Am 15. Juli 2000 begann vom nord-russischen Raketenstartplatz Plesetzk aus die lange Reise des deutschen Kleinsatelliten CHAMP. CHAMP steht dabei für CHAllenging Minisatellite Payload. Seine Aufgabe war es nach Abschluss der mehrmonatigen Test- und Anpassungsphase seit Mai 2001 das Erdmagnetfeld und das Erdschwerefeld zu vermessen sowie Daten für die Fernerkundung der Atmosphäre und Ionosphäre zu liefern. Diese permanenten Messungen aus dem All bringen den Wissenschaftlern am GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam und anderen Wissenschaftlern in der ganzen Welt wertvolle Daten, die zur Erklärung vieler geowissenschaftlicher Phänomene sowie zur Verbesserung der Klimaforschung genutzt werden.
Obwohl der bei Astrium in Deutschland gebaute Satellit nur für eine 5-jährige Betriebsphase ausgelegt war, konnte im Juli 2010 das 10. Lebensjahr gefeiert werden. Die in einem Low Earth Orbit immer noch leicht vorhandenen Störkräfte bewirkten, dass der Satellit am 19.9.2010 in die Erdatmosphäre eintauchte und dort beim Wiedereintritt um 12:10 (MESZ) hoch über dem Ochotskischen Meer vollständig verglühte.
Im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum GSOC in Oberpfaffenhofen war der Satellit über die vielen Jahren in guten Händen. Der Verantwortliche für den CHAMP-Missionsbetrieb, Dipl.-Ing. Klaus Gnadl, verstand es in exzellenter Weise, das Betriebsteam im Kontrollzentrum Oberpfaffenhofen sowie in den beiden angeschlossenen DLR-Bodenstationen in Weilheim und Neustrelitz zu führen. Da die Daten auch für amerikanische Wissenschaftler von höchstem Interesse sind, konnte das DLR aufgrund eines Kooperationsvertrags mit der NASA in wichtigen Phasen auch NASA-Antennen einsetzen. So kann der mehr als 10-jährige Betrieb in fast 59000 Orbits mit mehr als 12000 Bodenkontakten wahrlich als voller Erfolg gewertet werden.
Der Science Operation System Manager des GFZ vor Ort in Oberpfaffenhofen, Franz-Heinrich Massmann, sowie Carsten Falck und Ludwig Grunwaldt (beide im GFZ Potsdam via Email und Telefon) haben mit dem GSOC-Flugbetriebsteam die Mission CHAMP über all die Jahre hinweg begleitet. Jeder Wunsch seitens GFZ, den Satelliten zu kommandieren oder Software hoch zuladen, wurde über insgesamt 773 Uplink Requests (d.h. Anweisungen, die an den Mission Operation System Director Gnadl gingen) umgehend und problemlos erfüllt.
Vor dem Start von CHAMP hatte das GSOC erstmals das Central Checkout System (CCS) als Teil der Satellitentestsystems bereitgestellt und für den Satellitenbauer vor Ort im Rahmen der Satellitentests betrieben. CCS ist quasi eine Kompaktversion des Missionsbetriebssystems im GSOC. Des Weiteren wurde, darauf aufbauend, das GSOC-Konzept des "Integrierten Teams" (d.h. Experimentatoren, Vertreter der Industrie und die GSOC-Betriebsmannschaft) im Kontrollraum für Betriebsvorbereitung und Inbetriebnahme verwirklicht.
Beides führte zu einem durchgetesteten Bodensystem sowie zu einem gut zusammenspielenden und realistisch trainierten Gesamtteam, so dass in der Zeit kurz nach CHAMP-Start, einige Stunden nach der Akquisition des Satelliten einer der Ingenieure des Satellitenherstellers im Kontrollraum bemerkte: "Das ist ja wie in der Testphase, als der Satellit in der Halle nebenan stand - man merkt gar nicht, dass der jetzt im Orbit ist!"
Für den damaligen Projektleiter, Peter Mühlbauer, war diese Feststellung eigentlich das frühe Highlight der CHAMP-Mission. Er sah sich darin bestätigt, dass das GSOC mit neuen Konzepten auf dem richtigen Weg war.
Das gilt auch für den Routine-Betrieb im und rund ums GSOC. CHAMP war den Betriebsleuten und den Operateuren im Laufe von über 12000 Stationskontakten regelrecht ans Herz gewachsen. So konnten die Ingenieure, die auf Rufbereitschaft waren, auch von zuhause CHAMP-Echtzeitdaten und die Eingaben der Operateure am Kommandoterminal überwachen. Über Telefon wurde mit dem Operateur vor Ort im Kontrollzentrum Oberpfaffenhofen Kontakt aufgenommen. CHAMP-Bodenbetrieb machte fast süchtig! Wie oft ermahnte die eine oder andere Ehefrau ihren Gatten, als er immer wieder der Faszination des Echtzeitbetriebs daheim erlag: "Kannst Du es nicht einmal einen Tag lang ohne deinen Vogel aushalten?"