„Der Leichtbau ist eine entscheidende Schlüsseltechnologie, wenn es darum geht, den Energieverbrauch zu verringern und die Sicherheit weiter zu erhöhen“, erklärt Institutsdirektor Prof. Dr.-Ing. Horst E. Friedrich. Die Stuttgarter Forscher zeigen anhand mehrere Exponate, welchen Beitrag der Leichtbau zur Entwicklung nachhaltiger Fahrzeugkonzepte leistet.
Spant-Space-Frame-Bauweise – zuverlässig und leicht
Die Karosserie macht rund ein Viertel des Fahrzeuggewichts aus, bietet also großes Optimierungspotenzial. An diesem Punkt setzt die Spant-Space-Frame-Bauweise an: Sie kombiniert konventionelle metallische Bauteile mit Elementen aus hochleistungsfähigen Kohlefaserverbundwerkstoffen (CFK). Die
Spant aus Kohlefaserverbundwerkstoff in Crashtest-Anlage
Längsstrukturen in dieser CFK-intensiven Fahrgastzelle („Stuttgarter Modell“) bestehen weiterhin aus Metall. Bei der ringförmigen Querstruktur, den sogenannten Spanten, kommt CFK zum Einsatz. Die Spanten sind tragende Bauteile der Fahrgastzelle – leicht aber gleichzeitig extrem stabil – und ersetzen die A-, B- und C-Säule des Fahrzeugs. Mit Hilfe dieser neuartigen Bauweise kann das Gewicht der Karosserie insgesamt um bis zu 25 Prozent verringert und der Kraftstoffverbrauch deutlich gesenkt werden.
Die Spant-Space-Frame-Architektur trägt besonders den Anforderungen alternativer Antriebe Rechnung, vor allem hinsichtlich der Aspekte Sicherheit und Flexibilität. So schützt die von den DLR-Ingenieuren entwickelte Bauweise beispielsweise die Tanks eines Wasserstoffautos bei einem Seitenaufprall wesentlich besser als herkömmliche Konstruktionen. Denn bei einem Crash nehmen die Spanten rund doppelt so viel Energie auf wie baugleiche Komponenten aus Metall. Die Grundstruktur der Fahrgastzelle ist außerdem extrem variabel. Sie lässt sich an unterschiedliche Antriebskonzepte und Fahrzeugmodelle anpassen, ohne dass das zugrunde liegende Konstruktionsprinzip verändert werden muss.
Neue Vorderwagenstruktur für mehr Sicherheit bei alternativ angetriebenen Fahrzeugen
Um die bei einem Zusammenstoß freigesetzte Energie besser aufzufangen, hat das Team des Instituts für Fahrzeugkonzepte eine komplett neue Vorderwagenstruktur entwickelt und als Patent angemeldet. Kern der Konzeptidee sind neuartige Crashabsorber, welche durch eine räumliche Rahmenstruktur gestützt werden. Die Bauteile können als Längsträger im Vorderwagen eines Fahrzeugs verbaut werden und dort bisherige Strukturlösungen ersetzen. Im Fall eines Frontalzusammenstoßes falten sich konventionelle Crashabsorber zusammen. Bei der DLR-Neuentwicklung läuft hingegen ein völlig anderer
Verformungsprozess ab: Die Kraft des Aufpralls schiebt zwei Aluminiumrohre mit unterschiedlichen Durchmessern ineinander. Dabei schält das eine Rohr mit Hilfe einer ringförmigen Metallschneide die oberste Schicht des anderen Rohres ab. Dieser Vorgang – in der Metallbearbeitung Zerspanen genannt – nimmt den Hauptteil der bei einem Aufprall freigesetzten Energie auf. Gleichzeitig läuft der Verformungsprozess kontrollierter ab. Aufgrund der besseren Struktureigenschaften lassen sich insbesondere auch bei alternativ angetriebenen Fahrzeugen Schäden minimieren und die Sicherheit der Insassen erhöhen.
Hochmoderne Crashtest-Anlage für Autokomponenten
Wenn es um die Entwicklung innovativer Fahrzeugkonzepte und den Einsatz alternativer Materialien wie Kohlefaserverbundwerkstoffe geht, reichen Computersimulationen allein oft nicht aus. Gemeinsam mit der Firma DSD aus Graz, Österreich hat das Institut für Fahrzeugkonzepte deshalb eine spezielle Crashanlage entwickelt. Mit ihrer Hilfe können die Ingenieure große Karosserieteile – beispielsweise die Frontstruktur eines Autos – schon dann testen, wenn noch kein vollständiger Prototyp zur Verfügung steht.
Die Anlage besteht aus zwei Schlitten auf einer Schiene. Der erste Schlitten mit einer Masse von maximal 1.300 Kilogramm kann auf bis zu 64 Kilometer pro Stunde beschleunigt werden. Der zweite Schlitten trägt das zu testende Karosserieteil und ist entweder stationär befestigt oder in Schienenrichtung beweglich. So können die DLR-Forscher auch einen Seitenaufprall korrekt nachstellen, bei dem das Fahrzeug bewegt wird. An jedem Schlitten befinden sich hochmoderne Datenerfassungssysteme, welche die Beschleunigung, die freigesetzten Kräfte sowie Verformungen messen.