Das einzellige Augentierchen Euglena gracilis kommt in heimischen Süßgewässern vor und nutzt verschiedene äußere Reize wie Licht oder Schwerkraft zur Orientierung innerhalb der Wassersäule. Eine Geißel, die am Kopfende des Einzellers entspringt, sieht einer Peitsche ähnlich und dient der Fortbewegung. Aufgrund der Fähigkeit, Licht und CO2 zur Energiegewinnung (mittels Photosynthese) zu nutzen, orientiert sich Euglena primär anhand von Lichtintensitäten innerhalb der oberen Bereiche eines Gewässers. In Situationen, in denen kein Licht vorhanden ist, kann Euglena die Schwerkraft nutzen, um innerhalb der Wassersäule den Weg nach oben zu finden.
Die Fähigkeit von Euglena gracilis Schwerkraft wahrzunehmen ist dabei nicht ganz trivial. Höher entwickelte Lebewesen, wie etwa der Mensch, benötigen komplexe Systeme wie das Innenohr zur Wahrnehmung. Das Augentierchen hat dafür nur eine einzige Zelle zur Verfügung. Wie ist das also möglich?
Frühere Forschungsergebnisse zeigten, dass Euglena aktiv die Schwerkraft zur Orientierung nutzen kann. Während die Zellen in Dunkelheit entgegen der Schwerkraft nach oben schwimmen, kann dieses Verhalten durch hohe Salzkonzentrationen oder die Bestrahlung mit Starklicht umgekehrt werden. Die Zellen schwimmen dann entlang des Schwerkraftreizes nach unten. In Situationen mit reduzierter Schwerkraft, wie sie etwa während eines Parabelfluges auftreten, fehlt den Zellen eine Orientierungshilfe. Sie schwimmen in Dunkelheit daher unorientiert in alle Richtungen.
Neben den zahlreichen Erkenntnisse über das Schwimmverhalten von Euglena gracilis, soll nun ein Blick in die Zelle hinein helfen, dieses Verhalten besser zu verstehen. Der Parabelflug wird genutzt, um Euglena bei unterschiedlichen Schwerkraftverhältnissen, wie sie bei den Parabeln auftreten, zu untersuchen. Die Zellen werden während des Fluges chemisch fixiert und in anschließenden Laboranalysen daraufhin untersucht, welche Moleküle in der Zelle bei der Orientierung anhand der Schwerkraft eine Rolle spielen. Frühere Untersuchungen haben bereits einige Hinweise darauf gegeben, welche Moleküle in diesem Zusammenhang besonders interessant sind.
Durch diese Untersuchungen können neue Einblicke in die molekularen Mechanismen gewonnen werden, die bei der Orientierung von Euglena gracilis eine Rolle spielen. Des Weiteren ergänzen sie verschiedene andere Experimente mit Euglena gracilis unter Schwerelosigkeit und reduzierter Schwerkraft (z.B. Projekt Eu:CROPIS).