DLR Magazin 139 - page 18-19

Ganz wie im Titel des James-Bond-Films „Man lebt nur zweimal“, durch den vor etwas mehr als 45 Jahren der Gyrokopter
bekannt wurde, steht er nun vor einem neuen Leben – diesmal zunächst im Rampenlicht der Wissenschaft. Das optisch
recht sonderbar wirkende Fluggerät ist ein Drehflügelflugzeug. Sein Rotor wird nicht durch ein Triebwerk, sondern durch
die anströmende Luft in Drehung versetzt. Der Rotor des auch Tragschrauber genannten Gyrokopters gelangt so in einen
„Autorotationszustand“. Dieses Flugprinzip ist genauso einfach wie genial. Der erste Drehflügler wurde sogar schon in den
Zwanzigerjahren von Juan de la Cierva entwickelt. In Deutschland begann die Erfolgsgeschichte des Gyrokopters allerdings
erst vor circa zehn Jahren. Seitdem steigen die Zulassungszahlen immer weiter an. Dennoch sind rund um die ultraleichten
Fluggeräte noch viele Fragen offen und gerade das macht sie heute so interessant für die Forschung.
Wieder im Rampenlicht: Der Gyrokopter erobert die Lüfte
Von Frauke Engelhardt
Kleiner Allrounder
ganz groß
Die kleinen Gyrokopter sind echte Allrounder: Sie sind
schnell einsatzfähig, kostengünstig und gelten wegen ihrer ver-
gleichsweise einfachen Technik als robuste Fluggeräte. Sie bie-
ten verheißungsvolle Flugeigenschaften, wie beispielsweise die
Fähigkeit, nach Wunsch sehr langsam zu fliegen oder auf kur-
zen Strecken zu starten und zu landen. Tragschrauber können
auch bei ungünstigen Wetterbedingungen, wie starkem Wind
oder geringer Sicht, sicher betrieben werden, was sie für die
Luftbeobachtung prädestiniert.
Seit 2012 untersucht das DLR gemeinsam mit dem Techni-
schen Hilfswerk (THW) den Nutzen von Tragschraubern im Ret-
tungseinsatz. In Katastrophenfällen ist stets rasches Handeln ge-
fragt. Genau hier kommen die Tragschrauber ins Spiel – aus der
Luft kann mit ihnen die Lage aufgeklärt werden, um so beispiels-
weise Informationen über das Ausmaß der Schäden oder auch
die Anzahl und Position zu rettender Personen zu gewinnen.
Auf einer Erdbebenübung im September 2012 wurden
vom Tragschrauber per Live-Übertragung Videobilder an die Bo-
denstation übermittelt. „Die Luftbilder aus dem Tragschrauber
waren ein sehr effektives Mittel, um einen schnellen Überblick
über die Schadenslage zu bekommen und unsere Hilfe entspre-
chend anzupassen“, sagt Ulf Langemeier, Einsatzleiter der Erd-
bebenübung.
Neues Flugsystem unterstützt die Piloten
Für die gemeinsame Forschung von THW und DLR ist seit
April 2013 ein neuer Tragschrauber vom Typ AutoGyro Cavalon
D-MGTD im Einsatz. Der neue Braunschweiger Gyrokopter wird
mit einer speziellen, aus dem Cockpit bedienbaren Wärmebild-
kamera zur Lufterkundung ausgerüstet werden. Außerdem ist
die Entwicklung eines weltweit einzigartigen Flugsystems zur
Unterstützung der Gyrokopterpiloten für komplexe Einsatzlagen
geplant. Schließlich soll das ungewöhnliche Fluggerät seine
Tauglichkeit für den täglichen Gebrauch und operationellen Ein-
satz auf Testflügen unter Beweis stellen.
Das DLR-Institut für Flugsystemtechnik will sich langfristig
als führendes Institut auf dem Gebiet der Autorotationsforschung
etablieren. Von Interesse sind beispielsweise bessere Trainings­
simulatoren sowie Flugleistungen und Flugeigenschaften. Zu-
dem wollen die Wissenschaftler die Reichweite, die Ausmaße
und die Geschwindigkeit der Tragschrauber erhöhen, damit der
„kleine“ bald schon zu einem „großen Allrounder“ wird. Für eine
kommerzielle Nutzung des Gyrokopters bedarf es außerdem
neuer Zulassungsvorschriften, die das DLR auf Basis flugphysi­
kalischer Untersuchungen entwickelt. Der Leiter des Instituts
für Flugsystemtechnik im DLR Braunschweig, Prof. Dr. Stefan
Levedag, dazu: „Die Potenziale der Gyrokopter-Technologie sind
noch längst nicht komplett erschlossen, wir schauen gespannt
in die Zukunft der kleinen Flugwunder.“
Weitere Informationen:
DLR.de/FT
Der neue Tragschrauber vom Typ Cavalon der Firma AutoGyro steht
im DLR Braunschweig für den Forschungseinsatz bereit
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