Biophysikalische Weltraumsimulationsanlage

Die Forschung in der Astrobiologischen Weltraumsimulationsanlage des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln erweitert unsere Erkenntnisse über die Grenzen des Lebens auf der Erde. Das ermöglicht Aussagen zur Habitabilität, also der möglichen Existenz einer lebensfreundlichen Umwelt auf anderen Planeten und Monden sowie zur Auswirkung einer sich natürlich verändernden oder künstlich veränderten Umwelt auf der Erde.

In der rund 93 Quadratmeter großen Simulationsanlage mit assoziierten biologischen Laboren wird untersucht, ob und wie irdische Organismen, teilweise aus extremen Gegenden der Erde, die simulierten Bedingungen des Weltraums oder anderer Planeten, aber auch veränderte Umweltbedingungen auf der Erde, überleben oder sich gar unter diesen extremen Bedingungen vermehren. Daraus lassen sich Erkenntnisse zur Entstehung, Evolution und Verbreitung des Lebens auf der Erde und darüber hinaus gewinnen. Die Analysen dienen außerdem als experimentelle Grundlage für internationale Standards für den Schutz anderer Planeten und der Eismonde des äußeren Sonnensystems (ECSS-Standards) – „Planetary Protection“. Darüber hinaus werden in den Anlagen astrobiologische Weltraummissionen vorbereitet und Weltraum-Hardware und Materialien getestet.

Grenzen und Möglichkeiten irdischen Lebens im Weltraum

Die Erde ist der einzige mit Sicherheit belebte Ort im Universum. Dennoch existieren auch auf der Erde an verschiedenen Stellen sehr extreme Umweltbedingungen, die auf den ersten Blick lebensfeindlich erscheinen: Temperaturen über dem Siedepunkt oder weit unter dem Gefrierpunkt von Wasser, extreme Trockenheit, hoher Salzgehalt, hoher oder niedriger Druck, hohe oder niedrige pH-Werte, oxidierende chemische Verbindungen, starke Sonneneinstrahlung oder absolute Dunkelheit, erhöhte radioaktive Strahlung oder fehlender Sauerstoff. Diese extremen Umwelten ähneln in einigen ihrer Parameter den Umweltbedingungen auf anderen Himmelskörpern und werden deshalb als Analoge betrachtet. Bisher wurden an fast jedem dieser Orte Lebewesen, überwiegend Mikroorganismen, entdeckt. Diese extremophilen Organismen zeigen uns die natürliche Vielfalt und Anpassungsfähigkeit von Leben an die jeweiligen auch durch Veränderungen geprägten Umweltbedingungen auf der Erde. In den Weltraumsimulationsanlagen wird untersucht, inwieweit Organismen, die aus extremen Gegenden auf der Erde isoliert wurden, zusätzlich Resistenzen gegenüber anderen extremen Umweltfaktoren und deren Kombinationen aufweisen, darunter auch solche wie sie auf der frühen Erde oder dem frühen Mars existiert haben oder heute im Weltraum oder auf anderen Himmelskörpern existieren. Dabei werden die molekularen und zellulären Eigenschaften untersucht, die zu der jeweiligen Anpassung führen.

Die gewonnenen Erkenntnisse zu den zugrundliegenden Mechanismen sind auch von großer allgemeiner Bedeutung zum Beispiel bei Themen wie Wirkung und Anwendung antimikrobieller Oberflächen, biologische Wirkung von ionisierender und kurzwelliger UV-Strahlung, Induktion von zellulären Reparaturmechanismen und Veränderung der mikrobiellen Vielfalt, zum Beispiel in geschlossenen bewohnten Systemen (ISS, Habitaten). Im Rahmen von Planetary Protection werden daraus notwendigen Schutzmaßnahmen für Explorationsmissionen zu Planeten und Monden wie den Ocean Worlds abgeleitet.

Begleitung und Ergänzung von Weltraummissionen

Nicht alle Umweltbedingungen können in ihrer Komplexität in den Astrobiologischen Simulationsanlagen hergestellt werden. So erlauben nur Weltraumexperimente die Erforschung der Wirkung des komplexen außerirdischen Strahlenfelds und des gesamten solaren Strahlenklimas bis hin zur extrem kurzwelligen UV-Strahlung auf Leben. Der Erfolg der Weltraumexperimente hängt dabei jedoch wesentlich von systematischen Vortests ab, zum Beispiel zur Auswahl von Organismen, chemischen Verbindungen und Materialien. Diese Tests werden ebenso wie die missionsbegleitenden Bodenexperimente in den Weltraumsimulationsanlagen durchgeführt. Sie liefern ergänzende Daten zu den Weltraumexperimenten und ermöglichen zusätzliche Analysen, da sie die Untersuchung einer großen Probenanzahl unter reproduzierbaren Bedingungen einfach und zeitnah ermöglichen.

Kontakt

Volker Speelmann

Leitung Forschungsinfrastrukturen
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Vorstandsbereich Innovation, Transfer und wissenschaftliche Infrastrukturen
Linder Höhe, 51147 Köln

Dr. Petra Rettberg

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
Linder Höhe, 51147 Köln

Dr. Elke Rabbow

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
Strahlenbiologie
Linder Höhe, 51147 Köln