Plasmen sind elektrisch geladene Gase, die beispielsweise in Leuchtstoffröhren verwendet werden. Komplexe Plasmen enthalten zusätzlich Partikel (Staubteilchen) von wenigen Mikrometern Größe. Diese kleinen Teilchen laden sich im Plasma negativ auf und bilden aufgrund ihrer elektrostatischen Wechselwirkung Flüssigkeits- und Kristall-ähnliche Strukturen aus. Da die Abstände der Partikel zueinander sehr groß sind (bis zu einem Millimeter), können sowohl die individuellen Teilchen, als auch die von ihnen gebildeten Strukturen mit dem bloßen Auge beobachtet oder mit einer Videokamera aufgezeichnet werden. Komplexe Plasmen sind daher einzigartige Modellsysteme, bei denen das Verhalten einzelner "Atome" bei physikalischen Vorgängen, wie etwa dem Schmelzen, Erstarren oder Durchlaufen einer Welle, direkt untersucht werden kann.
Von der Erforschung komplexer Plasmen erhofft man sich umfangreiche Einblicke nicht nur in die grundlegenden Fragen der Physik von Plasmen, Festkörpern und Flüssigkeiten, sondern auch in das Potential für technologische Anwendungen mikrometer- und nanometer-großer Partikel in der Industrie. Bei Laborversuchen auf der Erde drückt jedoch die Schwerkraft die Staubteilchen nach unten, so dass die Teilchenwolken vertikal gestaucht, also regelrecht flachgedrückt werden. Um die Kristallstruktur in ungestörtem Zustand untersuchen zu können, sind daher Experimente in Schwerelosigkeit unerlässlich.
Die Forschungsgruppe Komplexe Plasmen am DLR (ehemals am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik) entwickelt im Rahmen des Projektes PlasmaLab eine neue Plasmakammer, welche als Labor 2019 zur Internationalen Raumstation ISS starten soll, um dort den Wissenschaftlern für fünf Jahre als Forschungsplattform zur Verfügung zu stehen. Auf der ISS wird bereits seit 2001 in Kooperation mit dem russischen Institut für Hochenergiedichten in Moskau kontinuierlich mit verschiedenen Experimentaufbauten auf dem Gebiet komplexer Plasmen geforscht, jedoch ergeben sich immer wieder neue Fragestellungen, die mit dem neuen Labor beantwortet werden sollen.
Auf diesem Parabelflug wird die neuartige Plasmakammer getestet: die "Zyflex"-Kammer (abgeleitet von den Worten "zylindrisch" und "flexibel") hat eine anpassbare innere Geometrie und erlaubt somit eine Vielzahl von Experimentszenarios. Beim Parabelflug spielt sowohl die Erprobung von technischen Lösungen im Hinblick auf den zukünftigen Experimentaufbau für die ISS eine Rolle, als auch die Untersuchung diverser wissenschaftlicher Fragestellungen.
In dieser Kampagne werden die Wissenschaftler untersuchen, in welchem Bereich die Ladung der ins Plasma eingebrachten Partikel mit speziell angefertigten Elektroden gezielt gesteuert werden kann, und welche Auswirkungen dies auf die Teilchendynamik mit sich bringt. Weiterhin werden neue Aufnahmeverfahren für eine Echtzeit-3D-Diagnostik der Teilchenbewegung getestet, und es sind Versuche zu turbulenten Strömungen und dem Einfluss der Plasmahomogenität auf das Teilchensystem geplant.