Donnerstag, 31. Oktober 2013
Insgesamt wurden sechs steilere Anflüge mit der Boeing 767-300 von Condor durchgeführt.
Quelle: Fraport AG.
Die Condor-Maschine wurde vom Leiter des Condor-Flugbetriebs, Gunnar Schmidt, sowie dem maßgeblich an der Entwicklung beteiligten Piloten Frank Lumnitzer geflogen.
Mit einer Boeing 767-300 der Condor wurden neun Anflüge auf den Frankfurter Flughafen durchgeführt. Sechs Anflüge erfolgten mit dem neuen Verfahren.
Quelle: Condor.
Projektleiter Dr. Bernd Korn vom DLR-Institut für Flugführung erklärt den Ablauf des Flugversuchs.
Im Auftrag des Forums Flughafen und Region fanden am 4. Oktober 2013 am Frankfurter Flughafen, von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH überwacht, Versuchsflüge mit einer Maschine der Condor statt. In einem steileren Endanflug wurden Wohngebiete in größerer Höhe überflogen. So soll es am Boden leiser werden. Nun hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf der Konferenz für aktiven Schallschutz ICANA 2013 die Ergebnisse vor Ort vorgestellt. Der Trend ist eindeutig: Gemeinden, die mehr als zehn Kilometer von der Landebahn entfernt liegen, können durch das neue Anflugverfahren mit weniger Lärm rechnen. In 33 Kilometer Entfernung (Messpunkt Appenheim) wurde der gemessene Maximalpegel sogar bis zu sechs Dezibel geringer. Für präzise, über längere Zeiträume gemittelte Zahlenwerte, sind weitere Versuchsflüge nötig.
"Im DLR forschen wir für die ökoeffiziente Luftfahrt von Morgen, die Mensch und Natur weniger belastet", sagt der DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner. "Durch die erfolgreichen Testflüge im Projekt Steeper Approaches konnten wir auch durch die breite Unterstützung aller Beteiligten zeigen, dass zur Lösung gesellschaftlicher Probleme, wie der Lärmbelastung entlang von Flugrouten, manchmal erstaunlich einfache Ideen einen wichtigen Schritt nach vorn bedeuten."
Anflug in zwei Abschnitten
"Steeper Approaches" bezeichnet ein neues Landeverfahren, bei dem das Flugzeug länger als bisher in 2.400 Meter Höhe verbleibt und sich anschließend in einem etwas steileren Sinkflug von 4,49 Grad (bisher 3 Grad) der Landebahn nähert. Ab einer Höhe von etwa 600 Meter geht der Pilot in eine gewöhnliche Landung über, bei der er in einem Winkel von 3 oder 3,2 Grad dem Gleitpfad des Instrumentenlandesystems (ILS) folgt. In der Übergangsphase fährt das Fahrwerk aus.
Bereits bei ersten Tests im Flugsimulator ebenso wie bei den Versuchsflügen am 4. Oktober 2013 mit einer Boeing 767-300 der Condor zeigte sich: Das neue Anflugverfahren ist fliegerisch absolut sicher. Durch den später einsetzenden Sinkflug werden Wohngebiete bis zu 915 Meter höher als gewöhnlich überflogen. "In entfernteren Bereichen bei etwa 33 Kilometern vor dem Aufsetzen, haben wir bis zu sechs Dezibel weniger Lärm gemessen", sagt der Leiter des Projekts "Steeper Approaches" Dr. Bernd Korn vom DLR-Institut für Flugführung. "Bei 15 Kilometern waren es dann nur noch etwa zwei bis vier Dezibel leiser, da sich der steilere und der gewöhnliche Gleitpfad zur Landebahn hin annähern", fährt Dr. Korn fort. "Eine Verringerung der Lärmemissionen am Boden konnten wir bis etwa zehn Kilometer vor dem Aufsetzen messen." Insgesamt wurden sechs steilere Anflüge mit der Boeing 767-300 von Condor durchgeführt. "Damit lassen sich noch keine abschließenden Aussagen treffen, da die Messwerte bei dieser kleinen Stichprobe bereits um bis zu 1,5 Dezibel schwanken. Um den positiven Trend in belastbarere Zahlen zu gießen, benötigen wir weitere Probeflüge mit dem neuen Anflugverfahren und deutlich mehr Lärmmessungen über einen längeren Zeitraum", so Korn.
