Der berühmte Aufruf von Willy Brandt „Mehr Demokratie wagen!“ war Ausgangs-
punkt meiner Überlegungen für das Jahr 2013. Was Bundeskanzler Willy Brandt
1969 gesamtpolitisch wollte, ist bei genauerem Hinsehen eine programmatische
Aussage mit „Breitenwirkung“. Sie gilt auch mehr als vier Jahrzehnte später. Sie
gilt auch für den Wissenschaftsbetrieb. Und sie gilt in besonderer Weise für das
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.
In den letzten fünf Jahren haben wir am Selbstverständnis des DLR und seiner
Ausrichtung „Wissen für Morgen“ gearbeitet und dabei die institutionelle und organi­
satorische Forderung „EIN DLR“ mit Vorgaben für die tägliche Arbeit konkretisiert:
Die vier „I“ leiten uns seitdem: Invention, Innovation, Interaktion und Internationalität.
Damit ist das Set von aggregierten Vorstellungen abgeschlossen und soll nun in den
verschiedenen Bereichen von Forschung und Administration umgesetzt werden. Das
Motto „Mehr DLR wagen“ kann und soll daher in erster Linie diese Umsetzung an­
regen oder besser einfordern: Nutzen wir die Möglichkeiten aus, die das DLR bietet!
7.400 motivierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine
hervorragende Infrastruktur, aber auch die existierenden Verbindungen zu anderen
Forschungseinrichtungen sowie Industriepartnern, national, europäisch und international,
bieten ein Potenzial, das noch lange nicht ausgeschöpft ist. Eitelkeiten und Abgrenzung
mit der Motivation des „Schutzes des eigenen Bereichs“ sollten der Vergangenheit
angehören.
„Mehr DLR wagen“ gilt aber auch als Aufforderung nach außen: Das DLR will ein
verlässlicher, kompetenter und fairer Partner für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesell-
schaft sein und lädt zu mehr Interaktion ausdrücklich ein. Im Verständnis der Verant-
wortung sind wir daran interessiert, uns mit unseren Fähigkeiten an der Lösung mannig-
faltiger Fragen – einschließlich der globalen Herausforderungen – einzubringen.
„Mehr DLR wagen“ ist zudem eine Mahnung an die Politik. Der Soziologe und
Sozialökonom Max Weber hat bereits eingangs des vorigen Jahrhunderts das Selbst­
bestimmungsrecht der Wissenschaft hervorgehoben. Das DLR erhält in nicht unerheb­
lichem Maße Mittel des deutschen Steuerzahlers. Aus den Begriffen „Rechtsaufsicht“
und „Fachaufsicht“ jedoch eine Detailsteuerung abzuleiten, ist nicht nur falsch,
sondern auch gegen alle Vernunft.
Stattdessen sollten klare Zielvorgaben definiert werden, die dann vor Ort durch
qualifizierte Entscheidungen in entsprechende Maßnahmen münden. Selbstverständ-
lich gehört es dazu, zu überprüfen, ob die Ziele erreicht wurden. Damit wird auch
die Verantwortung klar zugeordnet, was die Grundlage modernen Managements
in Forschung und Administration sein sollte.
Das DLR ist aufgrund seiner Strukturen und seiner organisatorischen Aufstellung
zu entsprechender Verantwortungsübernahme fähig und bereit! – Deshalb ist meine
aktuelle Aufforderung nach innen und außen: MEHR DLR WAGEN!
Mehr DLR wagen!
Von Johann-Dietrich Wörner
Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner,
Vorstandsvorsitzender des DLR
Leitartikel
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