Raumfahrt | 26. August 2014 | von Reinhold Ewald

Die deutschen Raumfahrer verlieren einen Freund und Kollegen

Die Crew der D1%2dMission
Quelle: NASA
Die Crew der D1-Mission (hintere Reihe, von links nach rechts): Pilot Steven R. Nagel, Missionsspezialist Guion S. Bluford, Jr., Nutzlast-Spezialisten Ernst Messerschmid und Wubbo J. Ockels; (vordere Reihe, von links nach rechts): Nutzlast-Spezialist Reinhard Furrer, Missionsspezialisten Bonnie J. Dunbar und James F. Buchli und Kommandant Henry W. Hartsfield, Jr.

"Steve Nagel war auch für Deutschland von besonderer Bedeutung, da er sowohl bei der D1-Mission als auch bei der D-2-Mission in verantwortlicher Position zum Erfolg der beiden Spacelab-Missionen sehr wesentlich beigetragen hat. Wir sind ihm zu Dank verpflichtet und werden ihn in ehrendem Angedenken bewahren", Prof. Dr.-Ing Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).##markend##

Steven R. Nagel, im Jahr 1985 Pilot der deutschen D1-Mission und dann 1993 Kommandant der D-2-Mission, ist nach schwerem Kampf gegen eine nicht zu besiegende Krankheit gestorben.

Quelle: NASA
Astronaut Steven R. Nagel.

Steves Freundschaft und Kollegialität überspannt gleich zwei Generationen von deutschen Raumfahrern. Als er 1985 zum zweiten Mal in diesem Jahr ins All startete, war das Space Lab in der Ladebucht mit einer Rekordzahl von Experimenten beladen, es war ebenso die Rekordzahl von acht Besatzungsmitgliedern an Bord, die in drei Schichten die Versuche betreuten, und es lag mit dem DFVLR-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen, dem heutigen GSOC des DLR, zum ersten Mal die Verantwortung für die Versuchsdurchführung nicht bei der NASA. Steve bewältigte diese Besonderheiten ebenso mit Bravour wie schon seine Reisen zum Training vorher.

Ernst Messerschmid, einer der beiden deutschen Nutzlastspezialisten an Bord, würdigt seine Persönlichkeit und die Arbeit mit ihm in einem Brief an Steves Frau, die Astronautin Linda Godwin: "Wir schätzen uns glücklich, Steve als Piloten der D1-Mission und Kommandanten der D-2-Mission bei uns gehabt zu haben. Er war warmherzig, stets hilfsbereit in jeder Situation, ein Vorbild für die (damals noch sehr ungewöhnliche) internationale Zusammenarbeit. Besonders was die deutsch-amerikanische Partnerschaft angeht. Seine verbindliche Art, sein Lächeln verbreitete eine Stimmung, in der sich jeder angenehm und akzeptiert fühlte. Im Lande seiner Vorfahren hat er viele Freunde gewonnen, die ihn nun vermissen."

Mit Steve verliert die D1-Crew nach Reinhard Furrer (1995), Wubbo Ockels und Henry W. Hartsfield (beide 2014) nun schon den vierten aus dieser Mannschaft, deren Mitglieder in vieler Hinsicht Pionierarbeit geleistet haben.

Quelle: NASA
Die Crew der deutschen D-2-Mission: Hans Schlegel, Ulrich Walter, Steven Nagel, Terence Hernicks, Jerry Ross, Charles Precourt und Bernhard Harris.

Meine Erinnerung an Steve ist seine Führung mit leichter Hand während der D-2-Mission im April 1993, seiner zweiten als Kommandant. Ulrich Walter und Hans Schlegel konnten dieses wiederum auf Rekordgröße gewachsene Experimentalprogramm an Bord des Space Lab nur mit dem Verständnis und der unbedingten Sympathie eines seiner Aufgabe gewachsenen Kommandanten verwirklichen. Ich sehe Steve noch mit der Gewinnerzeichnung einer Schülerin aus Wessling nahe Oberpfaffenhofen in der Hand bei seiner Gratulation aus dem engen Shuttle Flightdeck. Dem folgte dann eine ebenso herzliche persönliche Begegnung zurück auf der Erde während der Crewtour, die natürlich auch in Oberpfaffenhofen Station machte. Was für ein Erlebnis für die junge Dame!

Steve wäre so gern im vergangenen Jahr mit seiner Frau nach Köln zum ASE Astronautenkongress gekommen, er musste wegen seiner beginnenden Krankheit in letzter Stunde absagen. Seine zahlreichen Freunde in Deutschland sind traurig, dass sie ihn bei dieser Gelegenheit nicht noch einmal durch Deutschland begleiten konnten.

Die deutsche Raumfahrt und die deutschen Raumfahrer verdanken ihm wahrlich viel, ihm, der zu einer Zeit, in der die ISS noch gar nicht am Horizont war, die Raumfahrt schon international verstand.

Im Gedenken
Reinhold Ewald, Ernst Messerschmid, Hans Schlegel, Ulrich Walter, Hans Ulrich Steimle und Hauke Dodeck

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Über den Autor

Reinhold Ewald gehörte von 1999 bis 2005 dem ESA-Astronautenkorps an. Zuvor war er Mitglied im ehemaligen deutschen Astronautenteam und flog 1997 bei der Mission Mir-97 zur russischen Raumstation Mir. Damit wurde Ewald zum neunten Deutschen im All. zur Autorenseite