Die thermische Ausdehnung von Schmelzen der Halbleiter Silizium und Germanium sowie von Legierungen dieser Elemente werden von Wissenschaftlern am I. Physikalischen Institut der Georg-August-Universität Göttingen untersucht. Die Forschungsergebnisse sind vor allem von Bedeutung für die Grundlagenforschung, aber auch für die Messung von thermophysikalischen Daten als Grundlage für die Simulation von Schmelzen. Die Halbleiterindustrie verwendet Kristalle, die aus solchen Schmelzen gewachsen werden, für die Herstellung integrierter Schaltkreise, die als „Chips“ in fast jedem elektronischen Gerät zu finden sind.
Die Halbleiter Silizium und Germanium schmelzen erst bei Temperaturen um oder weit über 1.000 Grad Celsius und weisen eine hohe Reaktionsfreudigkeit auf. Daher können diese Schmelzen nicht in den üblichen Tiegeln untersucht werden, da sie mit jedem Tiegelmaterial eine chemische Verbindung eingehen würden. Abhilfe schaffen hier berührungsfreie Positionierverfahren unter Schwerelosigkeit. Dazu wird die Probe in ein elektrisches Spulensystem gebracht, das mit seinem hochfrequenten elektromagnetischen Feld dafür sorgt, dass die Probe kontaktfrei positioniert und aufgeschmolzen werden kann („elektromagnetische Levitation“). Während die Probe abkühlt, wird sie optisch mit einer hochauflösenden Kamera aufgenommen; anschließend werden die Bilder mit Hilfe digitaler Bildverarbeitung analysiert und das Volumen und die thermische Ausdehnung bestimmt.
Im Vordergrund in der Parabelflugkampagne im September 2016 stehen für unsere Gruppe Messungen an zwei Germanium-reichen hochdotierten Legierungsproben mit der Zusammensetzung Si10Ge90 und Si35Ge65. Diese Proben sind für weitergehende Experimente auf der Internationalen Raumstation (ISS) vorgesehen. Bei den Parabelflügen sollen Vorexperimente zum Verhalten der Proben in der elektromagnetischen Levitationsanlage und erste Messungen thermophysikalischer Größen durchgeführt werden.
Die Experimente werden im Rahmen des Projektes „Thermische Eigenschaften von Schmelzen von Si, Ge und Si-Ge-Legierungen: Experimente auf der ISS im MSL-EML" vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie über das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bonn gefördert.