News-Archiv bis 2007
Die fünftausend Meter tiefen Ophir-Schluchten auf dem Mars
27. September 2004
Ophir Chasma, perspektivische Ansicht
In Orbit 334 nahm die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene hochauflösende Stereokamera (HRSC) an Bord der ESA-Mission Mars Express den nördlichen Bereich des großen Grabensystems Valles Marineris mit einer Auflösung von 36 Meter pro Bildpunkt auf. Die Abbildungen zeigen das Ophir Chasma, ein nördliches Paralleltal der Valles Marineris, bei 4 Grad südlicher Breite und 288 Grad östlicher Länge.
Ophir Chasma, perspektivische Ansicht
Ophir Chasma, perspektivische Ansicht
Ophir Chasma, perspektivische Ansicht
Die Ablagerungen und morphologischen Formen im Valles Marineris geben wertvolle Hinweise zu der noch ungeklärten Entstehungsgeschichte des Talsystems. Auf dem Talboden finden sich Anzeichen von vulkanischer Tätigkeit, aber auch eine Überprägung durch Wasser oder gar Vergletscherungen können nicht ausgeschlossen werden.
Ophir Chasma, Farbbild
Ophir Chasma, 3-D-Bild
Ophir Chasma, Schwarz-Weiß-Bild
Mars-Globus: Lage der Ophir-Schluchten
Nach der Geschichtsschreibung war Ophir das östliche Ende der damals im Orient bekannten Welt - Indien oder möglicherweise auch Äthiopien -, zu deren Erkundung König Salomon eine Schiffsexpedition entsandte um das Land Ophir näher zu erkunden.
Der nördliche Steilabbruch des Ophir Chasma erreicht eine Höhe von etwa 5000 Meter. Auf den Bildern deutlich zu erkennen sind nach Süden vordringende Massenbewegungen: Bergrutsche, die durch eine Instabilität am Hang verursacht wurden. Diese Hangrutschmassen schoben sich im südlichen Talgrund bis zu 70 Kilometer in das Ophir Chasma hinein, das im Westen von dem stark gerundeten Bergrücken Baetis Mensa begrenzt wird. Bemerkenswert sind die schollenartigen Bruchstrukturen am Südausgang des zentralen Tales, das so genannte Candor Chaos - derartige "Chaosgebiete" auf dem Mars sind fast ausschließlich mit den Quellregionen großer Ausflusstäler verknüpft.
Topographische Karte: Lage der Ophir-Schluchten
Die perspektivischen Ansichten (Bilder 1 bis 4) und das dreidimensionale Anaglyphenbild (Bild 6, das bei Verwendung einer Rot-Blau oder einer Rot-Grün-Brille einen räumlichen Eindruck der Landschaft liefert) wurden aus dem Nadirkanal, dem direkt nach unten blickenden Sensor der HRSC, und den Stereokanälen berechnet. Die Farbdarstellung (Bild 5) wurde aus den Farbkanälen und dem Nadirkanal der HRSC berechnet. Die Auflösung der Bilder wurde für die Präsentation im Internet verringert.
Eine perspektivische Gesamtansicht des Ophir-Talsystems ist in einer dreidimensionalen Darstellung aus Bilddaten der amerikanischen Viking-Missionen zu sehen (Bild 10), die das Gebiet Ende der 70er-Jahre in einer etwa zehnmal geringeren Auflösung fotografierte.
Gesamtansicht des Ophir-Talsystems
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin) geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Instituten und zehn Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof in Zusammenarbeit mit ESA/ESOC betrieben. Die systematische Prozessierung der HRSC-Daten erfolgt am DLR. Die hier gezeigten Darstellungen wurden von der PI-Gruppe am Institut für Geologische Wissenschaften der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.