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News-Archiv 2010

Vulkanische Ablagerungen und See-Sedimente am Nordwestrand des Kraters Schiaparelli auf dem Mars

10. Dezember 2010

 Senkrechte Draufsicht auf den Nordwestrand des Kraters Schiaparelli in Schwarzweiß
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 Blick von West nach Ost über einen mit Ablagerungen gefüllten Krater am Rand des Schiaparelli-Einschlagbeckens
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Der Krater Schiaparelli ist ein großes Einschlagbecken im zentralen Marshochland mit einem Durchmesser von etwa 460 Kilometern. Er befindet sich in Äquatornähe im östlichen Teil der Region Terra Meridiani. Die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf der ESA-Raumsonde Mars Express betriebene hochauflösende Stereokamera HRSC (High Resolution Stereo Camera) hat am 15. Juli 2010 im Orbit 8363 den Westteil des Schiaparelli-Kraters mit einer Auflösung von circa 19 Metern pro Bildpunkt aufgenommen. Die Abbildungen, die Spuren von Winderosion, aber auch von vulkanischen Ablagerungen und See-Sedimenten erkennen lassen, zeigen hiervon einen Ausschnitt bei 0 Grad Breite und 14 Grad östlicher Länge.

 Senkrechte Draufsicht auf den Nordwestrand des Kraters Schiaparelli in Farbe
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Benannt wurde das Einschlagbecken nach dem italienischen Astronomen Giovanni Schiaparelli (1835 bis 1910), der für seine Beobachtungen von Merkur und Venus, vor allem aber für die Beschreibung von so genannten "canali" (Kanälen) auf dem Mars bekannt wurde: Schiaparelli sah 1877 durch sein Teleskop ein Netzwerk von geradlinigen Strukturen auf der Marsoberfläche, für die er das italienische Wort "canali" verwendete. Ins Englische übersetzt, war dann von "channels" die Rede, die folglich als künstliche Kanäle interpretiert wurden. Dies verursachte einen enormen Wirbel, da plötzlich die Möglichkeit diskutiert wurde, dass hoch entwickelte Kulturen auf dem Mars globale Netzwerke von künstlichen Kanälen anlegen würden. Die Internationale Astronomische Union (IAU) gedenkt Personen, die sich bei der Erforschung planetarer Körper verdient gemacht haben, indem zum Beispiel Krater nach ihnen benannt werden.

Im Schiaparelli-Becken existierte einmal ein See

 Anaglyphenbild des Nordwestrandes des Schiaparelli-Einschlagkrater
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Die hier vorgestellte Szene zeigt den nordwestlichen Teil des Schiaparelli-Kraters mit dem Kraterrand, einem Teil des Kraterbodens und das umgebende Hochland; bedingt durch die Aufnahmetechnik der HRSC und der polaren, in Nord-Südrichtung orientierten Umlaufbahn von Mars Express ist auf den senkrechten Draufsichten auf die Region Norden rechts im Bild. Das gezeigte Gebiet hat eine Größe von 190 Kilometern in Nord-Süd-Richtung und 90 Kilometern von Osten nach Westen und ist mit einer Fläche von etwa 17.000 Quadratkilometern nur wenig größer als Thüringen. Das Innere des Kraters ist durch mehrere geologische Prozesse stark verändert worden. Die Entstehung der auffallend ebenen Fläche wird durch eine Abfolge von erstarrter, dünnflüssiger Lava und so genannten lakustrinen Sedimenten interpretiert, also Ablagerungen, die sich auf dem Grund eines Sees gebildet haben.

Im Bildausschnitt 1 sind die Überreste dieser Sedimente zu sehen. Sie zeigen sowohl helle, als auch dunkle Farbtöne, was auf unterschiedliches Material hindeutet. Kleinere Einschlagkrater wurden zum Teil "geflutet" und mit Sedimenten aufgefüllt; an manchen Stellen ist eine Schichtung der Ablagerungen erkennbar.

 Senkrechte Draufsicht auf den Nordwestrand des Kraters Schiaparelli - Erläuterungen ausgewählter Gebiete
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Die Sedimente, aus denen sich die Oberfläche der Ebene im Krater Schiaparelli zusammensetzt, wurden ebenfalls verändert (Bildausschnitt 2). Hier hat die Erosion durch Wind oder Wasser scharfe Konturen wie zum Beispiel ein kleines, geringmächtiges Plateau links unten in diesem Bildausschnitt hinterlassen. Die anhaltende und erosive Kraft des Windes hat an anderen Stellen Oberflächenmaterial abgetragen und eine Vielzahl runder, abgeschliffener Hügel hinterlassen, sowie durch Ablagerung der mit Windkraft transportierten Sand- und Staubpartikel Dünen aufgehäuft. Aus diesem Grund erscheint die Oberfläche an Orten, an denen zuletzt die Kräfte der Erosion vorherrschten, rau und dort, wo eine Ablagerung der feinen, durch Wind transportierten Sedimente stattfand, sanft und eben - zum Beispiel in Nähe der Dünen.

 Höhenkodierte topographische Bildkarte vom Nordwestrand des Kraters Schiaparelli
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Bei der Betrachtung des gesamten Bildes fällt der Blick auf den 42 Kilometer großen Krater, der sich auf dem inneren Kraterrand des Schiaparelli-Einschlagbeckens befindet (Bildausschnitt 3) und der deshalb jünger als der Krater Schiaparelli ist. Auch das Innere dieses fast 2000 Meter tiefen Kraters ist mit Sedimenten verfüllt. Im nördlichen Teil scheinen diese Sedimente eine Terrasse zu bilden, wohingegen im Zentrum eine Struktur zu erkennen ist, die einem Flussdelta ähnelt. Diese Struktur scheint zum Teil aus gerundeten, hellen Hügeln zu bestehen. Dunkles, ebenfalls durch den Wind transportiertes Material wurde vorzugsweise im südlichen Teil des Kraters abgelagert. Dünenfelder verdeutlichen hier wiederum große Materialumlagerungen durch Wind.

 Blick von Südost nach Nordwest über den Rand des Schiaparelli-Einschlagbeckens
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Die Farbansicht wurde aus dem (senkrecht blickenden) Nadirkanal und den vor- und rückwärts blickenden Farbkanälen der High Resolution Stereo Camera erstellt, die Schrägansichten wurden aus Bildern der Stereokanäle der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Verwendung einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die Schwarzweißbilder sind Nadiraufnahmen, die von allen Bildaufnahmen die höchste Auflösung haben. Die höhenkodierte Bildkarte wurde aus dem digitalen Geländemodell abgeleitet, das aus den Nadir- und Stereokanälen errechnet wurde.

Über die HRSC

 Topographische Übersichtskarte der Umgebung des Kraters Schiaparelli
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Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Institutionen und zehn Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung des PI G. Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die Darstellungen wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.


Kontakt
Lena Fuhrmann
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Kommunikation

Tel.: +49 2203 601-3881

Fax: +49 2203 601-3249


Zuletzt geändert am: 16.12.2010 10:50:20 Uhr
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