Der Fokus des Teams „SAR-Topographie“ ist die Entwicklung und der Betrieb von Prozessoren zur Ableitung von Geo-Informationsprodukten aus SAR (Synthetic Apertur Radar)-Daten. Hierfür werden SAR-spezifische Verarbeitungstechniken entwickelt, verbessert und als Prozessoren in operationellen hoch-performanten Systemen implementiert. Diese werden im Rahmen nationaler und internationaler Missionen und Projekte (z.B. TerraSAR-X, TanDEM-X, RADARSAT, SRTM, ERS-1/2) zur Produktion standardisierter Bildprodukte eingesetzt. Weitere Forschungsschwerpunkte des Teams sind die Erstellung und Haltung digitaler Höhenmodelle sowie die Verwendung innovativer Techniken der Radarfernerkundung zur Gewinnung anwendungsspezifischer Geo-Informationsprodukte.
Diese Techniken werden dann vor allem in der Kryosphäre und der Hydrosphäre angewandt, um folgende Fragen zu beantworten:
Südende des Neusiedlersees: Voll-polarimetrische Aufnahme von RADARSAT-2, Pauli-Zerlegung, Rückstreuung: rot=Doppelreflektion, grün: Volumenstreuung, Blau: Oberflächenreflektion (RADARSAT-2 Data and Product © MacDonald, Dettwiler and Associates Ltd. (2016) – All Rights Reserved
Für die Prozessierung der SAR-Bilder zu sogenannten Analysis Ready Data (ARD) entwickelt das Team Verarbeitungstechniken, die in das MultiSAR System integriert werden. Dieses System beinhaltet unter anderem eine Ortho-Entzerrung zur Erzeugung lagegenauer Bildkarten (Geokodierung), radiometrische Korrektur (Kalibrierung), polarimetrische Zerlegung der Eingangsdaten zur verbesserten Erfassung des Rückstreumechanismus basierend auf der Kennaugh Matrix und Standardisierung zu einem einheitlichen, normalisierten Datensatz. Zusätzlich können Texturanalysen und Bildsegmentierung zur Verbesserung der Klassifikation oder auch Veränderungen zwischen verschiedenen Aufnahmezeitpunkten (Change Detection) berechnet werden. Das MultiSAR System wurde in operationelle Systeme nach Programmierstandards implementiert und in die leistungsfähige Rechnerinfrastruktur des DLR-DFD integriert.
TanDEM-X DEM (© DLR 2018) des Palo Duro Canyon in Texas, USA
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erstellung, Haltung und Anwendung von digitalen Höhenmodellen. Im Rahmen der TanDEM-X Mission wurde interferometrisch ein globales, hochauflösendes digitales Höhenmodell generiert. Aufgabe des Teams war, aus Einzelaufnahmen erstellte Höhenmodelle zu kalibrie-ren und zu flächendeckenden Datensätzen zusammenzufügen. Z.Zt. wird das TanDEM-X Höhenmodell anwendungsspezifisch aufbereitet. Die dafür erforderlichen Techniken werden entwickelt und anwendungsspezifisch optimiert. Die Überarbeitung beinhaltet u.a. die Glättung rauer (=verrauschter) Flächen, die Beseitigung sog. „Voids“ (punkthafte Störungen und Lücken), die Rekonstruktion von Küsten- und Uferverläufen und in polaren Regionen die Ersetzung von zugefrorenen bzw. teilweise offenen Meereisbereichen durch interpolierte Geoidhöhen.
Neben der technischen Umsetzung arbeitet das Team an der Entwicklung von SAR-basierten Geo-Informationsprodukten. Dies erfolgt z.T. in Kooperation mit nationalen und internationalen Partnern. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf der Anwendung von SAR-Bilddaten und von digitalen Höhenmodellen in der Kryosphäre und für hydrologische Fragestellungen. Im Folgenden einige Beispiel aus den Anwen-dungsgebieten:
Im Winter sind 20 bis 40 Millionen Quadratkilometer der Erdoberfläche mit Schnee bedeckt. Damit ist die Schneebedeckung eine wichtige Komponente des globalen Klimasystems und hat Einfluss auf das Ener-giebudget der Atmosphäre und auch auf die Wasserverfügbarkeit. Nur wie viel Wasser ist im Schnee ge-speichert? Ist es möglich, über das SAR-Signal Informationen über die Schneeschichten oder die Schneemetamorphose zu extrahieren? Die Reflektion am Boden erfolgt unterschiedlich je nach Oberflä-chenbeschaffenheit und, da das Signal in den Schnee eindringt, auch in Abhängigkeit weiterer Parameter wie der Größe und Form der Eiskristalle, dem Auftreten von dichteren Eisschichten. Die unterschiedliche Rückstreuung des SAR-Signals wird im Team „SAR-Topographie“ in Kooperation mit internationalen Wis-senschaftlern genauer analysiert und in die Entwicklung von Auswerteverfahren einbezogen.
TanDEM-X Höhenmodelle (© DLR 2019), aufgenommen in den Winterzeiträumen 2010/2011, 2011/2012, 2015/ 2016 und 2016/2017
Insbesondere die arktischen Eisfelder reagieren zurzeit rasant auf die Erwärmung der Atmosphäre. Daher ist die Erfassung der Dynamik der Eisschilde ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld für SAR-Daten und Höhenmodelle. Ungefähr 60% der Massenänderung in Grönland lassen sich auf eine Höhenabnahme der Oberfläche zurückführen. Mit Hilfe der TanDEM-X Höhenmodellen über Grönland, die für einen fest definierten Zeitraum berechnet wurden, können detaillierte Analysen durchgeführt werden und dienen somit einem besseren Verständnis über die Höhenänderungen des Eisschildes. Aufgrund der Eindringtiefe des SAR-Signals in Schnee und Eis, muss die interferometrisch abgeleitete SAR-Höhe kalibriert werden, um zuverlässige Höhenänderungen abzuleiten. Das Team „SAR-Topographie“ entwickelt Ansätze, die Ein-dringtiefe des Signals abzuschätzen und somit zu korrigieren.
Bildmosaik aus TerraSAR-X Einzelszenen im Lena Delta in Sibirien, überlagert mit einer aus dem TanDEM-X DEM abgeleiteten Wasserstandskarte (© DLR 2019)
Die Verfügbarkeit hochwertiger digitaler Höhenmodelle ist Voraussetzung für hydro-dynamische Modellierungen. Das Team arbeitet an Verfahren zur gezielten und optimierten Aufbereitung von Höhen-modellen, um die Genauigkeit und Aussagekraft solcher Modellierungen zu verbessern. Dazu zählt z.B. die Eliminierung von messungsbedingtem Rauschen der Höhenwerte durch kanten- und strukturerhaltende Filter. Aus Zeitreihen von SAR-Aufnahmen kann die zeitliche Variation der Ausdehnung überfluteter Flächen abgeleitet und für die Kalibrierung und Validierung der Modellierung verwendet werden.