Breite Zusammenarbeit
Im Auftrag des Forums Flughafen und Region entwickelte das DLR das neue Anflugverfahren in Zusammenarbeit mit erfahrenen Piloten der Condor, Lufthansa und TuiFly. In Flugsimulatoren der Gesellschaften wurde das Verfahren auf allen in Frankfurt gängigen Flugzeugtypen und bei allen denkbaren Wetterverhältnissen getestet. Auch normale Crews, die nicht an der Entwicklung beteiligt waren erprobten den steileren Anflug. Im Anschluss erfolgte mit der Unterstützung von Condor die reale Erprobung in der Luft mit Anflügen auf die Nordwestlandebahn des Frankfurter Flughafens. Intensiv betreute die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH die Versuchsflüge mit extra eingewiesenen Lotsen. Am Boden standen sieben Fluglärm-Messstationen von Fraport AG und Umwelthaus für die Lärm-Messungen bereit.
Für die Zukunft schaut Projektleiter Korn bereits auf weitere Erprobungen der Steeper Approaches und damit noch genauere Messwerte zur Lärmentlastung der Bevölkerung: "Am Flughafen Hannover wird die Tuifly über ein Jahr das neue Anflugverfahren im Probebetrieb unter Sichtflugbedingungen testen." Eine Umsetzung in den täglichen Routinebetrieb ist derweil noch etwas ferner. So müssten Vorschriften der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) angepasst werden, ebenso wie die Ausstattung der Flugzeuge.
Bereits im September 2010 fanden Testflüge zum neuen Anflugverfahren am DLR-Standort Braunschweig statt. Damalige Erfahrungen bildeten die Grundlage für die nun erfolgten Versuchsflüge im von hohem Verkehrsaufkommen geprägten Frankfurter Luftraum.
Zuletzt geändert am:31.10.2013 14:53:37 Uhr
31.10.2013 20:09 - von Herr Schmidt
Könnte man Lärm mit Gegenlärm veringern.Dabei schwebt ein Luftballon an einem Seil in 200m Höhe über bewohnten Gebiet. Bei Lärm wird durch einen Lautsprecher Gegenlärm in Richtung des Flugzeugs gerichtet. Sodass die Bewohner unter dem Luftballon im Lärmschatten liegen.
06.11.2013 23:03 - von Jan Delfs
Obwohl grundsätzlich die Technik der sog. aktiven Schallminderung durch gegenphasigen Schall bekannt ist, wäre diese Vorgehensweise beim Fluglärm leider physikalisch nicht umsetzbar, weil a) tonnenschwere extrem leistungsfähige Lautsprecher verwendet werden müssten und noch viel wichtiger b) dieses mit dem physikalischen Grundsatz der Kausalität nicht vereinbar wäre. Denn man benötigt zunächst die Messung des zu mindernden Signals um ein passendes Gegensignal zu generieren und auszusenden. Vorausgesetzt, dieses Gegensignal würde unendlich schnell generiert werden können, wäre eine Verminderung der Schallleistung des Gesamtsignals (Quelle+ Gegenquelle) nur dann möglich, wenn die Gegenquelle sehr nahe an der Quelle positioniert wird (für hörbaren Schall in der Größenordnung 3m oder kleiner!). Alles das ist technisch undenkbar wenn die Quelle ein fliegendes Flugzeug ist.
12.11.2013 11:34 - von Dietrich Hanke
Bereits 1973 wurden Flugversuche und Lärmmessungen mit der HFB 320 der DFVLR gemacht, und die Lärmreduktion bestimmt. Das Verfahren war gleich, allerdings mit einem Flugabschnitt von 6 Grad und einem Übergang auf 3 Grad Anflugwinkel. Für den 6 Grad Anflugwinkel wurde ein Mikrowellenlandesystem TALAR verwendet.Hamel, P., Dahlen, H.W.,Erprobung lärmmindernder Anflugverfahren mit dem DFVLR-Forschungsflugzeug HFB 320.DFVLR-Nachr. (1973), 32 Seiten, 17 Bild., 11 Lit.
12.11.2013 21:26 - von Holger Schmidt
Sehr geehrte Damen und Herren,soweit ich das verstehe sendet das Material Schallwellen aus. In der Luft sind diese nicht mit Gegenschall zu bekämpfen. Deshalb muss die Gegenschallwelle auch so nahe am Objekt sein. Da Frage ich mich, warum an der Triebwerksunterseite keine Lautsprecher sind? Ich habe mal gehört dies wird schon so gemacht. An der Turbine sollen irgendwo Schallquellen bearbeitet werden. Könnte man nicht einen Schallschutzkörper um die Turbine bauen und da die Boxen anbringen.Dabei weiß ich nicht was 1Tonne Boxen so kosten im Regelbetrieb mit Spritpreisen.Gruß H. Schmidt
19.12.2015 01:18 - von Thomas Hammer
Könnte man im Umkehrschluß auch davon ausgehen, dass beim steileren Starten weniger Lärm am Boden ankommt? Und wenn ja ist dies auch machbar?