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Arbeiten bei Gegenwind (Teil 2): Julia Menken – Meteorologin und Atmosphärenforscherin

Meteorologin Julia Menken
Doktorandin Julia Menken untersucht wie sich der Nachlauf der Turbine im Forschungswindpark WiValdi mit verschiedenen atmosphärischen Bedingungen verändert.

Krummendeich. Da, wo der Deich zur Elbe hin nicht gerade, sondern kurvig verläuft. 390 Einwohner. Flaches Land, wo der Wind zum Alltag gehört. Seit dem Sommer 2023 drehen sich dort die Rotorblätter von OPUS 1 und 2 des Forschungswindparks WiValdi. Wenn ein Rotorblatt senkrecht steht, befindet sich seine Spitze in 150 Metern Höhe. Was man von weitem nicht sieht: Die Windkraftanlagen und die Messmasten sind vom Fundament bis zur letzten Rotorspitze mit insgesamt 1500 Sensoren bestückt, die rund um die Uhr Daten erfassen und aufzeichnen. Und wer genau hinsieht, stellt fest, dass die beiden Windenergieanlagen in Hauptwindrichtung hintereinander angeordnet sind - für kommerzielle Anlagen ein absolutes No Go, weil die hintere Anlage in der Windverwirbelung der ersten steht. Beides ist gewollt, denn WiValdi ist als Forschungsanlage nicht auf die größtmögliche Erzeugung von Strom ausgerichtet, sondern auf die größtmögliche Gewinnung von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Lukas Firmhofer, Kevin Gnebner und Julia Menken haben alle schon in 90 Metern Höhe auf dem großen Maschinenhaus gestanden und kräftig Gegenwind gespürt. In drei Beiträgen stellen wir die Menschen vor, die am und mit dem Windpark arbeiten.

Kontinuierliche Gewinnung von Daten

Stürme, Windböen, wenig Wind oder viel Wind, Temperaturen, Feuchte - Julia Menken vom Institut für Physik der Atmosphäre kann an ihrem Schreibtisch am DLR-Standort Oberpfaffenhofen in ihren Daten auf die Minute genau ablesen, welche Bedingungen im Forschungswindpark WiValdi wann herrschen. „Mittlerweile bekomme ich qualitativ sehr gute Daten, die ich analysiere“, sagt die Doktorandin, die im Sommer 2023 für ihre Doktorarbeit zum DLR kam. Alle 30 Sekunden werden neue Daten erfasst. „Ich kann kontinuierlich die Datenprozessierung laufen lassen.“

Arbeiten mit Daten aus 90 Metern Höhe: Forschen im Windpark WiValdi
Doktorandin Julia Menken nutzt unter anderem Daten eines Wind-Lidars, das auf dem Maschinenhaus einer der Windenergieanlagen installiert ist.

Vor allem zwei Datenquellen nutzt die 29-Jährige, die dafür auch schon auf dem Turbinenhaus in 90 Metern Höhe stand: Zum einen nutzt sie die Sensoren auf den meteorologischen Messmasten vor den Windanlagen, zum anderen Daten eines Lidars, einem Instrument, das über gesendete Lichtimpulse und ihre Reflexion Windgeschwindigkeiten in einem größeren Bereich erfassen kann und auf dem Maschinenhaus der Windenergieanlage installiert ist. „Die Messwerte am Mast zeigen mir, was an der Turbine ankommt. Die Messwerte des Lidars geben Informationen darüber, was hinter der Turbine passiert.“ Muss das Instrument gewartet oder kontrolliert werden, geschieht dies natürlich vor Ort auf der Turbine.

Stürme und Böen statt Standard-Atmosphäre

Forschungswindpark WiValdi des DLR
Die Windkraftanlagen und die Messmasten in Krummendeich sind vom Fundament bis zur letzten Rotorspitze mit insgesamt 1500 Sensoren bestückt, die rund um die Uhr Daten erfassen und aufzeichnen.

Das Ziel ihrer Forschung: „Ich untersuche, wie sich der Nachlauf der Turbine mit verschiedenen atmosphärischen Bedingungen verändert.“ Die meisten, oftmals vereinfachten Nachlauf-Modelle einer Windturbine würden die Atmosphäre nur relativ schlecht repräsentieren. „Dabei wird mit einer Standard-Atmosphäre gerechnet – ohne zu berücksichtigen, wie dynamisch die reale Atmosphäre sein kann.“ Die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit werden in Zukunft dabei helfen, die Standorte für neue Windenergieanlagen besser auswählen zu können.

In ihrem Studium der Meteorologie hatte sich Julia Menken bereits mit den Grundlagen der erneuerbaren Energien beschäftigt, in Praktika und Jobs waren es unter anderem Prognosen von Leistungen von Windenergieanlagen oder Solaranlagen, die sie betreute. Die Arbeit mit einem Lidar gehörte vor dem DLR zwar nicht zu ihren Forschungsarbeiten, das Interesse an experimentellen Methoden und erneuerbaren Energien war allerdings schon immer vorhanden. Der Forschungspark WiValdi hat für ihre Forschung einen enorm großen Vorteil: „Meistens führt man in anderen Projekten zeitlich kürzere Messkampagnen durch – und nimmt dann die Daten, die man in dieser Zeit gewinnen kann. Ich habe dagegen kontinuierliche Messungen von einer Vielzahl an Instrumenten über einen sehr langen Zeitraum“, erläutert die Meteorologin. „Inklusive Stürmen und Böen, die während einer kurzen Messkampagne vielleicht gerade nicht vorkommen.“

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