Flughäfen aus der Ferne überwachen – für dieses neuartige Konzept wurde am 07. November 2019 der Manfred-Fuchs-Innovationspreis an zwei Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) verliehen. Dr. Norbert Fürstenau und Jörn Jakobi vom Institut für Flugführung in Braunschweig wurden für ihre Idee und ihren Beitrag bei der Implementierung eines „Remote Towers“, ausgezeichnet.
Der mit 5.000 Euro dotierte Manfred-Fuchs-Preis wird jährlich für eine herausragende wissenschaftliche Leistung, deren Technologie auch für einen Transfer in die Industrie geeignet ist, verliehen.
Dr. Norbert Fürstenau hielt einen Kurzvorträg über die Anfänge
Erfolgreicher Technologietransfer
Die Idee eines abgelegenen oder "virtuellen" Turms wurde bereits im Jahr 2002 erstmals durch die Wissenschaftler am DLR-Institut für Flugführung im Rahmen eines internen Wettbewerbs um neue Technologievisionen formuliert. Damit sollte die Flugsicherung an Flughäfen effizienter und flexibler gestaltet werden. In 2005 wurde der weltweit erste Remote-Tower-Prototyp am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg aufgebaut, um die technische und betriebliche Machbarkeit des Konzepts zu testen. Es folgten mehrere internationale Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Zahlreiche Flugsicherungsorganisationen, wie die schwedische Zivilluftfahrtbehörde (LFV) und die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS), zeigten ihr Interesse. Im Jahr 2014 führte das DLR einen Technologietransfer in die Industrie durch, es lizensierte das Konzept an das österreichische Hightech-Unternehmen Frequentis, den heutigen Industriepartner und Ausrüster der DFS Remote Tower Lösung. Im Jahr 2015 nahm die erste Remote Tower-Installation in Schweden ihren Betrieb auf, die den Flughafen Örnsköldsvik von Sundsvall aus steuert.
Auch die DFS unterstützte frühzeitig die Weiterentwicklung von Remote Tower und entschied sich, die Flughäfen Saarbrücken, Erfurt und Dresden von einem Remote Tower Center in Leipzig aus der Ferne zu überwachen - ein Konzept, das zunächst im Remote Tower Labor des DLR in Braunschweig auf Sicherheit und Betriebsfähigkeit geprüft wurde. Die positiven Ergebnisse unterstützten dieses Konzept und seit Dezember 2018 ist in Saarbrücken der erste internationale Flughafen in Deutschland mit einem Remote Tower System ausgestattet. Die Flughäfen Erfurt und Dresden sollen folgen.
Paradigmenwechsel in der Flugsicherung
Doch die Forscher gehen noch weiter. Sie untersuchen derzeit gemeinsam mit Partnern im europäischen Projekt „Remote Tower for Multiple Airports“, wie ein Fluglotse nicht nur einen, sondern mehrere Flughäfen flexibel aus der Ferne betreuen kann. "Die erfolgreiche Testkampagne und ihre jüngsten Ergebnisse haben gezeigt, dass ‘Multiple Remote Tower‘ in naher Zukunft zu einem tragfähigen Konzept werden kann", sagt Jörn Jakobi, einer der Preisträger. Die Forschung eröffnet den Flugsicherungen damit den Weg zu einem Paradigmenwechsel, bei dem die Flugsicherung an Flughäfen entkoppelt vom Ort und von konventionellen Turmgebäuden stattfinden kann.
Manfred-Fuchs-Preis und die Gesellschaft von Freunden des DLR e.V. - kurz "Freundesgesellschaft"
Die 1972 gegründete Freundesgesellschaft fördert als gemeinnützige Einrichtung die Aufgaben des DLR. Sie bedient sich hierbei der von ihr getragenen Lilienthalstiftung. Die wirtschaftliche Basis hierfür bieten - neben dem Stiftungsvermögen - Spenden und Mitgliedsbeiträge. Im Fokus des Vereins steht, die Notwendigkeit und Bedeutsamkeit der wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Luft- und Weltraumforschung ins Bewusstsein zu rufen, dieses Bewusstsein durch geeignete Maßnahmen zu fördern sowie die wissenschaftlichen Verbindungen und Kontakte des DLR zu anderen wissenschaftlichen Organisationen im In- und Ausland zu unterstützen.