kometen erkunden, der auf dem Weg zur Sonne zum Leben erwacht. Erstmals wird eine Raumsonde dabei nicht nur an einem Kometen vorbeifliegen, sondern ihm auf seiner Bahn folgen. Und erstmals wird ein Lander seine Füße auf Kometenboden aufsetzen und vor Ort Experimente ermöglichen.
Kometen werden als Zeugen der Entstehung unseres Sonnensystems betrachtet. Sie haben sich gleichzeitig mit der Sonne und den Planeten vor viereinhalb Milliarden Jahren gebildet und seither kaum verändert. Bei früheren Missionen wurden auf Kometen sogar organische Moleküle entdeckt. Moleküle, die bei der Entstehung des Lebens auf der Erde eine Rolle gespielt haben könnten.

Inschriften am Tempelkomplex
Inschriften am Tempelkomplex Philae südlich der ägyptischen Stadt Assuan
Credit: flickr.com/isawnyu (CC-BY 2.0)

Was die Wissenschaftler bei der Landung auf dem Kometen im November 2014 tatsächlich erwartet - ob Eiszacken oder pulvriger Boden - weiß noch niemand. Elf Experimente auf dem Orbiter und zehn auf dem Landegerät sollen dann untersuchen, wie der Kometenkern beschaffen ist und wie der Komet bei seiner Reise zur Sonne aktiv wird.

 

Die Raumsonde Rosetta mit dem Lander Philae im All
Philae-Lander (Bildmitte) an Bord der europäischen Sonde Rosetta
Credit: ESA

Im Museum: Der Stein von Rosetta
Der Stein von Rosetta steht heute im British Museum in London
Credit: flickr.com/finds (CC-BY 2.0)

Das Ziel der Mission ist der Komet Churyumov-Gerasimenko. Hinter diesem Namen verbergen sich allerdings keine rätselhafte Schrift und auch keine geheimnisvolle alte Kultur. Stattdessen trägt der Komet schlichtweg die Namen seiner beiden Entdecker. 1969 wurde der Himmelskörper von Klim Iwanowitsch Churyumov, einem Wissenschaftler am Institut für Astrophysik in Kasachstan, entdeckt. Auf einer Fotoplatte, die Swetlana Gerasimenko belichtet hatte. Damals hat natürlich noch niemand geahnt, dass der Komet später einmal das Ziel einer Weltraummission werden würde.

Weitere Informationen:
Daten und Zeitplan der Mission
Hintergrund und Fact Sheets zu Philae
News-Archiv Rosetta und Philae
Die Instrumente an Bord von Philae
 

 

 

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Über den Autor

Manuela Braun macht seit 2010 Öffentlichkeitsarbeit für das DLR – und hat sich auf die Raumfahrtthemen spezialisiert. Als ausgebildete Journalistin in Print und Online ist sie am liebsten dort vor Ort, wo Raumfahrt zum Greifen nah ist. zur Autorenseite