8. Mai 2017 | DLR-Technologie für humanitäre Hilfe

Kamerasystem ist Teil einer internationalen Katastrophen-Übung

  • Schwerpunkt: Sicherheit
  • Katastrophenübung in der Schweiz unter Einsatz des DLR-Kamerasystems MACS
  • Gemeinschaftsprojekt von I.S.A.R. Germany, Germandrones und DLR
  • Nahezu Echtzeitbilder ermöglichen effizienteren Einsatz von Hilfskräften

Gemeinsam mit I.S.A.R. Germany(International Search- and- Rescue) und Germandrones haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom 8. bis 10. Mai 2017 in einer internationalen Katastrophenübung den Ernstfall geprobt. Unter Beobachtung der Vereinten Nationen (UN) lieferte das DLR-Kamerasystem MACS(Modular Airborne Camera System) den Einsatzkräften vor Ort Lagebilder nahezu in Echtzeit, um eine schnellere und effizientere Rettungskette zu ermöglichen.

Das Szenario: ein Erdbeben der Stärke 7,5

Das Szenario für die Übung sah folgendermaßen aus: Südwestlich von Genf hat sich ein großes Erdbeben der Stärke 7,5 auf der Richterskala ereignet. Mehrere Dörfer in einem Umkreis von zehn Kilometern wurden dabei stark zerstört. Wie groß der Zerstörungsgrad der Infrastruktur ist und wie viele Opfer es gibt, bleibt, wie im realen Einsatz, zunächst unklar. Auch, wenn es sich hierbei nur um eine Übung handelte, ging es für die Beteiligten um mehr: Sie mussten zeigen, dass sie in der Lage sind, im Ernstfall eine schnelle und lückenlose Rettungskette zu organisieren und umzusetzen. Die Übung fand daher unter den Augen der UN statt, die den Einsatz von I.S.A.R. Germany und dem Technischen Hilfswerk (SEEBA- Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland) beurteilte und zertifizierte. Das vom DLR-Institut für Optische Sensorsysteme entwickelte Kamerasystem MACS unterstützte hierbei die Einsatzkräfte vor Ort. "Wir sind sehr stolz, dass wir Teil dieser Übung sein durften und die im DLR entwickelte Technologie in der humanitären Hilfe eine wichtige und wertvolle Verwendung findet", sagt Dr.-Ing. Dennis Göge, Programmkoordinator Sicherheitsforschung des DLR.

Digitale Karten innerhalb von wenigen Minuten

Bei der Rettung von Menschenleben sind die ersten 72 Stunden entscheidend. Für die am Ort eintreffenden Rettungskräfte ist daher zunächst eine schnelle Aufklärung und genaue Informationen über die aktuelle Lage entscheidend, um weiteres Handeln zu koordinieren. "Dazu braucht es aktuelle Karten, die zeigen, welche Zufahrtstraßen nutzbar sind und wie groß das Ausmaß der Zerstörung wirklich ist", sagt Ralf Berger, Projektleiter im DLR-Institut für Optische Sensorsysteme. Hierbei liefert das Kamerasystem MACS entsprechendes Kartenmaterial, das die aktuellen Luftbildaufnahmen direkt auf ein weltweit verfügbares Oberflächenmodell der Erde projiziert und dies als Überlagerung in einer digitalen Karte einblendet. Darüber hinaus sind Informationen relevant, an exakt welchen Orten nach Überlebenden zu suchen ist, um die Rettungskräfte effizient einsetzen zu können. "Detailinformationen sind wichtig. Die Einsatzkräfte müssen genau wissen, ob Wohngebiete, Schulen oder Einkaufszentren betroffen sind und ob zu der Tageszeit dort mit einer größeren Ansammlung von Menschen zu rechnen war", fügt Berger hinzu.

Die Kamera ist in einem schnell fliegenden unbemannten Luftfahrzeug von Germandrones integriert, welches senkrecht starten und landen kann. Das spezielle Fluggerät ermöglicht Reichweiten von bis zu 30 Kilometer und erreicht Fluggeschwindigkeiten von bis zu 120 Kilometer pro Stunde. Während die eintreffenden Einsatzkräfte ihre Camps errichten, kann das unbemannte Luftfahrzeug bereits starten und erste Lagebilder produzieren, sodass wertvolle Zeit effizient genutzt werden kann - und das bei Tag und zukünftig auch bei Nacht.

Kleine Kiste mit großer Leistung

Mit der Beteiligung an der internationalen Übung in der Schweiz konnten die DLR-Forscher zeigen, wie humanitäre Hilfe durch den Einsatz spezieller Kameratechnologie unterstützt werden kann. "Zusammen mit dem unbemannten Luftfahrzeug von Germandrones ist das Kamerasystem eine ideale Lösung, um sich schnellstmöglich ein aktuelles Bild von der Schadenslage machen zu können", sagt Dr. Daniela Lesmeister, Vorsitzende von I.S.A.R. Germany. Kamera und Fluggerät passen in eine kleine Kiste von 120 mal 50 mal 80 Zentimetern, und sind daher problemlos zu transportieren und direkt vor Ort einsetzbar.

Über I.S.A.R. Germany

I.S.A.R. Germany (International Search-and-Rescue) ist eine gemeinnützige Hilfsorganisation. Sie wurde 2003 in Duisburg gegründet. Nach verheerenden Unglücks- und Katastrophenfällen wird zeitnah ein Team von Rettungsspezialisten zusammengestellt, das in der Regel innerhalb von 12 Stunden in das jeweilige Einsatzgebiet entsandt wird. Nach schweren Erdbeben und Flutkatastrophen sucht das Rettungsteam nach verschütteten Personen und leistet medizinische Soforthilfe. Seit 2007 arbeitet I.S.A.R. Germany unter dem Dach der Vereinten Nationen und wurde als weltweit erstes Team von der UN-Organisation INSARAG als sogenanntes "Medium Team" geprüft und zertifiziert.

Zur Sicherheitsforschung

In der Sicherheitsforschung des DLR werden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mit verteidigungs- und sicherheitsrelevantem Bezug in Abstimmung mit den Partnern in Staat, Wissenschaft, Industrie und internationalen Organisationen geplant und gesteuert. Der Querschnittsbereich Sicherheitsforschung verknüpft dabei die Kernkompetenzen aus den etablierten DLR-Programmen der Luftfahrt, Raumfahrt, Energie und des Verkehrs. Insgesamt mehr als zwanzig DLR-Institute und -Einrichtungen liefern im Rahmen ihrer sicherheitsrelevanten Arbeiten Beiträge zur Entwicklung, Erprobung und Bewertung von Technologien, Systemen und Konzepten sowie zur Analyse- und Bewertungsfähigkeit hinsichtlich sicherheitsrelevanter Anwendungen.

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Tel: +49 30 67055-639

Ralf Berger

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Optische Sensorsysteme
Sicherheitsforschung und Anwendung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin-Adlershof