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DLR-Wissenschaftlerin Prof. Dr. Barbara Lenz zum Lkw-Verkehr der Zukunft: "Technische Anstrengungen allein reichen nicht aus"

29. April 2010

 Prof. Dr. Barbara Lenz
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Das DLR-Institut für Verkehrsforschung ist maßgeblich an der neuen Shell-Lkw-Studie beteiligt

Im Rahmen einer Pressekonferenz hat Prof. Dr. Barbara Lenz, Leiterin des DLR-Instituts für Verkehrsforschung in Berlin, am 29. April 2010 die Ergebnisse der ersten, von Shell beauftragten Lkw-Studie mit Fakten, Trends und Perspektiven für den Straßengüterverkehr bis 2030 vorgestellt. Im Interview fasst die DLR-Verkehrsforscherin die wichtigsten Aussagen zusammen.

Frage: Prof. Lenz, was sind die drei zentralen Ergebnisse der Lkw-Studie zu Fakten, Trends und Perspektiven im Straßengüterverkehr bis 2030?

Prof. Lenz: Der Straßengüterverkehr, insbesondere der Fernverkehr, wird sauberer; die Flotte leichter Nutzfahrzeuge modernisiert sich jedoch nur langsam. Eine technisch aufwändigere Abgasreinigungstechnologie hat die Lkw aber teurer gemacht und ihren Energieverbrauch in den letzten Jahren erhöht.

Frage: Wie wird sich das Güterverkehrsaufkommen entwickeln?

Prof. Lenz: Das Güterverkehrsaufkommen in Deutschland lag 2008 bei vier Milliarden Tonnen, die Güterverkehrsleistung bei rund 670 Milliarden Tonnenkilometern. Der Lkw bestreitet hiervon 69,2 Prozent. Die Verkehrsleistung wird bis 2030 auf über 1.000 Milliarden Tonnenkilometer ansteigen. Vor allem die Fahrleistungen von schweren Lkw steigen stark – sie werden sich bis 2030 nahezu verdoppeln.

Frage: Mit welchen Antrieben wird der Lkw der Zukunft fahren?

Prof. Lenz: Bei Antrieb und Kraftstoff dominiert heute der Diesel. Sein Anteil an der Gesamtflotte liegt bei 93 Prozent, bei schweren Lkw sind es sogar 99 Prozent. Der Lkw des Jahres 2030 wird voraussichtlich eine bessere Dieseltechnologie nutzen, je nach Einsatzgebiet auch mit einer geeigneten Hybridtechnik fahren sowie nachhaltige Biokraftstoffe und optimierte Fahrzeugantriebe kombinieren. Die Effizienz wird sich je nach Fahrzeugklasse um 20 bis 30 Prozent verbessern.

 Lkw-Verkehr in Deutschland
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Frage: In Deutschland sind etwa 2,5 Millionen leichte Nutzfahrzeuge, Lkw und Sattelzugmaschinen zugelassen. Bis 2030 wird diese Zahl auf bis zu drei Millionen steigen. Lassen sich vor diesem Hintergrund Kraftstoffverbrauch und Kohlenstoffdioxid (CO2)-Emissionen überhaupt in der Summe reduzieren?

Prof. Lenz: Der Anteil des Straßengüterverkehrs an den gesamten CO2-Emissionen liegt heute bei fünf Prozent; er wird aber angesichts der erwarteten Lkw-Fahrleistungen trotz technologischer Verbesserungen bis 2030 – im Vergleich zu 2005 – um etwa 50 Prozent zunehmen. In einem von uns in der Studie untersuchten Alternativszenario kann diese Steigerung auf gut 32 Prozent verringert werden. Das bedeutet letztlich, dass technische Anstrengungen allein nicht ausreichen werden, um den CO2-Ausstoß des Straßengüterverkehrs unter das heutige Niveau zu senken. Es sind weitere Maßnahmen sowohl im Straßengüterverkehr selbst als auch bei der Gestaltung der Transportketten zu realisieren, um CO2-Emissionen im Güterverkehr zu reduzieren.

Frage: Von welchen Annahmen gehen Sie in dem Alternativszenario aus, was haben Sie darin genau untersucht?

Prof. Lenz: Wir haben Annahmen zum Einsatz von Kraftstoff sparender Technik sowie eine Zunahme alternativer Antriebe getroffen und untersucht, welche Rolle Hybrid, Erdgas oder der reine Elektroantrieb im Jahr 2030 bei allen in Deutschland fahrenden Lkw einnehmen können. Zusätzlich dazu sind wir bei den Kraftstoffen von einem jeweils höheren Biokraftstoff- bzw. Biogasanteil von jeweils 20 Prozent im Alternativszenario und einer veränderten CO2-Bilanz beim deutschen Strommix - 301 Gramm CO2 pro Kilowattstunde - ausgegangen. Ein zentrales Ergebnis sind 25 Prozent niedrigere durchschnittliche Kraftstoffverbräuche und Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, die aber nur einen geringen einstelligen Anteil bei der Lkw-Flotte erreichen werden.

Frage: Stichwort Ökobilanz: Wie realisierbar sind überhaupt alternative Antriebe wie Hybrid- oder Elektromotoren und Bio-Kraftstoffe für die Lkw-Flotte? 

Prof. Lenz: Aus fahrzeugtechnischer Sicht ist bereits viel umgesetzt worden. Bei Fragen der Ökobilanz kommt es vor allem darauf an, unter welchen Bedingungen beziehungsweise wie der jeweilige Betriebs- oder Kraftstoff für die Fahrzeuge produziert und bereitgestellt werden kann. Zurzeit steht speziell für die schweren Lkw und Sattelzugmaschinen noch überhaupt kein alternatives Antriebskonzept zur Verfügung. Diese Fahrzeuge weisen aber die höchsten Fahrleistungen auf. Außerdem wird sich die Gesamtbilanz des Straßengüterverkehrs erst dann weiter verbessern, wenn alternative Antriebe in Serienfahrzeugen und die neuen umweltfreundlich erzeugten Kraftstoffe standardmäßig angeboten werden. Dabei müssen wirtschaftliche Anreize sowie dem Dieselantrieb vergleichbare Nutzungseigenschaften vorhanden sein, um die Lkw-Flotte zu verändern.

Das Interview führte Elisabeth Mittelbach


Kontakt
Elisabeth Mittelbach
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Deutsche Raumfahrtagentur
, Kommunikation & Presse
Tel.: +49 228 447-385


Andreas Lischke
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Institut für Verkehrsforschung
, Verkehrsmittel
Tel.: +49 30 67055-236

Fax: +49 30 67055-283


Zuletzt geändert am: 28.04.2010 11:31:33 Uhr
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