Die sogenannte Mikrozirkulation bezeichnet den Blutfluss auf der kleinsten Ebene des Blutgefäss-Systems. Die Mikrozirkulation hat eine große Bedeutung für den menschlichen Organismus. Sie stellt ein wichtiges Blutreservoir dar, beeinflusst den Blutdruck, fördert den Wärmeaustausch und transportiert Sauerstoff und lebenswichtige Nährstoffe zu den Zellen.
In der Schwerelosigkeit herrschen besondere Umgebungsbedingungen. Es kommt hierbei zu den unterschiedlichsten Anpassungsreaktionen des menschlichen Organismus. Die Arbeit von Astronauten sowie Jetpiloten ist nicht nur körperlich sehr anstrengend, sondern erfordert auch ein hohes Maß an Konzentration und Genauigkeit. Nur ein exzellenter körperlicher und geistiger Gesundheitszustand erlaubt die Teilnahme an Projekten unter diesen Umgebungsbedingungen. Grundlage für eine effektive Versorgung aller Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen ist ein funktionstüchtiges Herzkreislaufsystem. Wie oben beschrieben, bezeichnet die Mikrozirkulation genau die Ebene des menschlichen Herzkreislaufsystems, auf der der Austausch eben dieser Nährstoffe statt findet. Eine funktionstüchtige Mikrozirkulation ist Voraussetzung für ein funktionstüchtiges Herzkreislaufsystem.
Unsere Forschungsvorarbeiten bei kritisch kranken Patienten auf Intensivstation haben gezeigt, dass die Messung der Mikrozirkulation am Zungengrund Rückschlüsse auf die Gesamt-Durchblutung und Kreislaufsituation des Patienten zulässt. Zu den weltweit modernsten Methoden der Messung der Mikrozirkulation gehört die sogenannte Intravitalmikroskopie mittels des Microscan®-Mikroskops. Dies ist ein spezielles Hand-Mikroskop, etwa der Grösse eines modernen Smartphones. Verbunden mit einem handlichen Tablet können hiermit Bilder der Zungengrund-Durchblutung als Video-Format in Echtzeit angezeigt und abgespeichert werden. Aufgrund der hochkomplexen zu Grunde liegenden Software dauert dieser Vorgang nur wenige Sekunden. Diese Methodik ist weltweit einzigartig. Im klinischen Einsatz im Rahmen unserer Vorarbeiten, wie oben beschrieben, hat sich diese Methode zur Einschätzung der Kreislaufsituation bereits bewährt und vielversprechende Ergebnisse gezeigt.
In den letzten Jahren bildeten auf Parabelflügen Forschungsvorhaben zu verschiedensten Themen der menschlichen Physiologie Schwerpunkte. Indes gibt es bisher nur wenig Forschungserkenntnisse zur Kreislaufdynamik unter diesen Bedingungen. Im Rahmen dieser Studie soll die Mikrozirkulation in der Schwerelosigkeit gemessen werden. Die Parabelflug-Kampagne des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) bildet hierfür eine exzellente Plattform.
Ziel ist es, wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, über die Herzkreislauf-Physiologie unter diesen Bedingungen. Die Erkenntnisse dieser Studie könnten zukünftig helfen, zusätzliche diagnostische Möglichkeiten zu entwickeln, um Personen mit erhöhtem Risiko für Kreislaufstörungen unter diesen Bedingungen identifizieren zu können und vorhersehbaren Kreislaufstörungen frühzeitig vorzubeugen. Hierdurch könnte die Flugsicherheit von Astronauten und Jetpiloten möglicherweise entscheidend verbessert werden.