Das kontaktlose Prozessieren flüssiger Metalle unter reduzierter Schwerkraft eignet sich besonders zur Messung der Viskosität und Oberflächenspannung reaktiver Metalle bei hohen Temperaturen. In der elektromagnetischen Prozessieranlage TEMPUS (Tiegelfreies Elektromagnetisches Prozessieren unter Schwerelosigkeit) werden metallische Proben durch hochfrequente elektromagnetische Felder induktiv geheizt und kontaktlos positioniert. Die 20 Sekunden reduzierter Schwerkraft während einer Parabel sind ausreichend, um eine Probe von typisch sieben mm Durchmesser aufzuschmelzen, in die flüssige Phase aufzuheizen und nach Abschalten des Heizers wieder zur Erstarrung zu bringen. Während der nahezu kräftefreien Abkühlung in der flüssigen Phase werden Oberflächenschwingungen der Probe durch Pulse des Heizfeldes angeregt, die mit einem digitalen Videosystem aufgenommen und analysiert werden. Aus der Frequenz der Oberflächenschwingung können die Oberflächenspannung und aus der Dämpfung der Schwingung die Viskosität (Zähigkeit einer Flüssigkeit) als Funktion der Temperatur erhalten werden. Von Interesse sind eine Vielzahl unterschiedlicher Legierungen. Zum einen handelt es sich um industrielle Metalllegierungen, deren Eigenschaften in der flüssigen Phase, wie zum Beispiel die Viskosität, die Oberflächenspannung und die Dichte zur Modellierung von verschiedenen Prozesstechnologien benötigt werden. Für den Parabelflug in 2019 sind dies Schmelzvorgänge (Vakuum Lichtbogenschmelzen, Elektronenstrahlverdampfung) und Gussprozesse (Strangguss). Auf dem Parabelflug werden in 2019 von uns die beiden folgenden Legierungen untersucht:
Hf - Ni10% Zirkon- und Hafnium-Legierungen werden für Bauteile eingesetzt, die eine lange Lebensdauer bei hohen Betriebstemperaturen und in korrosiver Umgebung aufweisen müssen. Thermophysikalische Eigenschaften von diesen hochreaktiven, hochschmelzenden Elementen sind nur schwer zu erhalten und Literaturwerte existieren nur für die Reinelemente Zirkon oder Hafnium, nicht aber für die industriell relevanten Legierungen. Die ermittelten Daten der temperaturabhängigen Viskosität und Oberflächenspannung werden als Eingangsdaten für numerische Prozessmodelle benötigt, um den Schmelzprozess (Vakuum Lichtbogenschmelzen, Elektronenstrahlverdampfung) zu optimieren.
PtCuNiP Metallische Gläser sind aufgrund ihrer besonderen mechanischen Eigenschaften im Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen. Neben herkömmlichen Gussverfahren können für metallische Gläser auch thermische Umformungsverfahren zur Anwendung kommen, wofür die temperaturabhängige Viskosität des metallischen Glases für eine optimale Prozessführung bekannt sein muss. Die PtCuNiP-Legierung ist ein Pt-basierter metallischer Glasbildner, der aufgrund hoher Korrosionsbeständigkeit, guter Biokompatibilität und hoher mechanischer Festigkeit für verschiedene industrielle Anwendung von hohem Interesse ist. Die erhaltenen Daten von Oberflächenspannung und Viskosität werden benötigt um die numerische Prozessmodellierung eines Strangguss-Verfahrens zur Herstellung von PtCuNiP Stäben zu optimieren.
Die hier vorgeschlagenen Legierungen und Messungen sind Teil des ThermoProp/ThermoLab Projektes und wurden in Zusammenarbeit mit industriellen Partnern vorgeschlagen. An dem Projekt, das an der Universität Ulm koordiniert wird, sind industrielle Partner und wissenschaftliche Gruppen aus Europa, China und den USA beteiligt.