Flüssige Systeme wie metallische Schmelzen unterscheiden sich grundlegend von Festkörpern und Gasen. So haben in metallischen Schmelzen sowohl die Struktur als auch die Dynamik einen Einfluss auf das physikalische Verhalten und die Beziehung dieser beiden Größen zueinander bestimmt viele Prozesse, wie die Erstarrung kristalliner Phasen oder die Stabilität der Schmelze. Dabei ist die Nahordnung der Atome, welche sich aus den verschiedenen Atomgrößen und deren Wechselwirkungen ergibt, von zentraler Bedeutung. Das Ziel dieses Versuchs ist es, den Einfluss dieser Nahordnung auf die Dynamik in binären Zirkonium-Titan Legierungen Schmelzen zu untersuchen.
Titan und Zirkonium sind Metalle derselben Übergangsgruppe im Periodensystem. Binäre Zr-Ti Verbindungen sind untereinander komplett mischbar und sind die Basis diverser Legierungen mit besonderen Eigenschaften. Zum Beispiel kann bei der Zusammensetzung Zr50Ti50 durch die Zugabe von Nickel eine quasikristalline Struktur eingestellt werden. Diese besonderen Strukturen besitzen eine Nah-, aber keine Fernordnung und sind Gegenstand des Nobelpreises für Chemie 2011. Warum Schmelzen quasikristallin erstarren wird anhand der Zr39.5Ti39.5Ni21 Legierung aktuell im Elektromagnetischen Levitationsofen (EML) im Columbus-Modul der Internationalen Raumstation (ISS) untersucht.
Experimente mit Neutronenstreuung zeigen, dass in Zr-Ti Schmelzen die Nahordnung primär durch die unterschiedlichen Atomgrößen von Titan und Zirkonium bestimmt wird. Ein wichtiges Maß der Dynamik von Flüssigkeiten ist die Viskosität, also die Zähflüssigkeit der Schemlze. Allerdings erweist sich die Messung der Viskosität von Zr-Ti Schmelzen als äußerst schwierig und ist mit den gängigen stationären Methoden unmöglich, da diese Schmelzen bei den relevanten Temperaturen abdampfen.
Die TEMPUS-Anlage an Board des A310 ZERO-G Parabelflugzeug bietet die einmalige Möglichkeit Zr-Ti Schmelzen ohne Abdampfen tiegelfrei zu prozessieren und die Viskosität unter kräftefreien Bedingungen in Schwerelosigkeit zu messen. Der Vergleich mit reinem Zr und Ti, sowie der Zr39.5Ti39.5Ni21 Zusammensetzung, wird zu einem umfassenden Verständnis beitragen, welchen Einfluss die strukturelle Nahordnung auf die Dynamik von Schmelzen und der Formation quasikristalliner Strukturen hat.