17. bis 27. Juni 2003
Optospektroskopische Detektion der Primär-Reaktionen während der Gravitropischen Krümmung von Phycomyces
Ausgangspunkt der Experimente ist die Frage, warum Pflanzen - wie etwa eine 15 Meter hohe Kiefer - nahezu "kerzengerade" in den Himmel wachsen. Antwort: Sie wachsen exakt entgegen der Schwerkraft (Geotropismus). In Deutschland und weltweit arbeitet eine überschaubare Zahl von Forschern an dieser Frage der "Gravirezeption". Zunächst muss der "Schwerkraftvektor" in Richtung und Stärke erkannt und zwingender Weise danach in ein erstes biochemisches/biophysikalisches Signal übersetzt werden. Dieser Vorgang ist als Sensorische Transduction bekannt.
Um dieses zu erhellen, benutzen die Wissenschaftler statt einer langsam wachsenden Kiefer den Sporenträger des schnell wachsenden Pilzes Phycomyces, der gegenüber verschiedenen Reizen wie Licht, Schadgasen und besonders der Schwerkraft außerordentlich empfindlich ist. Die "Bewegung nach oben" findet im Minutenmaßstab statt, die Sensorische Transduktion selbst jedoch im Sekundenmaßstab, ist also prinzipiell im Parabelflug erfassbar.
Auf dieser Grundlage konnten die Wissenschaftler während ihrer ersten Parabelflüge im März 2002 mit Hilfe eines eigens entwickelten, hochempfindlichen Spezial-Spektrophotometers (MDWS) Gravitations-induzierte Absorptionsänderungen (GIACs) nachweisen. Diese lassen sich als Redoxänderungen der bekannten Elektronen-Transport-Pigmente von Flavin nach Cytochrom interpretieren und spiegeln offenbar die gesuchte Primärreaktion wider - analog zu den wenn auch unterschiedlichen Absorptionsänderungen, die bei Licht-induzierter Krümmung beim Phototropismus gemessen wurden.
Während der letzten DLR-Kampagne 2002 konnten die Wissenschaftler zum einen diese Ergebnisse bestätigen und durch Einsatz entsprechender Mutanten absichern, zum anderen auf höhere Pflanzen (Hafer und Ackerschmalwand) ausdehnen. Ferner führten sie erfolgreich das erste "free floating experiment" durch, wobei sie nachwiesen, dass unter "freischwebenden Bedingungen" die "schnelle Schwerkraft-Belastung" praktisch auf Null verringert wird. In dieser DLR-Kampagne wird erstmals ein innovatives Mini-Rapid Scan Spektrometer (MRSS, eigenes Patent) eingesetzt, um die spektrale Verteilung der in den ersten beiden Kampagnen gemessenen "schnellen" GIACs (gravity induced absorption changes) zu erkunden. Entsprechend sollen die beiden Lichtquellen (LEDs) für das MDWS gezielt selektiert werden. Bisher wurde in Anlehnung an die "langsamen" GIACs aus erdgebundenen Versuchen blau und rot als geeignete Wellenlängen gewählt.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. P. GallandPhilipps-Universität Marburg
Prof. Dr. W. SchmidtUniversität Konstanz
Der Einzeller Euglena gracilis - "Nanotechnik" im Reinformat
Das mikroskopisch kleine Leben im Wassertopfen birgt eine gemeinhin unbekannte Fülle an Lebewesen, welche zum Teil trotz ihrer Winzigkeit erstaunliche Fähigkeiten haben. Viele dieser winzigen Organismen bestehen aus nur einer Zelle und sind trotzdem in der Lage, sich zu bewegen und auf verschiedene Umweltreize wie beispielsweise Licht, Temperatur, Schwerkraft und chemische Reize zu reagieren.
Während mehrzellige Organismen spezielle Sinnesorgane zur Reizwahrnehmung entwickelt haben (etwa Augen, Ohren, Schweresensoren), die meistens über mehr oder weniger komplizierte Nervenverbindungen mit einer Steuereinheit (Gehirn oder Ganglion) verschaltet sind, ist die komplette Sensorik und auch die Aktuatorik bei Einzellern in einer einzigen Zelle integriert. Eines dieser Multitalente, der einzellige Flagellat (Geißeltierchen) Euglena gracilis wird am Lehrstuhl für Ökophysiologie der Pflanzen in Erlangen seit längerem intensiv untersucht.
Dieser nur etwa 50 Mikrometer große, auch als Augentierchen bekannte Organismus kann sehr genau die Helligkeit messen und auch die Lichtrichtung exakt wahrnehmen. Mit Hilfe einer langen Schleppgeißel am Vorderende schwimmen die Zellen zum Licht hin, beziehungsweise bei gefährlich hoher Einstrahlung vom Licht weg. Die Erforschung des Photorezeptors von Euglena gracilis hat gezeigt, dass dieser mit einem bis dahin noch völlig unbekannten Mechanismus funktioniert. Daneben sind die Zellen auch in der Lage sich anhand von chemisch-physikalischen Gradienten (etwa Nährstoffe und Sauerstoff) zu orientieren.
Ein Verhalten, das die Wissenschaftler untersuchen wollen, ist der Mechanismus, mit dem die Zellen die Schwerkraft wahrnehmen können und sich anhand dieser orientieren können. Im Dunklen schwimmen die Zellen stets in Richtung Wasseroberfläche – ein Bewegungsverhalten, welches als negative Gravitaxis bezeichnet wird. Genauere Untersuchungen der Gravitaxis zeigten, dass Euglena gracilis die Schwerkraft aktiv wahrnimmt. Das heißt, spezielle Rezeptoren ermöglichen es der Zelle, die Position bezüglich des Schwerefelds der Erde zu bestimmen und das Bewegungsverhalten entsprechend auszurichten.
Die Wahrnehmung des Schwerereizes bei Euglena gracilis funktioniert nach unseren bisherigen Erkenntnissen wahrscheinlich ähnlich wie im menschlichen Innenohr, nur dass die gesamte Signalwahrnehmung und die daran anschließende Signaltransduktionskette in ein und derselben Zelle ablaufen. Neben der Messung verschiedener physiologischer Parameter, wie der intrazellulären Calciumkonzentration und des Membranpotentials, welche sich, wie bereits früher gezeigt wurde, bei wechselnder Beschleunigung ändern, wird diesmal auch eine 3-D-Bildverarbeitung geflogen, mit der die komplizierten Bewegungsbahnen von Euglena gracilis dreidimensional rekonstruiert werden können.
