Der Wär­me­fluss

Karten der Krustendicke und des Oberflächenwärmeflusses des Mars aus Modellrechnungen
Man erkennt, dass die Verteilung des Wärmeflusses mit der Krustendicke einhergeht. Dies liegt an der Anreicherung des basaltischen Krustengesteins an radioaktiven Elementen. Für die Landestelle der InSight-Mission wird ein durchschnittlicher Wert erwartet.

Wir verstehen die Planeten als Wärmekraftmaschinen, ähnlich – in gewisser Weise – wie Dampfmaschinen. Als die Planeten gebildet wurden, heizten sich diese durch die Einschläge der auf sie einstürzenden Planetesimale auf. Darüber hinaus wird im Gestein durch den Zerfall radioaktiver Isotope von Uran, Thorium und Kalium Wärme erzeugt. Im Laufe der Äonen kühlt der Planet ab, was man als seine thermische Evolution beschreibt. Die Abkühlung erfolgt im tiefen Innern durch den sogenannten konvektiven Wärmetransport, oder Wärmetransport durch Bewegung. Vereinfacht gesagt, steigt dabei heißes Gestein Richtung Oberfläche auf und kaltes sinkt ins Innere. Die Bewegung des heißen, manchmal sogar geschmolzenen Gesteins verursacht Gebirgsbildung und Vulkanismus, der Planet leistet dabei mechanische Arbeit, wie eine Wärmekraftmaschine. Die mechanische Arbeit ist hauptsächlich Verformungsarbeit, wie zum Beispiel Gebirgsbildung. Die dabei erzeugten Spannungen werden unter anderem durch Erdbeben, oder besser Marsbeben, abgebaut. Man kann die thermischen Spannungen berechnen und daraus Bebenzonen vorhersagen.

Die konvektive Kühlung des Gesteinsmantels kann sogar Konvektion im Kern und dabei einen Dynamomechanismus antreiben, der ein planetenweites Magnetfeld erzeugt, wie wir es von der Erde kennen. Dies ist beim Mars heute nicht mehr so, könnte aber in der früheren Vergangenheit, vor circa vier Milliarden Jahren, der Fall gewesen sein. Dafür sprechen alte, magnetisierte Krustengesteine. Man kann den Wärmetransport aus dem Inneren des Planeten charakterisieren, indem man den Wärmefluss an der Oberfläche misst. Dies ist die Aufgabe des Heat Flow and Physical Properties Packages (HP3) vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR). Darüber hinaus charakterisiert man mit Hilfe der Abwärme die Leistung der planetaren Wärmekraftmaschine. Je höher der Wärmefluss ist, desto aktiver wird der Planet sein. Der Wärmefluss hilft auch bei der Bestimmung der chemischen Zusammensetzung der Gesteinssphäre des Planeten, da die Wärmeproduktionsrate von der Konzentration der radioaktiven Elemente im Inneren, insbesondere in der Kruste, abhängt. Die Kruste aus basaltischem Gestein entsteht durch Vulkanismus, wobei radioaktive Elemente im Magma und daher im basaltischen Krustengestein angereichert werden. Würde man den Wärmefluss an vielen Stellen messen, könnte man in erster Näherung den Verlauf der Krustenmächtigkeit abbilden. Da InSight nur eine Station zum Mars fliegt, kann man nur einen, für den Planeten hoffentlich repräsentativen Wert messen. Modellrechnungen im Vorfeld der Mission haben gezeigt, dass dies wahrscheinlich richtig ist.

Der Oberflächenwärmefluss des Mars ist wahrscheinlich deutlich kleiner als der der Erde, die im Mittel 80 Milliwatt pro Quadratmeter (mW/m²) an Wärme abgibt. Dies liegt einerseits daran, dass der Mars kleiner als die Erde ist und daher weniger Wärme gespeichert hat und möglicherweise auch etwas weniger radioaktives Material pro Kilogramm Gestein enthält. Andererseits kennen wir den Effekt, dass kleinere Körper rascher abkühlen, weil ihre Oberfläche im Verhältnis zum Volumen größer ist. Erwartet wird ein Oberflächenwärmefluss für Mars um 20 mW/m2, also ein Viertel des Wertes der Erde. Dieser Wert entspricht in etwa dem Verhältnis der Volumina und der Massen beider Körper.

Der Wärmefluss wird bestimmt, indem man die sogenannte geothermische Tiefenstufe, den Anstieg der Temperatur pro Meter, mit der Wärmeleitfähigkeit multipliziert. Die geothermische Tiefenstufe wird bestimmt, indem man die Temperatur in einem Bohrloch in mehreren Tiefen misst. Die DLR Wärmeflusssonde HP3 bewerkstelligt dies, indem sich eine kleine Rammsonde, genannt Maulwurf (engl. Mole), in den Boden bohrt und ein Flachbandkabel, das mit 14 Temperatursensoren bestückt ist, hinter sich herzieht. Nachdem die Sonde ihre Zieltiefe erreicht hat, wird die Temperatur an allen Messpunkten für einige Monate alle 15 Minuten gemessen. Eine zeitlich längere Messung ist notwendig, da die geothermische Tiefenstufe durch mehrere von der Oberfläche eindringende Wärmewellen gestört wird. Dazu gehört die von dem Tagesgang der Oberflächentemperatur erzeugte Tageswelle, die aber nur einige Zentimeter tief eindringt. Bedeutsamer ist die Jahreswelle, die durch den jahreszeitlichen Temperaturgang erzeugt wird und – je nach Wärmeleitfähigkeit des Untergrunds – bis zu drei Meter eindringen kann. Die Wärmeleitfähigkeit des Bodens misst HP3 beim Eindringen in den Boden etwa alle halben Meter bis zur Zieltiefe. Dabei wird die Außenhaut des Maulwurfs mit einer konstanten Leistung beheizt und gleichzeitig wird die Temperatur der Außenhaut gemessen. Der Anstieg dieser Temperatur verhält sich umgekehrt zur Wärmeleitfähigkeit. Ist diese niedrig, ist der Temperaturanstieg groß und umgekehrt.

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Prof. Dr. Tilman Spohn

Wissenschaftlicher Leiter HP³
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin