Schwerkraft prägt die Architektur von Pflanzen. Die Wurzel beugt sich der Schwerkraft zu, der Spross biegt sich von der Schwerkraft ab und andere Organe, wie Seitenwurzeln, wachsen in einem definierten Winkel vom Gravitations-vektor ab. Wurzelgravitropismus erfordert eine intakte Wurzelspitze. Die Columella-Zellen in der Wurzelspitze sind der Ort der Schwerkraftmessung. Die Stärke-Statolith-Hypothese fasst Wahrnehmungsmechanismen zusammen, bei denen die Signalwahrnehmung durch fortschreitende Sedimentation von Statolithen erfolgt. Diese Mechanismen gehen davon aus, dass die Sedimentation von Statolithen entweder durch direkten Kontakt oder über das Zytoskelett zur Öffnung mechanosensitiver Kanäle führt, oder über Protein-Protein-Wechselwirkungen eine Signalkaskade induziert.
Es besteht jedoch eine zeitliche Inkonsistenz zwischen der Kinetik der Sedimentation von Statolithen und den ersten messbaren Reaktionen. Die vollständige Sedimentation von Statolithen erfordert etwa 5 Minuten. Molekulare Reaktionen wie Membrandepolarisation, Konzentrationsänderungen im zytoplasmatischen Inositol-1,4,5-triphosphat (IP3) oder zytosolische Konzentrationsänderungen von Calciumionen (siehe auch GECO Projekt) wurden innerhalb von Sekunden nach einem Gravitationsreiz gemessen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine fortgeschrittene Sedimentation von Statolithen keine Voraussetzung für die anfängliche Wahrnehmung des gravitropen Stimulus ist.
Ziel dieses Parabelflugexperiments ist es, die frühesten Signalereignisse in Pflanzen nach dem Einsetzen der Schwerelosigkeit mit Hilfe der Phosphoproteomanalyse zu identifizieren und mutierte Pflanzen mit Wildtyp- und Amyloplastensedimentationsmangel zu vergleichen. Pflanzen werden dabei während der Hyper-g-Phase und in der Schwerelosigkeitsphase während der ersten Parabel mit Methanol fixiert. Zurück im Labor werden Proteine extrahiert, Phosphopeptide mittels Titanoxid-Anreicherung angereichert und mittels markierungsfreier quantitativer Proteomik analysiert. Phosphorylierungsänderungen werden durch MS1-Extraktionsionenchromatogramme quantifiziert.
Die Experimente sind Grundlagenforschungsexperimente und sollen unser Verständnis der frühen Mechanismen fördern, die der Wahrnehmung und Anpassung der Schwerkraft in Pflanzen zugrunde liegen. Ein Verständnis davon, wie ein Gravitationssignal in einen bestimmten gravitropen Sollwinkel (GSA) übersetzt wird, würde langfristig auch die Züchtung kompakterer Pflanzen ermöglichen und dadurch den Ertrag erhöhen, indem Pflanzen enger beieinander wachsen können.