Der Saturnmond Enceladus ist ein spannendes Ziel für die Suche nach Leben im Weltall. Unter seiner Oberfläche, die aus einem Eispanzer besteht, befinden sich große Wasservorkommen, in denen Wissenschaftler lebende Kleinstorganismen vermuten. Eine Raumfahrtmission, der Enceladus Explorer (EnEx), soll dies untersuchen.
Doch die technischen Herausforderungen sind enorm: Ist es auf der Erde noch relativ einfach, Eissonden kontrolliert zu steuern, so müssen Systeme, die auf fernen Himmelskörpern eingesetzt werden, weitestgehend autonom arbeiten können. Im Projekt EnEx-RANGE (Robuste autonome Akustische Navigation in Gletscher-Eis) entwickeln Wissenschaftler der RWTH Aachen daher ein Ortungsnetzwerk von autonomen Schmelzsonden. Die Sonden des Netzwerkes lokalisieren sich gegenseitig über akustische Signale.
Jede Netzwerksonde ist mit Sende- und Empfangseinheiten ausgestattet. Mittels wechselseitigem Signalaustausch kann so automatisiert die Position jeder einzelnen Sonde im Eis sehr genau bestimmt werden. Flexible, leistungsfähige Datensysteme erfassen die Signale, steuern die Eindringtiefe der Sonde in das Eis und bewerten die Messdaten. Wichtig sind bei den Untersuchungen vor allem zwei Dinge: eine optimale Qualität der Ortungsleistung und eine möglichst gleichmäßige Abdeckung des Untersuchungsgebiets. Um dies trotz möglicher Störungen und Ausfälle sicherzustellen optimiert jede Schmelzsonde selbsttätig ihre eigene Position im Eis.
Ein Eis-Maulwurf hilft bei der Exploration
Eingesetzt werden soll das RANGE-System vor allem bei der Lokalisierung, Ortung und Navigation des EnEx-IceMole (zu Deutsch Eis-Maulwurf) - einer Einschmelzsonde, die im Eis manövrieren, Wasserproben aus Eisspalten entnehmen und zur Oberfläche transportieren kann. Der EnEx-IceMole wurde im Enceladus-Explorer-Projekt des DLR Raumfahrtmanagements entwickelt. In diesem Projekt wurden von sechs deutschen Hochschulen im Zeitraum Februar 2012 bis März 2015 erste technologische Grundlagen für die zukünftige EnEx-Raumfahrtmission erarbeitet.
Bei einer Probebohrung, die im November 2014 in der Antarktis stattfand, konnte die Position des EnEx-IceMoles im Gletschereis aus Laufzeitmessungen akustischer Signale bestimmt werden. Die Signale wurden dabei von Schallgebern an der Gletscheroberfläche gesendet und von Empfängern im EnEx-IceMole registriert. Durch Umrechnung der gemessenen Signallaufzeiten in Entfernungen und anschließende Trilateration bestimmten die Wissenschaftler die Position der Sonde.
Mit Ultraschall die Umgebung erkunden
Im Projekt RANGE wird dieses akustische Ortungssystem nun weiterentwickelt. Ziel ist es hierbei, die Sensitivität zu steigern und die Elektronik trotz Leistungssteigerung zu verkleinern. Dabei soll das System zukünftig ein sich selbst optimierendes und dreidimensional im Eiskörper verteiltes Ortungsnetzwerk aufbauen. Auch das im Schmelzkopf des EnEx-IceMole integrierte Ultraschallsystem soll verbessert werden. Es ermöglicht der Sonde, vorab Hindernisse wie Steine und Hohlräume oder aber interessante Regionen wie wassergefüllte Spalten im Eis aus der Distanz zu erkennen. Solche Spalten sollen gezielt angefahren und das darin enthaltene Wasser eingehend auf Mikroorganismen untersucht werden.
Spezielle Ultraschallarrays scannen bei dieser Vorfelduntersuchung - ähnlich wie beim medizinischen Ultraschall - mit gerichteten Schallsignalen die Umgebung und empfangen die an Strukturübergängen entstehenden Echos. Aufbauend auf den Ergebnissen des vorangegangenen Projekts EnEx wird nun in EnEx-RANGE die Qualität der Daten durch leistungsfähigere Hardware verbessert. Durch den Einsatz optimierter Algorithmen sollen zudem noch mehr Informationen aus den Daten gewonnen werden.
Tests in Schwimmhalle und Alpengletscher
Regelmäßige Testmessungen in Wasser und Eis ermöglichen Wissenschaftlern und Ingenieuren, das RANGE-System innerhalb kurzer Zeit zu erproben und Schritt für Schritt zu verbessern. Die Tests finden in den Einrichtungen der RWTH Aachen, der Aachener Ulla-Klinger-Schwimmhalle, im Rursee bei Simmerath und auf dem Hintereisferner, einem Gletscher in Österreich, statt.
Im Projekt RANGE kooperieren innerhalb der RWTH Aachen das III. Physikalische Institut und das Institutscluster IMA/ZLW & IfU, bestehend aus dem Lehrstuhl für Informationsmanagement im Maschinenbau IMA, dem Zentrum für Lern- und Wissensmanagement ZLW, und dem An-Institut für Unternehmenskybernetik e.V. IfU. Das Projekt ist Teil der EnEx-Initiative der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR und wird von diesem mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.