Es soll untersucht werden, ob sich diese Bewegungsbahnen bei unterschiedlichen Beschleunigungen verändern. Die Analyse der Bewegungsbahnen ermöglicht eine Lokalisierung der Schweresensoren in der Zelle, da die Zellen nur dann mit einer kurzen Reorientierungsbewegung reagieren, wenn der Schweresensor eine definierte Lage zur Zelllängsachse und zum Beschleunigungsfeld hat. Die Experimente sind ein wichtiger Beitrag, die zellulären und molekularen Grundlagen der Gravitaxis aufzuklären und die hochintegrierte "Nanotechnik" von Einzellern genauer zu verstehen.
Prof. Donat-P. HäderInstitut für Botanik und Pharmazeutische BiologieFriedrich-Alexander Universität, Erlangen
Einfluss der Gravitation auf Aktionspotentiale gemessen am Regenwurm
Aktionspotentiale (AP) stellen die Grundeinheit der biologischen Informationsverarbeitung dar. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit und Auslösbarkeit, sowie der zeitliche Verlauf der Potentialänderung sind mit die wichtigsten Parameter zu ihrer Charakterisierung, die durch verschiedene Faktoren, wie etwa Pharmaka, beeinflusst werden können. Die Wirkung kleiner externe Kräfte, zu denen auch die Gravitation gehört, auf APs ist aber noch wenig beschrieben und soll hier genauer untersucht werden.
Die Grundlage eines APs stellen spannungsaktivierte Ionenkanäle dar. Am Beispiel anderer Ionenkanäle wurde gezeigt, dass diese gravitationsabhängig sein können. Propagierende APs haben außerdem die Eigenschaften sich ausbreitender Wellen in erregbaren Medien. Die Abhängigkeit der Eigenschaften solcher Wellen von der Gravitation wurde an anderen Beispielen bereits gezeigt.
APs an Regenwürmern lassen sich gut unter schwierigen experimentellen Bedingungen untersuchen. Die notwendige elektrophysiologische Technik ist im Labor sehr gut etabliert. Daher werden Regenwürmer speziell als Versuchobjekt für den Schulversuch dienen. Der Versuch soll den Schülern die Möglichkeit geben, selbständig relevante wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen.
Die Frage der Abhängigkeit der Eigenschaften von Aktionspotentialen von der Gravitation zu klären, ist für die bemannte Raumfahrt von großem Interesse, da praktisch alle physiologischen Funktionen (auch mentale) über APs gesteuert werden. Eine Abhängigkeit von APs von der Gravitation würde außerdem auf weitere Abhängigkeiten wie beispielsweise von elektromagnetischen Feldern, hindeuten.
Prof. Dr. W. HankeInstitut für PhysiologieUniversität Hohenheim, Stuttgart
J. SchwertnerWilhelms-Gymnasium, Stuttgart-Degerloch
Einfluss der Gravitation auf Aktionspotentiale gemessen an isolierten Axonen des Regenwurms
Die Arbeitgruppe arbeitet an einem weiteren Experiment mit isolierten Axonen des Regenwurms. Die Messung der Eigenschaften von Aktionspotentialen (APs) an intakten Organismen ist oft von vielfältigen Störeinflüssen beeinträchtigt, speziell unter schwierigen Versuchsbedingungen. Hier bieten isolierte Axone ideale Bedingungen, um reproduzierbare Experimente durchführen zu können. Regenwürmer sind wegen ihrer leichten Beschaffbarkeit und Haltung für die Parabelflug-Experimente ideale Objekte, zumal sich ihre Axone mit vertretbarem Aufwand präparieren lassen.
Die Frage der Abhängigkeit der Eigenschaften von Aktionspotentialen von der Gravitation zu klären, ist für die bemannte Raumfahrt von großem Interesse, da praktisch alle physiologischen Funktionen (auch mentale) über APs gesteuert werden. Eine Abhängigkeit von APs von der Gravitation würde außerdem auf weitere Abhängigkeiten wie etwa von elektromagnetischen Feldern, hindeuten. Die Experimente an isolierten Axonen zusammen mit denen an intakten Organismen (Schülerexperiment) sollen Erkenntnisse für eine Unterscheidung zwischen molekularen und systemischen Mechanismen einer Gravitationsabhängigkeit von APs bringen.
Einfluss von Mikro- und Hypergravitation auf die Signalverarbeitung in Nervenzellen
Nervenzellen funktionieren und überleben, wie jede Zelle unseres Körpers, längerfristig nur dann, wenn sie mit spezifischen chemischen Faktoren wie Transmittersubstanzen, Hormonen, Wachstumsfaktoren, Zelloberflächen- oder Matrixmolekülen versorgt werden beziehungsweise in Kontakt bleiben. Hierbei ist entscheidend, dass die Nervenzellen in der Lage sind, diese chemischen Signale zu erkennen und richtig zu verarbeiten, das heißt in physiologisch notwendige und lebenserhaltende Zellreaktionen umzusetzen (Signaltransduktion).
Ziel des Projektes ist es zu hinterfragen, ob bei veränderter Gravitation (Mikro- und Hypergravitation) fundamentale Prozesse dieser Signaltransduktion wie unter normalen Schwerkraft-Bedingungen ablaufen oder in irgendeiner Weise beeinträchtigt sind. Für die Untersuchungen wird ein gut charakterisiertes Zellkultursystem menschlicher Neuroblastomzellen eingesetzt, das es erlaubt, auch unter Parabelbedingungen (gegebenenfalls auch im Raketenflug oder Space Shuttle) gezielt und reproduzierbar Einzelschritte einer cholinergen (= Acetylcholin-induzierten) Signalverarbeitung zu studieren.
Bei der letzten Parabelflugkampagne 2002 und ergänzt durch noch laufende Laborexperimente in der Zentrifuge und im Klinostat ergab sich, dass bei wechselnden Gravitationsbedingungen sowie bei 1,8g-Hypergravitation die Reaktion der Zellen auf eine cholinerge Stimulation - gemessen anhand einer Aktin-vermittelten Veränderung der Zellform (Morphologie) - gegenüber normaler Erdgravitation deutlich verstärkt war.
Bei ieser Parabelflugkampagne sollen zwei wichtige initiale Schritte dieser cholinergen Signalverarbeitung in Schwerelosigkeit und bei wechselnder Gravitation untersucht werden:
Im ersten Fall erfolgen die Kalziummessungen durch direkte Fluoreszenz-Time-Lapse-Video-Aufzeichnungen während des Fluges. Im zweiten Fall werden die Proben während des Fluges stimuliert und fixiert, und die Aufarbeitung erfolgt nach der Landung im Labor. Ergänzt werden auch diese Versuchsreihen durch Boden-Laborexperimente bei normaler Erdschwerkraft, Hypergravitation (Zentrifuge) und Mikrogravitation (Klinostat).
Insgesamt erwarten die Wissenschaftler von dem Projekt Auskunft darüber, ob - wie im Falle von Knochenzellen und Zellen des Immunsystems bereits wahrscheinlich - länger anhaltende Schwerelosigkeit die Funktionsweise von Nervenzellen und damit die des Nervensystems verändert.
Prof. Dr. H. RösnerInstitut für Physiologie/Membranphysiologie und Institut für Zoologie/Zell- u. EntwicklungsneurobiologieUniversität Hohenheim
Reaktionen von Ciliaten (Wimpertierchen) bei variierter Schwerkraft
Einzeller, wie die Wimpertierchen (Ciliaten) Paramecium und Stylonychia zeigen deutliche Reaktionen auf den Schwerkraftreiz. Sie bewegen sich aktiv entgegen der Schwerkraft nach oben (negative Gravitaxis). Dabei sind die Zellen in der Lage, ihre Schwimmgeschwindigkeit abhängig von ihrer Ausrichtung zur Schwerkraftrichtung zu regulieren (Gravikinese). Dadurch erreichen die Einzeller für ihr Überleben optimale Lebensräume.
In den letzten Jahren wurde durch verschiedene Untersuchungen (Experimente bei Mikrogravitation und Hypergravitation, biochemische und elektrophysiologische Experimente) die Frage nach den Mechanismen der Schwerkraftwahrnehmung auf zellulärer Ebene untersucht. Es konnte die Hypothese untermauert werden, dass Ciliaten ihr eigenes Körpergewicht zur Wahrnehmung der Schwerkraftrichtung benutzen. Die Schwerkraft aktiviert so spezialisierte Ionenkanäle in der Zellmembran, wodurch letztlich der Cilienschlag und damit die Fortbewegung der Zelle reguliert wird.
Während der Parabelflüge sollen, unter Ausnutzung abfallender und ansteigender Schwerkraft (1.8 g nach Mikrogravitation und zurück nach 1.8 g bei einer durchschnittlichen Veränderung von 0.36 g pro Sekunde), die Schwellenwerte der Schwerkraftreaktionen ermittelt werden. Die große Anzahl der Parabeln (90 in drei Flügen) in Verbindung mit einer hohen Zellzahl (3.500 Zellen pro Flug) ermöglicht eine statistische Sicherung der Messwerte.
Aus früheren Experimenten weiß man, dass die Einzeller in Schwerelosigkeit eine Zufallsverteilung zeigen und in alle Richtungen gleich schnell schwimmen, ganz im Gegensatz zu der gerichteten Aufwärtsbewegung und der schwerkraftabhängigen Geschwindigkeitsregulation auf der Erde. Während der Parabelflüge wird das Schwimmverhalten der Wimpertierchen Paramecium biaurelia und Stylonychia mytilus auf Videoband aufgezeichnet und später mittels computerunterstützter Bildverarbeitung analysiert. So kann der Übergang von Zufallsorientierung zu gerichteter Bewegung, sowie von gleichförmiger Geschwindigkeitsverteilung zu beschleunigungsabhängiger Geschwindigkeitsverteilung bestimmt werden.
Damit soll nicht nur die Frage geklärt werden, ob Gravitaxis und Gravikinese über denselben Mechanismus gesteuert werden, sondern es kann auch die minimale Aktivierungsenergie von Schwerkraftrezeptoren berechnet werden. Ein Vergleich zwischen den Rezeptortypen bei Einzellern und höher entwickelten Lebewesen, wie etwa Wirbeltieren, wird dadurch möglich. Da die Wimpertierchen Strukturen zur Schwerkraftwahrnehmung nutzen, die in den unterschiedlichsten Zelltypen vorkommen, werden neue Erkenntnisse über die allgemeine Schwerkraftempfindlichkeit von Zellen erwartet. Eine wichtige Frage in der Gravitationsbiologie.
PD Dr. R. HemmersbachInstitut für ZoologieRheinische Friedrich-Wilhelms-Universität BonnundInstitut für Luft- und RaumfahrtmedizinDLR, Köln
Dr. R. BräuckerDLR_School_Lab, Köln
M. KrauseInstitut für Luft- und RaumfahrtmedizinDLR, Köln
Aufnahme von Kalzium im Gleichgewichtsorgan von Fischen und deren Bewegungsverhalten in SchwerelosigkeitWerden Bewegungskrankheiten bei Wirbeltieren (hier: Fischen) durch eine verstärkte Mineralisation im Gleichgewichtsorgan hervorgerufen?
Bewegungskrankheiten des Menschen (Kinetosen, beispielsweise See-, Luft-, Reise- und besonders Raumkrankheit) äußern sich in Orientierungsstörungen und Übelkeit. Frühere Parabelflugexperimente mit Fischen als Modellsystem für Wirbeltiere und damit auch für den Menschen haben ergeben, dass ungleiche ("asymmetrische") Schweresteinchen (Otolithen) oder Sinneszellen im linken beziehungsweise rechten Innenohr die Ursache der Raumkrankheit darstellen dürften. Bei normaler Erdschwerkraft (1g) wird diese Asymmetrie vom Zentral-Nerven-System (ZNS) kompensiert.
Unter veränderter Schwerkraft - insbesondere Schwerelosigkeit - wird die Kompensation nun noch für eine individuell unterschiedlich lange Zeitspanne aufrechterhalten. Dabei kommt es zu einem physiologischen Ungleichgewicht auf den Ebenen von Gleichgewichtsorgan und Hirn und damit zu Verrechnungsstörungen beim Abgleich der schwerkraftrelevanten mit den visuellen Informationen (intersensorischer Konflikt).
Es hängt von der Prädisposition eines Individuums (Mensch, Fisch) ab, ob - und wenn ja, inwieweit - sich eine Bewegungskrankheit ausbildet. Neben der Leistungsfähigkeit des visuellen Systems spielt insbesondere eine Rolle, ob eine besonders hohe Asymmetrie der Otolithen vorliegt. Diese Otolithen bestehen im Wesentlichen aus Calciumcarbonat, wobei dessen Einlagerung in die Steine das ZNS steuert. Damit ist anzunehmen, dass die eigentliche Ursache für Bewegungskrankheiten in einer zentralnervös gesteuerten, asymmetrischen Einlagerung von Calcium begründet liegt.
