Die Lan­des­tel­le

Am 26. November 2018 ist die Sonde InSight auf dem Mars gelandet. Die Landestelle befindet sich in der Ebene Elysium Planitia, da diese nur wenige geologische Besonderheiten aufweist. Denn die Instrumente, die das Mars-Innere untersuchen sollen, müssen mit möglichst wenig Risiko sicher an ihr Ziel gebracht werden. Da es durch kleine Ungenauigkeiten in der Steuerung der Landesonde und die Wirkung der Atmosphäre während des Abstiegs zu Abweichungen vom geplanten Kurs kommen kann, muss ein ausreichend großes Gebiet ausgewählt werden – das ist typischerweise eine in Flugrichtung langgestreckte Ellipse (siehe die Darstellung der Landeellipse des ExoMars-Rovers). Die Landeellipse von InSight ist 140 Kilometer lang und 30 Kilometer breit. Für die vom DLR entwickelte Wärmeflusssonde HP3 ist es außerdem sehr wichtig, dass ihre kleine Rammsonde, der „Maulwurf“ (engl. Mole), möglichst gut in den Boden eindringen kann. Dieser darf also nicht felsig sein.

Um eine Vorhersage über die Eigenschaften der Landestelle treffen zu können, griffen die Wissenschaftler auf Daten früherer Missionen zurück. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Daten, die aus der Umlaufbahn gewonnen wurden – Kameradaten und Messungen der thermischen Trägheit (die Geschwindigkeit, mit der das Oberflächenmaterial auf Temperaturänderung reagiert). Demnach gibt es dort Sand geringer Kohäsion (auch Molekularkraft, die Kraft, die den Zusammenhalt von Atomen und Molekülen gleicher Art bewirkt) und Wärmeleitfähigkeit, der Quarzsand auf der Erde ähnelt, und ein sehr geringes Vorkommen von Steinen (wenige Prozent), die in der Tiefe das Eindringen des Maulwurfs blockieren könnten. Es darf angenommen werden, dass die Häufigkeit der Steine mit der Tiefe abnimmt – vergleichbar mit dem sogenannten Müsli- oder Paranusseffekt: Schüttelt man sanft und über eine gewisse Zeit eine Tüte mit einer Müslimischung aus unterschiedlich großen Bestandteilen, dann befinden sich am Boden der Tüte die Bestandteile mit der geringsten Größe und oben die größten, wie beispielsweise Paranüsse. In einer Tiefe von drei bis 17 Metern könnte sich allerdings eine Schicht aus hartem vulkanischem Basaltgestein ausbreiten.

Beim Aufbau seismologischer Messstationen auf der Erde gibt es normalerweise eine Reihe von Kriterien, die bei der Auswahl des Standorts herangezogen werden. Dazu gehören logistische Erwägungen wie die Zugänglichkeit des Geländes oder das Vorhandensein einer fest installierten Stromversorgung. Aber vor allem geologische Informationen wie bekannte geologische Strukturen, das an der Oberfläche anzutreffende Material oder die Positionen von Epizentren in der Vergangenheit sind relevant. Da Seismologie nach einem ähnlichen Konzept funktioniert wie eine medizinische Ultraschalluntersuchung, muss das Gebiet, für das man sich eigentlich interessiert, von den Erdbebenwellen durchlaufen werden – normalerweise befinden sich Epizentren und Seismometer auf verschiedenen Seiten des fraglichen Gebiets.

Wie die Marsbeben über den Planeten verteilt sind, kann im Voraus jedoch nur vermutet werden, eine Infrastruktur an der Oberfläche gibt es nicht und eine Wartung der Instrumente durch regelmäßige Besuche ist nicht möglich. Das wichtigste Auswahlkriterium für den „Standort“ von InSight war daher die größtmögliche Sicherheit bei der Landung der Sonde selbst.

Für einige seismologische Verfahren ist die Position des Seismometers tatsächlich von untergeordneter Bedeutung. Ein großer Meteoriteneinschlag beispielsweise kann den ganzen Planeten in seiner Resonanzfrequenz und deren Obertönen zum Schwingen bringen, wie eine Glocke. Die Frequenzen dieser sogenannten Eigenschwingungen stellen eine wichtige Information über großräumige Strukturen dar.

Dennoch bietet der Landeplatz in Elysium Planitia interessante Optionen. Eine zentrale Fragestellung bei InSight ist die Messung des Kernradius' des Mars. Vom Landeplatz aus gesehen befindet sich das Tharsis-Massiv – vermutlich das seismisch aktivste Gebiet auf dem Planeten – teilweise im sogenannten Kernschatten (das heißt jenseits der Entfernung, von der an der Kern die Wellenausbreitung gleichsam abschattet, indem er sie wie ein Brennglas zum Planetenmittelpunkt hin ablenkt). Dieser und weitere Effekte, ebenso wie die Laufzeiten von doch noch am Seismometer ankommenden Wellen, wird eine Vermessung des Kerns ermöglichen. Auch befindet sich Tharsis in einer geeigneten Entfernung, um mit Wellen, die fast senkrecht von unten ankommen, die Kruste unmittelbar unter dem Seismometer genau zu untersuchen. Dieses Verfahren wurde in den 1980er und 1990er Jahren entwickelt und ist inzwischen eine Standardmethode zur Messung der Krustendicke.

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Wissenschaftlicher Leiter HP³
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
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Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Ulrich Köhler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin