Die Technik des elektromagnetischen Levitierens bietet die Möglichkeit, Metalle und elektrisch leitende Legierungen behälterfrei zu untersuchen und somit Reaktionen zwischen der Probe und dem Tiegel auszuschließen. Dazu wird die Probe in einer Spule durch ein elektromagnetisches (sich zeitlich veränderndes) Wechselfeld positioniert (levitiert) und durch die induzierten Wirbelströme erhitzt und aufgeschmolzen (Prinzip eines Induktionskochfeldes).
Im Erdlabor werden starke elektromagnetische Wechselfelder benötigt, um nach der Lenz’schen Regel eine Lorentz Kraft zu erzeugen, die die Erdanziehungskraft überwindet und die Probe zum Schweben bringt. Dies wiederum bewirkt neben der gravitationsbedingten natürlichen Konvektion und der Marangoni-Konvektion (Konvektion aufgrund von Temperaturunterschieden auf der Probenoberfläche) zusätzliche Flüssigkeitsströmungen sowie eine Deformation der flüssigen Probe. Um die Probe abzukühlen und zur Erstarrung zu bringen (eventuell bis unter den Schmelzpunkt), muss sie einem Gasstrom ausgesetzt werden, was zusätzliche Störungen und vor allem Verunreinigungen hervorrufen kann.
Experimentiert man jedoch in der Schwerelosigkeit, so sind zum einen nur wesentlich geringere Kräfte zur Positionierung der Probe innerhalb der Spule erforderlich. Zum anderen aber kann das elektromagnetische Heizfeld nach Aufschmelzen der Probe abgeschaltet werden, sodass die inneren Flüssigkeitsströmungen in dem Metalltropfen stark unterdrückt werden. Damit wird eine wesentlich exaktere Messung wichtiger thermo-physikalischer Größen möglich.
Durch vergleichende Experimente in Schwerelosigkeit und auf der Erde werden schwerkraftgetriebene Phänomene wie Konvektion, Sedimentation und Auftrieb der experimentellen Bestimmung zugänglich, was eine Voraussetzung für die Entwicklung physikalischer Modelle zur quantitativen Beschreibung von Erstarrungsvorgängen darstellt. Die Modellierung von technischen Prozessen für ein Materialdesign aus der Schmelze erfordert die Messung der notwendigen thermophysikalischen Parameter (Dichte, Viskosität, elektrische Leitfähigkeit und thermische Ausdehnung) und die Kenntnis der grundlegenden Mechanismen von Keimbildung und Wachstum.
Die von Airbus Defence and Space und DLR im Auftrag des DLR Raumfahrtmanagements entwickelte Parabelfluganlage TEMPUS bietet (neben dem elektromagnetischen Levitator, der im Jahre 2014 auf der internationalen Raumstation ISS in Betrieb genommen wurde) die Möglichkeit, sorgfältig ausgewählte Schlüsselexperimente unter Schwerelosigkeit durchzuführen. TEMPUS wird regelmäßig auf Parabelflügen eingesetzt, um Wissenschaftlern das Experimentieren unter Weltraumbedingungen zu ermöglichen.
Die Anlage wird seit 8 Jahren vom DLR Institut für Materialphysik im Weltraum betrieben. Sie wurde in dieser Zeit kontinuierlich weiterentwickelt und umfassend modernisiert.
Ein Fokus der TEMPUS-Experimente im Zuge der 35. DLR Parabelflugkampagne ist die von der ESA beauftragte Qualifizierung von Probensystemen für den Einsatz im elektromagnetischen Levitator (EML), welcher am European Drawer Rack (EDR) im europäischen Columbus-Modul auf der Internationalen Raumstation (ISS) betrieben wird. Dabei stehen sowohl das Validieren der sicheren Handhabung beim Levitieren und Prozessieren im Fokus, als auch der Nachweis der Erzeugung von wissenschaftlich relevanten Daten. Darunter fallen die Probensysteme TiNbZrFeTa, FeCB, ZrCoAl, ZrCuAlNb, NiFeAlCr, NiFeCoAlCr, TiZrNi, AlNi, ZrPd, Fe-O, Pt sowie L331 mit internationaler Beteiligung von Forschungseinrichtungen und Wissenschaftlern. Exemplarisch werden bei den Einzelbeschreibungen u.a. die Projekte ICOPROSOL und THERMOLAB näher vorgestellt.