Im Rahmen der Experimente wollen die Wissenschaftler nun testen, ob die Einlagerung von Calcium in die Otolithen in der Tat besonders bei solchen Individuen asymmetrisch erfolgt, die sich während der Schwerelosigkeits-Phase bewegungskrank verhalten. Solche kinetotischen Tiere schwimmen in Kreisen und taumeln um die Körperachse.
Die technische Realisierung soll erfolgen, indem pro Flugtag 76 larvale Buntbarsche einzeln in kleinen Aquarien gehältert und videographiert werden. Anschließend soll das jeweilige Verhalten mit einer Asymmetrie der Calcium-Einlagerung (zu bestimmen über einen fluoreszierenden Calcium-Tracer) korreliert werden.
Prof. Dr. R. HilbigInstitut für ZoologieUniversität Stuttgart-Hohenheim
Untersuchung der Muskelaktivität beim Training auf einem Fahrradergometersystem in Mikrogravitation
Astronauten, die an länder andauernden Raumflügen teilnehmen, befinden sich für verhältnismäßig lange Zeiträume im Zustand fast vollständiger Schwerelosigkeit. Die fehlende Schwerkraft bewirkt im menschlichen Körper verschiedene, zum Teil nachteilige Effekte. Es stellt sich zum Beispiel eine veränderte Verteilung der Körperflüssigkeiten ein. Weiterhin ergibt sich ein Trainingsdefizit für alle Muskeln, die im Alltag auf der Erde wesentlich bei der Stabilisierung von Körperbewegungen und Körperhaltungen gegen die Schwerkraft beteiligt sind. Als Folge konnten bei Astronauten Veränderungen sowohl der Muskelstruktur als auch der Muskelfunktion nachgewiesen werden.
Im Auftrag des DLR hat die Astrium GmbH in Bremen ein System entwickelt, welches es Astronauten an Bord von Raumfahrzeugen ermöglicht, in Trainingssitzungen die auf der Erde bei aufrechter Körperhaltung durch Gravitation bewirkte Flüssigkeitsverschiebung in den unteren Körperbereich auf andere Weise zu bewirken. In diesem LBNP-System (lower body negative pressure) wird die untere Körperhälfte des Astronauten einem Umgebungsluftdruck ausgesetzt, der gegenüber dem den Oberkörper umgebenden atmosphärischen Druck geeignet abgesenkt ist. Unabhängig von Gravitationskräften erfolgt dadurch eine Flüssigkeitsverschiebung in Richtung des unteren Körperbereichs. Der zukünftiger Einsatz des LBNP-Systems auf der Internationalen Raumstation ISS ist geplant.
In einer Weiterentwicklung wurde das LBNP mit einem speziellen Fahrradergometer ergänzt. Ein Astronaut kann auf diese Weise im LBNP-System gleichzeitig oder alternativ ein gezieltes kardiovaskuläres Training oder ein Training seiner Bein- und Hüftmuskeln durchführen.
Das im Rahmen der Parabelflugkampagne zur Durchführung kommende Forschungsprojekt wurde für die Untersuchung und Bewertung der Effizienz dieses kombinierten LBNP/Fahrradergometer-Systems als Muskeltrainingsgerät in Mikrogravitation konzipiert. Die Wissenschaftler wollen seine Praktikabilität als Ersatz für das natürliche alltägliche Muskeltraining, wie es insbesondere beim normalen Gehen auf der Erde stattfindet, bewertet. Die computerunterstützten elektromyographischen Signalaufzeichnungs- und Signalauswertungsmethoden, die bei diesem Vorhaben weiterentwickelt und in einer praktischen Anwendung erprobt werden, können auch für Muskelfunktionsanalysen in der experimentellen und klinischen Orthopädie sowie in der Physiotherapie und Rehabilitation und in den Sportwissenschaften eingesetzt werden.
Dr. F. BodemOrthopädische Klinik der Johannes Gutenberg - Universität Mainz
Dr. M. LochmannKlinik für Nuklearmedizin der Johannes Gutenberg - Universität Mainz
Prof. Dr. D. RüeggPhysiologisches Institut, Gruppe NeurophysiologieUniversität Fribourg
Peter NobmannEADS Astrium, Bremen
Interactions in Cosmic and Atmospheric Particle Systems - Sehr dichte Aerosole in elektrischen Feldern
Von verschiedenen Seiten her wird die Möglichkeit der Existenz von Gasentladungen im dünnen Gas des entstehenden Sonnensystems diskutiert, die eine Vergleichbarkeit zu Blitzen in irdischen Gewittern aufweisen. Die Erforschung der Möglichkeit und der resultierenden Effekte dieser Blitze könnte Aufschlüsse über physikalische Bedingungen im frühen Sonnensystem geben.
Das erste Experiment beschäftigt sich mit dem elektrischen Durchbruch in einem Aerosol aus Wasserstoff und Festkörperpartikeln. Die für einen elektrischen Durchbruch benötige Spannung ist eine Funktion des Elektrodenabstandes, des Gasdruckes und des Festkörperanteils. Die astrophysikalisch relevanten hohen Staubdichten in Aerosolen sind nur in der Schwerelosigkeit zu erreichen. Während des Experiments wird die benötigte Durchbruchspannung für verschiedene Gasdrücke und verschiedenen Staubdichten ermittelt.
Das zweite Experiment ist ein Vorläuferexperiment für ein künftiges Raketenexperiment zur Staubaggregation im Sonnensystem. Es dient der Erprobung einer Paulfalle zum Einfangen einer Staubwolke und der Beschleunigung der Staubagglomeration. Die Staubagglomeration (Staubzusammenballung) ist eine frühe Phase der Planetenentstehung. Die Paulfalle ist eine elektrische Quadrupolfalle, welche Teilchen mit einem bestimmten Ladungs-zu-Masse-Verhältnis in ihrer Mitte konzentriert.
Unter normalen Gravitationsbedingungen würden die elektrischen Felder, die unter anderem durch den Gasdruck beschränkt sind, nicht ausreichen, die Staubpartikel in Schwebe zu halten. Im Experiment wird eine Staubwolke in die Falle unter verschiedenen Drücken eingebracht und die Effizienz des Konzentrationsprozesses bewertet, indem mit Hilfe von Videoaufnahmen die Bewegung der Teilchen zur Fallenmitte beobachtet wird. Die Wissenschaftler nutzen die Experimente zur Bestimmung sinnvoller Parameter der Falle, wie etwa der nötigen Flugweite der Staubteilchen beim Einbringen oder des Einflusses des Gasdrucks.
Dr. J. BlumAstrophysikalisches InstitutUniversität Jena
Elektrische und Hydrodynamische Koagulation monodisperser Tropfen
In Wettervorhersagen findet sich häufig die Wendung "örtliche Schauer", aber diese Unbestimmtheit ist nicht nur wegen der Größe des Vorhersagegebietes gewollt, sondern spiegelt auch tatsächliche Unkenntnis über Zeit und Ort der Niederschläge wider. Klar ist nur, dass Regen dann einsetzt, wenn einige extrem seltene, große und vergleichsweise schnell fallende Wolkentropfen (im Durchmesserbereich von etwa 100 Mikrometern) verstärkt mit kleineren und daher langsamer fallenden, dafür aber viel häufigeren (im Bereich 20 - 50 Mikrometern) zusammenzustoßen beginnen, denn dabei sammeln sie immer weitere Wolkentropfen ein.
Notwendige Voraussetzungen für die präzise Vorhersage von Niederschlags-Ort und -Zeit sind also die Kenntnis der Wolkentropfen-Größenverteilung sowie der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Tropfen. Das Experiment soll genau diese Wechselwirkungen untersuchen und wegen der normalerweise großen Relativgeschwindigkeit zwischen Tropfen unterschiedlicher Größe ist Mikrogravitation für die Durchführung der Versuche nötig. Infolge der in Wolken häufig starken elektrischen Felder spielt die elektrische Wechselwirkung eine große Rolle und wird daher von den Wissenschaftlern untersucht. Das ist aber nicht der einzige Schwerpunkt.
Jeder Autofahrer kennt den Druck eines überholenden und den Windschatten eines voranfahrenden Wagens, und Ähnliches spielt sich auch zwischen Wolkentropfen ab, ist aber im Detail noch nicht verstanden. Zur Untersuchung dieser Erscheinungen schießen die Forscher Tropfen definierter Größe mit bekannter Geschwindigkeit und elektrischer Ladung in ein Messvolumen und fotografieren die Tropfenwolke mehrfach während der Zeit der Schwerelosigkeit. Aus den beobachteten Bewegungen leiten sie den zeitlichen Verlauf der Kräfte zwischen den Tropfen ab und versuchen diese theoretisch zu erklären. Dabei haben sie immer das Ziel der Erklärung des Regenbeginns im Auge.
Bei den letzten Parabelflugexperimenten 2002 konnte die einwandfreie Funktion der Messapparatur nachgewiesen werden, aber es zeigte sich, dass die Restgravitation nicht hinreichend schnell die Richtung wechselt, so dass die Tropfen meistens aus dem Messvolumen herauswandern. Aus diesem Grund haben die Wissenschaftler für dieses Mal den Versuchsaufbau grundlegend überarbeitet und lassen ihn innerhalb eines Würfels von etwa 160 Zentimern Kantenlänge frei schweben.
PD Dr. W. HolländerFraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin, Hannover
Diagnostische Methoden für Komplexe Plasmen
Plasma ist der Materiezustand, der bei den höchsten Temperaturen auftritt. Trotzdem kann es hierin zur Bildung regelmäßiger, kristallartiger Strukturen kommen. Diese neue, scheinbar paradoxe Welt der "komplexen Plasmen" untersuchen die Wissenschaftler im Labor auf der Erde und unter Schwerelosigkeit.
Nanopartikel und Mikropartikel sind in einem Plasma aus Elektronen und Ionen stets elektrisch aufgeladen. Deshalb können sie bei genügend hoher Ladung durch ihre starke elektrostatische Kopplung regelmäßige, kristallartige Anordnungen annehmen, die als Plasmakristall bezeichnet werden. Gewöhnliche Plasmen sind dagegen schwach gekoppelt. Stark gekoppelte Plasmen findet man auch in der Natur, beispielsweise in weißen Zwergsternen oder im Kern der Riesenplaneten. Solche Plasmen, die Partikel von Submikrometer-Größe enthalten, sind von praktischer Bedeutung für die Erzeugung von Nanopulvern, für die Fertigung von Computerchips oder für die Herstellung neuartiger Solarzellen.
Im Labor werden Plasmakristalle allerdings durch ihr Eigengewicht zu flachen, fast zweidimensionalen Gebilden zusammengedrückt. Nur unter Schwerelosigkeit erwartet man perfekte Raum füllende Kristalle. Mit Hilfe von Parabelflügen kann man bereits sinnvolle Vorversuche zur Bildung von Plasmakristallen durchführen. Die Dauer der Schwerelosigkeit von 20 Sekunden ist jedoch zu kurz, um einen hoch geordneten Kristall zu formen. Hierzu wären mehrere Minuten Schwerelosigkeit nötig.
Die Kieler Versuchsapparatur besteht aus einem Elektronik-Rack mit Hochfrequenz-Generatoren, Motorsteuerungen und zwei Computern für den vollautomatischen Versuchsablauf und die Datenerfassung. Das Experiment-Rack enthält die Plasmakammer, ein Vakuumsystem, Laser, Kameras und die positionierbare Mess-Sonde. Die Kombination aus optischen und elektrischen Messungen gibt Aufschluss über die Dichte und Temperatur des Plasmas, über die elektrischen Felder und die resultierende Anordnung der Mikropartikel. Eine wichtige Frage ist dabei, warum sich im Zentrum des Kristalls spontan ein großer Hohlraum bildet und wie man das vermeiden könnte.
Die Experimente dienen vorrangig zur Erprobung des computergesteuerten Positionier- und Mess-Systems, mit dem eine feine Mess-Sonde gezielt durch das komplexe Plasma geführt wird. Dieses Mess-System stellt eine Vorentwicklung für künftige Experimente auf der International Raumstation dar.
Prof. Dr. A. PielInstitut für Experimentelle und Angewandte PhysikChristian-Albrechts-Universität, Kiel
Untersuchung des Schäumens von Bleischäumen in Schwerelosigkeit
Das Experiment beschäftigt sich mit Metallschäumen. Es handelt sich dabei um ein Blei, das ein Treibmittel enthält. Wenn man das Material zum Schmelzen bringt, expandiert das Treibmittel und es entstehen Blasen innerhalb der Schmelze. Durch Abkühlen unter den Schmelzpunkt wird die Struktur konserviert, wodurch man den so genannten Metallschaum erhält.
Bereits heute werden Metallschäume, hauptsächlich aus Aluminium-Legierungen, im Automobil- und Flugzeugbau eingesetzt, da sie hohe Steifigkeitswerte mit einer relativ geringen Dichte kombinieren (die Dichte liegt im Allgemeinen bei etwa zehn bis 20 Prozent des Ausgangsmaterials). Da Metallschäume zudem sehr viel Stoßenergie absorbieren können, werden sie, vor allem in Automobilen, als hocheffiziente Stoßfänger eingesetzt, um so die Insassen im Falle eines Zusammenstoßes besser zu schützen. Weitere Anwendungen sind der Einsatz für feuerfeste Schalldämmung und chemisch resistente Filter.
Um eine Produktion von Metallschäumen in industrieller Weise mit kontrollierter Porösität und Homogenität zu ermöglichen, ist es wichtig, die Vorgänge während des Schäumprozesses zu verstehen. Zwei Einflussfaktoren sind dabei von entscheidender Bedeutung:
Beide Effekte sind über die Materialeigenschaften miteinander korreliert. Während die Vorgänge in Seifen- und Lebensmittelschäumen jedoch zumindest prinzipiell verstanden sind, gilt dies nicht für metallische Schäume. Tatsächlich ist bislang ungeklärt, warum ein Metallschaum eigentlich stabil ist. Während die meisten Wissenschaftler annehmen, dass die Drainage der Hauptfaktor ist, gehen andere davon aus, dass kleine Teilchen, die in jedem Metallschaum als Verunreinigungen vorhanden sind, die entstehenden Blasen gegen ein Zusammenwachsen schützen.
Wie frühere Experimente gezeigt haben, hängt die Schaumstruktur tatsächlich von der Konzentration solcher Partikel ab. Sind zu wenige Partikel vorhanden, kann man unter normaler Schwerkraft keinen stabilen Schaum herstellen. Unter Schwerelosigkeitsbedingungen wird ein solcher Schaum jedoch stabil und man kann seine Eigenschaften untersuchen. Auf diese Weise konnten wir zeigen, dass die Anwesenheit von Partikeln im Schaum von entscheidender Bedeutung ist und der Einfluss der Scherkraft diese Tatsache lediglich überdeckt.
Für unsere Experimente verwenden wir Blei als Material, da es einen niedrigen Schmelzpunkt und eine hohe Dichte aufweist und somit besonders leicht für Experimente handhabbar ist. Unser experimenteller Aufbau besteht aus zwei Kammern: einer zur Aufbewahrung der Proben (etwa 20x20x2 Kubikmillimeter) und eine Ofenkammer zum Aufschäumen der Proben. Letztere ist auf etwa 250 Grad Celsius vorgeheizt, um definierte Umgebungstemperaturen für jede Probe zu gewährleisten.
Innerhalb des Ofens befindet sich ein Heiztisch, auf dem jeweils eine Probe mittels Infrarotstrahlung geschmolzen und damit zum Schäumen gebracht wird. Während dieses Prozesses werden die Probentemperatur, die Umgebungstemperatur und der Druck gemessen sowie der Prozess mit einer Videokamera beobachtet. Zur Beendigung des Prozesses wird die Probe mit Druckluft gekühlt und somit verfestigt. Die so erzeugten Strukturen werden dann aufgeschnitten und die Porenstruktur mittels Bildanalyse untersucht. Aus dem Vergleich von Ein-Gramm- und Null-Gramm-Proben kann man den Einfluss der Schwerkraft ermitteln.
Dr. St. OdenbachZARM, Universität Bremen
Blasencharakteristik in einem begasten Rührkessel
Begaste Rührkessel finden einen weit verbreiteten Gebrauch in der chemischen Industrie und in der Verfahrenstechnik. Ein optimales Design dieser Reaktoren hängt dabei von Parametern wie generierter Phasengrenzfläche, Verweilzeit der Gasphase und der Gasmenge im System ab. Die Größenverteilung der Blasen, die Gesamtanzahl und die Gasmenge sind durch das Gleichgewicht zwischen Blasenzerschlagung und Blasenverteilung auf Grund des Rührens und der Auftriebskraft bestimmt. Ein Fehlen dieser Auftriebskraft resultiert in einer Dominanz von Oberflächenspannung und Scherkräften.
Das Hauptziel des Experimentes ist daher das physikalische Verständnis von Zwei-Phasen-Systemen unter Mikrogravitation zu verbessern. Unter Einbeziehung der vergangenen zwei Kampagnen sollen in diesem Flug die Phasengrenzflächen bestimmt werden. Um diese berechnen zu können, werden zwei Größen benötigt: Der Sauter Hauptdurchmesser (Sauter mean diameter; SMD/d32) und die eingespeiste Gasmenge.
Der Aufbau besteht aus einem Plexiglaszylinder mit Strömungsbrechern und einem Rührer des Typs Rushton Turbin. Der Kessel ist mit einer Flüssigkeit mit bekannter Viskosität und Dichte befüllt. Der Brechungsindex der Flüssigkeit entspricht dem des verwendeten Plexiglases, um jeglicher optischer Verzehrung vorzubeugen. Eine vordefinierte Gasmenge (hier: Luft) wird in das System eingespeist und während eines Flugtages konstant gehalten. Eine Variation dieser Gasmenge erfolgt zwischen den Flugtagen.
Der Rührer ist, soweit es Größe und Positionierung betrifft, nach DIN 28131 montiert. Da der Energieverbrauch des Rührers zwischen Mikrogravitation und normaler Erdanziehungskraft unterschiedlich ist, wird ein Motor mit Drehmoment-Messung verwendet. So kann auch dieses Phänomen untersucht und gegebenenfalls Zusammenhänge bestimmt werden.
Die optische Messvorichtung besteht aus einem Light Sheet und einer hoch auflösenden CCD Kamera. Die Kamera lässt Videoaufnahmen mit einer Auflösung von 1392x1040 Pixeln zu. Das Light Sheet wird von einer kalten Lichtquelle erzeugt. Diese Messtechnik ermöglicht eine Bestimmung der Größenverteilung der Blasen und somit die Berechnung des SMD. Mit der vordefinierten Gasmenge kann somit eine Aussage über die Phasengrenzflächen in diesem Zwei-Phasen System getroffen werden.
P. HammesTechnische Universität München
TEMPUS
Tempus ist eine wissenschaftliche Experimentanlage für Untersuchungen an flüssigen und unterkühlten Metallen und Legierungen. Die Abkürzung Tempus steht für "tiegelfreies elektromagnetisches Positionieren unter Schwerelosigkeit", was die zugrunde liegende Technik beschreibt. Tempus besteht aus einem Spulensystem, in dem hochfrequente Magnetfelder erzeugt werden.
In diesen Feldern können elektrisch leitende Proben mit typischen Durchmessern von sechs bis zehn Millimetern Größe durch magnetische Induktion zum Schweben gebracht, induktiv erhitzt und geschmolzen werden. Der entscheidende Unterschied dieses Verfahrens zu herkömmlichen Schmelzöfen besteht im behälterfreien Handhaben der in der Schwebe gehaltenen Metallschmelzen, die dadurch nicht mit einem Tiegelmaterial reagieren können. So kann die Schmelze auch unterhalb des Schmelzpunktes bis zu gewissen Temperaturen flüssig bleiben.
Das Verfahren ermöglicht präzise Messungen von Materialeigenschaften der flüssigen Metallschmelze und der festen Probe über einen weiten Temperaturbereich. Durch Kenntnis dieser Materialdaten können beispielsweise technische Prozesse zur Herstellung von Hochleistungs-Legierungen optimiert werden, die in technischen Anwendungen mehr und mehr zum Einsatz kommen. Beispiele hierfür sind amorphe (glasartige) Legierungen, Spezialstähle und Titan-Legierungen.
Unter Schwerelosigkeit sind zur Positionierung der Probe in der Spule schwächere Felder nötig als unter herkömmlichen Bedingungen auf der Erde. So kann der Temperaturbereich, in dem die flüssigen Proben untersucht werden können, unter Umständen zu niedrigeren Temperaturen hin ausgedehnt werden. Des Weiteren findet unter Schwerelosigkeit keine Konvektionsströmung in der flüssigen Probe statt wie es bei der erdgebundenen Levitation unvermeidbar ist. So können die Wissenschaftler die Schmelzen annähernd ungestört beobachten. Was sich wiederum auf die Genauigkeit einiger Messmethoden und die daraus gewonnenen Materialdaten auswirkt.
Während der 5. DLR-Parabelflugkampagne arbeiten sechs Arbeitsgruppen an der Anlage mit verschiedenen Metallen und Fragestellungen:
Untersuchung des Erstarrungsvorganges von Kupfer-Kobalt-Legierungen in Schwerelosigkeit - Unterkühlung und Entmischung
Behälterloses Prozessieren ist eine Methode, die zur Untersuchung der Keimbildung und Erstarrung metallischer Schmelzen angewendet wird. Während die Erstarrung einer Schmelze in einem Tiegel in der Regel am Schmelzpunkt durch Keimbildung an den Tiegelwänden eingeleitet wird, erlaubt das behälterlose Prozessieren eine deutliche Unterschreitung des Schmelzpunktes, die Unterkühlung der Schmelze. Als terrestrische Methode sei die elektromagnetische Levitation genannt, bei der über eine leitfähige Spule elektromagnetische Wechselfelder in der Probe induziert werden, welche die Probe schmelzen und gegen die Gravitationskraft in der Schwebe halten.
Im vorliegenden Experiment werden metastabile Zustände von Kupfer-Kobalt-Schmelzen untersucht, die erst bei einer Unterkühlung von über 100 Grad Celsius unter den Schmelzpunkt - genauer: unter die Liquiduslinie - auftreten. Die homogene Schmelze entmischt in einen Kobalt-reichen und einen Kupfer-reichen Anteil. Auf Grund der hohen Unterkühlung der Schmelze ist die schließlich eintretende Erstarrung äußerst schnell. Dadurch werden die metastabilen Zustände "eingefroren" und können nach dem Experiment im Elektronenmikroskop untersucht werden.
Experimente während der letzten Parabelflugkampagne 2002 demonstrierten bereits den Vorteil der Nutzung der TEMPUS-Anlage in Schwerelosigkeit im Vergleich zur Nutzung terrestrischer Anlagen: Die elektromagnetischen Positionierfelder können im freien Fall erheblich geringer sein. Dadurch wird das Erstarrungsexperiment weniger durch induzierte Wirbelfelder gestört und der Entmischungsvorgang kann besser analysiert werden. Kupfer-Kobalt-Legierungen sind als dünne Schichten für elektronische Speichermedien im Gespräch.
Prof. Dr. I. Egry, Dr. M. Kolbe, Dr. S. ReutzelInstitut für Raumsimulation, DLR, Köln
Die Wechselwirkung von Partikeln mit einer dendritischen Erstarrungsfront in Schwerelosigkeit
Metallische Werkstoffe werden häufig mit keramischen Partikeln verstärkt, um sie hochtemperaturtauglich zu machen. Eine neue und kostengünstige Methode ist die Herstellung des Verbundwerkstoffes direkt aus der Schmelze, die allerdings eine genaue Kenntnis der Wechselwirkung der Erstarrungsfront mit den keramischen Partikeln erfordert. Im vorliegenden Experiment wird das Modellsystem Nickel mit keramischen Partikeln aus Tantaloxid untersucht. Besonderes Interesse kommt der Frage zu, ob die Partikel von der Erstarrungsfront voran geschoben werden oder ob die Front über die Partikel hinwegläuft.
Als Faustregel gilt, dass große Partikel eher eingebaut werden als kleine, wenn man eine bestimmte Erstarrungsgeschwindigkeit betrachtet. Bei variierter Erstarrungsgeschwindigkeit zeigt sich, dass eine Front mit höherer Geschwindigkeit auch kleinere Partikel einbaut. Durch Variation der Unterkühlung der Schmelze vor der Erstarrung lässt sich die Geschwindigkeit der Erstarrungsfront steuern. Die Mikrostruktur der Probe wird "eingefroren" und kann nach dem Experiment im Elektronenmikroskop untersucht werden.
Behälterloses Prozessieren wird zur Untersuchung der Keimbildung und Erstarrung metallischer Schmelzen angewendet. Während die Erstarrung einer Schmelze in einem Tiegel in der Regel am Schmelzpunkt durch Keimbildung an den Tiegelwänden eingeleitet wird, erlaubt das behälterlose Prozessieren eine deutliche Unterschreitung des Schmelzpunktes, die Unterkühlung der Schmelze. In der Regel ist die Geschwindigkeit der Erstarrungsfront von der Unterkühlung der Schmelze abhängig.
