Dieses Vorhaben ist ein Life Science Experiment. Es untersucht die Bewegungssteuerung bei sich spontan verändernden Gravitationsbedingungen. Ziel ist es, zu verstehen ob und wie schnell das Zentrale Nervensystem die plötzlich veränderte Gravitationsbedingung wahrnimmt, die Muskelkontraktion justiert, die Steifigkeit des Muskelsehnenkomplexes einstellt und die Motorik für eine effiziente Bewegung in verschiedenen Gravitationsleveln zwischen 0,1 und 1,8g koordiniert. Das wissenschaftliche Ziel des Antrags ist die Untersuchung der neuromuskulären Kontrolle und der resultierenden mechanischen Bewegungsteuerung bei spontaner Veränderung der Gravitationsbedingungen.
Die Untersuchungen werden anhand zweier ausgewählter Testparadigmen in Anlehnung an die Lokomotion vollzogen: dem Drop Jump und dem Drop Landing. Im Speziellen soll geklärt werden, ob und wie die systematische Veränderung von Gravitationsbedingungen vom zentralen Nervensystem antizipiert, unter der Kontrolle des Zentralen Nervensystems über Modifikationen der Muskelaktivität kompensiert und über Adaptation der Muskel-Sehnen-Steifigkeit bewältigt werden können. Mittels vier spezifischer Methoden sollen daher die folgenden neuromuskulären und mechanischen Kernkomponenten unmittelbar vor dem Auftreten auf den Boden sowie innerhalb der Reflexphase nach initialem Bodenkontakt in Abhängigkeit der Gravitation untersucht werden: die antizipative neuronale Ansteuerung der Skelettmuskulatur mittels Elektromyographie, die Anpassung der Steifigkeit des tendo-muskulären Systems mittels Ultraschall, die Bodenreaktionskräfte mittels Dynamometrie sowie die Gelenkmechanik des Sprung-, Knie- und Hüftgelenks mittels 2D-Bewegungsanalyse.
Die wissenschaftlichen Erfolgsaussichten für die humanwissenschaftliche Weltraumforschung betreffen vor allem neue Erkenntnisse über die Fortbewegung des Menschen bei Variation weltraumrelevanter Bedingungen. Hinsichtlich zukünftiger Flüge zum Mars und Mond ist das Wissen über die Anpassungsfähigkeit des menschlichen motorischen Systems von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht missions-kritische Aufgaben zu bewältigen. Eine große Anschlussfähigkeit ist zudem durch die Anwendung beim Astronautentraining zur Vorbereitung auf der ISS oder auf interplanetaren Langzeitmissionen gegeben.
Mögliche Anwendungsfelder der gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen in der Konzeption einer integrierten Countermeasure-Intervention für Aufenthalte in der Schwerelosigkeit und auf unseren Nachbarplaneten. Ferner könnten sie in das Sicherheitsmanagement für Astronauten integriert werden, wie etwa in der Sturzprophylaxe zur Verletzungsminimierung. Außerdem können die gewonnenen Erkenntnisse zum fundamentalen Verständnis von menschlicher Bewegung auch für die Menschen auf der Erde von Nutzen sein: sie können in die Entwicklung von Trainingsgeräten und Trainingsprogrammen einfließen, die v.a. im Bereich der Rehabilitation Anwendung finden könnten.