Die Windkraft- und Luftfahrtindustrie sind einem zunehmendem Kostendruck unterworfen. Während in der Luftfahrtindustrie vornehmlich vorimprägnierte Faserhalbzeuge (Prepregs) verwendet werden, wird in der Windkraftindustrie die Imprägnierung von trockenen Faserhalbzeugen bevorzugt. Die Prepregs aus der Luftfahrt bieten gute mechanischen Eigenschaften und auch einen erheblich einfacheren Prozess. Dem gegenüber stehen aber die Kosten durch die tiefgekühlte Lagerung der Halbzeuge, da die Vernetzung des Harzes bis zum Aushärteprozess verhindert werden muss.
Ein Ansatz zur Reduzierung der Kosten kann in der Luftfahrtindustrie durch einen Wechsel zur Imprägnierung von trockenem Fasermaterial geschehen, allerdings muss hierfür ein qualitätsgesicherter Fertigungsprozess vorhanden sein. In der Windkraftindustrie ist dieser qualitätsgesicherte Fertigungsprozess ebenfalls gefragt, da sich so die Ausschussrate bzw. der Nachbearbeitungsaufwand reduzieren lässt. Beide Industriezweige können von dem Ansatz einer aktiven Fließfrontmanipulation, bei der Infiltration eines flüssigen Harzsystems in ein ungesättigtes Fasermaterial, profitieren. Durch das Verfahren kann nicht nur die erwähnte Ausschussrate reduziert werden, sondern auch ein direkter Beitrag zur Kostensenkung durch die Wiederverwendbarkeit von Hilfsmitteln und die Reduktion von Fertigungsabfällen geschaffen werden. Die aktive Fließfrontmanipulation nutzt keine klassischen Angusskanäle, die sich innerhalb einer Kavität befinden. Die Angusskanäle werden außerhalb der Kavität positioniert und können durch einen Differenzdruck zwischen Kavität und Kanal die Permeabilität des Fasermaterials beeinflussen und in Abhängigkeit der Kanalgeometrie kann ein zusätzlicher Reinharzkanal überlagert werden. Am Ende der Infusion werden die Kanäle mit Atmosphärendruck beaufschlagt und das überschüssige Harz wird in das Bauteil verteilt bzw. in den Harzvorrat zurück geleitet. Hierdurch ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, die bei konventionellen Verfahren nicht gegeben sind. Zum Beispiel können die Kanäle auf dem Bauteil positioniert werden ohne einen Abdruck auf dem Fasermaterial zu hinterlassen. Solche Abdrücke sind gleichbedeutend mit einer Änderung des Faservolumengehalts und führen zu einer lokalen Schwächung des Bauteils (Sollbruchstelle). In dynamisch extrem hochbelasteten Bauteilen, wie Rotorblättern oder Flügelschalen, sind diese Sollbruchstellen unbedingt zu vermeiden. Die Verteilung der Kanäle über die Bauteiloberfläche ermöglicht die Einteilung der zum Teil großen Bauteilfläche in kleine, leicht zu tränkende, Bereiche. Hierdurch können Fertigungsabfälle, wie z.B. Fließhilfe, minimiert und teilweise sogar vermieden werden.