Messgeometrie des Aeolus-Satelliten
Die Aeolus-Mission
Die Kenntnis der Windgeschwindigkeit ist sowohl für die Wettervorhersage als auch für die Klimaforschung von entscheidender Bedeutung. Daher haben Experten der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) der globalen Messung von Wind-Höhenprofilen in den letzten Jahren stets die höchste Priorität zugemessen. Im August 2018 hat die europäische Raumfahrtagentur ESA nach einer Entwicklungszeit von 16 Jahren den Satelliten Aeolus ins All gestartet. Benannt nach dem griechischen Gott der Winde, trägt der Satellit das revolutionäre Instrument ALADIN – das erste europäische Lidar und das weltweit erste Doppler-Windlidar im Weltraum überhaupt. Es besteht im Wesentlichen aus einem gepulsten, ultravioletten Laser, einem Spiegelteleskop mit einem Durchmesser von 1,50 Meter und einem hochempfindlichen optischen Spektrometer.
Aeolus-Windmessung des Sturmtiefs Sabine am 10.02.2020 mit Windgeschwindigkeiten über 300 km/h in 10 km Höhe
Die ausgesandten Laserpulse werden in der Atmosphäre an Luftmolekülen, Aerosolen und Wolkenpartikeln gestreut, so dass ein geringer Anteil zum Satelliten zurückkehrt. Wird die Luft bei der Streuung durch den Wind bewegt, verursacht der Dopplereffekt einen Frequenzunterschied zwischen ausgesandten und zurückgestreuten Laserpulsen. Daraus kann die Windgeschwindigkeit abgeleitet werden, während die Laufzeit der Pulse die Höheninformation in sich trägt. So können globale Windprofile vom Boden bis in Höhen von 30 km mit einer Auflösung von 0.5 km bis 2 km und einer Genauigkeit von etwa 2 m/s bis 5 m/s erfasst werden.
Neben der Erprobung der neuartigen Technologie fließen die vom Satelliten gelieferten Winddaten direkt in die Wettervorhersagen ein, wodurch große Datenlücken im globalen Beobachtungssystem, vor allem über den Ozeanen und den Tropen geschlossen werden.
Partner des Aeolus Data Innovation and Science Cluster (DISC)
Die für die Ableitung von Windprofilen aus den Rohdaten von ALADIN benötigten Algorithmen und Prozessoren wurden dabei von einem internationalen Team aus den DLR-Instituten IPA und IMF, den Firmen DoRIT, ABB, S&T und Serco, sowie mehreren europäischen Wetterdiensten (ECMWF, Météo-France, KNMI) entwickelt. Im Rahmen des Aeolus Data, Innovation, and Science Clusters (DISC) ist eben jenes internationale Team unter der Leitung des DLR-IPA auch weiterhin für die Überwachung der Datenqualität, die Weiterentwicklung der Prozessoren und für Studien zum Einfluss von Aeolus-Daten auf die Wettervorhersage verantwortlich. Bereits ein Jahr nach dem Start des Satelliten brachten die Wissenschaftler des Aeolus DISC die Datenqualität auf ein solch hohes Niveau, dass das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) einen positiven Einfluss der Aeolus Daten auf seine Wettervorhersage zeigen konnte. Seit dem 9. Januar 2020 werden daher die Aeolus-Daten am ECMWF nun in der tagtäglichen Wettervorhersage verwendet. Weitere Wetterdienste wie auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) bereiten die Verwendung der Aeolus-Daten gerade vor.
Validierungskampagnen
Die technische und wissenschaftliche Funktionsweise des Satelliteninstruments wurde bereits im Vorfeld der Aeolus-Mission mit einem Prototypen des Direktempfang-Doppler-Windlidars, dem ALADIN airborne demonstrator (A2D) nachgewiesen. Das vom DLR und Airbus entwickelte Instrument wurde auf mehreren Kampagnen an Bord des Forschungsflugzeuges Falcon eingesetzt, um beispielsweise den nordatlantischen Jetstream genau zu vermessen. Damit konnten schon vor dem Start der Satellitenmission das Messprinzip validiert, die Betriebsprozeduren optimiert und die Auswertealgorithmen verbessert werden.
Instrumentierung der DLR-Falcon mit dem kohärenten 2-µm-Doppler-Windlidar und dem A2D
Seit dem Start von Aeolus im August 2018 wurden drei Flugkampagnen zur Validierung des Satelliteninstruments in unterschiedlichen Phasen der Mission durchgeführt. Dabei kam neben dem A2D auch das 2-µm-Doppler-Windlidar auf der Falcon zum Einsatz. Während die ersten beiden Kampagnen im November 2018 und Mai 2019 von Oberpfaffenhofen aus starteten, befand sich die Basis der dritten Validierungskampagne in Keflavík, Island. Im Rahmen der drei Kampagnen wurden insgesamt 20 Satellitenunterflüge durchgeführt, wobei Windmessungen über eine Strecke von mehr als 15000 Kilometern entlang des Satellitenmesspfades vorgenommen wurden. Die gewonnenen Vergleichsdaten ermöglichen die Beurteilung der Qualität der Aeolus-Datenprodukte unter verschiedenen Bedingungen bezüglich Jahreszeit, geographischer Region sowie Bodenalbedo, Wolkentypen und atmosphärischer Dynamik. Die Validierungskampagnen leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Verfeinerung der Datenprozessoren und damit zur Verbesserung der Qualität der Satellitendaten. Weitere Kampagnen sind während der Missionsphase vorgesehen, bei der neben den Winddaten auch Aerosol-Parameter validiert werden sollen, welche Aeolus als Nebenprodukt liefert.
Flugtracks der DLR-Falcon während der Aeolus-Unterflüge im Rahmen der Validierungskampagne AVATARI (Aeolus validation through airborne lidars in Iceland) im Herbst 2019 in Keflavík, Island