Im Vergleich zu terrestrischen Anlagen sind die geringeren elektromagnetischen Positionierfelder in der TEMPUS-Anlage von Vorteil. Durch starke induzierte Wirbelfelder, wie sie bei terrestrischen Anlagen nötig sind, um die Probe gegen die Gravitationskraft in der Schwebe zu halten, werden die Partikel häufig bereits in der Aufheizphase aus der flüssigen Probe herausgeschleudert. In der TEMPUS-Anlage hofft man auf eine schonendere Behandlung der Schmelze und somit auf sehr gut definierte Erstarrungsbedingungen.
Dr. M. Kolbe, Dr. S. Reutzel, D. M. HerlachInstitut für Raumsimulation, DLR, Köln
Einfluss von Flüssigkeitsströmungen auf die Phasen- und Mikrostrukturbildung in Nd-Fe-B-Schmelzen (Neodym-Eisen-Bohr-Legierung)
Die Wissenschaftler wollen die Erstarrung von Nd-Fe-B-Schmelzen untersuchen, die ein komplexes Kristallisationsverhalten in unterschiedliche Festkörperstrukturen aufweisen. Dabei soll der Einfluss von Flüssigkeitsströmungen in der Schmelze auf die Kristallisationskinetik und die Ausbildung der Gefügestrukturen abgeschätzt werden. Solche Konvektionsströme erreichen bei elektromagnetischen Levitationsexperimenten im Erdlabor hohe Geschwindigkeiten bis zu einem Meter pro Sekunde und sind unter Mikrogravitation unterdrückt.
Nd-Fe-B-Legierungen besitzen herausragende, hartmagnetische Eigenschaften, die empfindlich von den Anteilen und der räumlichen Anordnung der verschiedenen magnetischen Festkörperphasen bestimmt sind. In der industriellen Entwicklung und Herstellung werden die strukturellen und magnetischen Eigenschaften durch aufwendige Nachbehandlungen von erstarrten Gusslegierungen eingestellt. Die allgemeine Zielsetzung der Untersuchungen besteht darin, schon bei der Herstellung der Legierung aus dem schmelzflüssigen Zustand die Strukturbildung durch die Prozessparameter, wie die Unterkühlung der Schmelze, die Abkühlgeschwindigkeit und die Zusammensetzung, zu steuern, um Materialeigenschaften zu optimieren und Verarbeitungsschritte einzusparen.
Das Experiment ist Teil eines deutsch-japanischen Kooperationsprojekts, das die Untersuchung der Strukturbildung in speziellen magnetischen Legierungen von Übergangsmetallen (wie Eisen und Kobalt) und Seltenen Erden (wie Neodym, Terbium und Samarium) zum Gegenstand hat. Diese Materialklasse hat in den 80er Jahren einen Sprung in der Entwicklung von neuartigen Hochleistungsmagneten für die technische Anwendung eingeleitet.
Dr. S. ReutzelInstitut für Experimentalphysik IVRuhr-Universität Bochum (RUB)
Dr. T. VolkmannInstitut für Raumsimulation, DLR, Köln
Dr. T. OkutaniMicrogravity Materials LaboratoryNational Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST), Tsukuba, Japan
Bestimmung der Oberflächenspannung und der Viskosität flüssiger Aluminiumlegierungen
Im Rahmen der "Promotion Industrieller Nutzung von Mikrogravitationsforschung" hat die Hydro Aluminium Deutschland GmbH Interesse gezeigt, Mikrogravitationsexperimente zur Verbesserung der eigenen Produktion zu nutzen. In Vorbereitung auf Weltraumexperimente auf der Internationalen Raumstation prüft die Firma Versuchsaufbau und Verlauf mit Hilfe der kostengünstigeren Flugmöglichkeit der Parabelflüge.
Da für ein Industrieunternehmen bei allen Forschungs- und Entwicklungsprozessen der direkte Nutzen und die zügige Abwicklung im Vordergrund stehen und ein zunehmend bedeutender Forschungsbereich die Simulation von Produktionsprozessen, wie etwa das Gießen von Motorblöcken und Zylinderköpfen ist, wurde aus einem weitem Feld von Experimenten das elektromagnetische Positionieren unter Schwerelosigkeit (TEMPUS) ausgewählt. Dies scheint in einem Zeitrahmen von drei Jahren den größten Erfolg zu versprechen.
Aus dem mit Hochgeschwindigkeitskameras aufgezeichneten Dämpfungsverhalten von Schwingungen der Metallkügelchen in Schwerelosigkeit ist die Bestimmung der Oberflächenspannung und der Viskosität der Legierung in Abhängigkeit von der Temperatur möglich. Aluminium weist, als eigentlich unedles Metall, eine hohe Neigung zur Bildung von Oberflächen-stabilisierenden Oxiden auf. Diese verhindern das Durchrosten, aber behindern durch ihre frühe Bildung auch die Untersuchung von freien Oberflächenschwingungen. Daher müssen Aluminium-Legierungen unter Schutzgas untersucht werden und zur Beseitigung der Oxide weit über ihren Schmelzpunkt erhitzt werden.
Da die Schmelztemperatur weit niedriger ist als bei den sonst häufiger auf solche Weise untersuchten Schwermetallen und Legierungen, ist nicht das Überhitzen ein Problem, sondern das Abkühlen in der kurzen Versuchszeit eines Schwerelosigkeitsexperimentes wie einem Raketenflug (vier Minuten Mikrogravitation) oder bei einem Parabelflug (22 Sekunden Mikrogravitation). Für diese Abkühlung wurde innerhalb von drei Monaten ein Düsensystem entworfen, gebaut und während der Parabelflugkampagne im Herbst 2002 mit zwei Aluminium-Legierungen überaus erfolgreich getestet. So war es bereits möglich, erste Schwingungsanregungen auch an schon im Erstarren begriffenen Proben durchzuführen. Die ersten Auswertungen waren bereits sehr Aufschlussreich. Aber Werte für die teilerstarrten Schmelzen konnten noch nicht genau ermittelt werden. Diese sollen durch das Gelernte in dieser Kampagne mit einem optimierten Setup bestimmt werden.
Denn genau dieser Übergangsbereich von flüssig zu fest ist der, für den die thermophysikalische Daten für die Simulation am wenigsten bekannt sind. Hier erwartet sich die HAD den größten Gewinn durch Weltraumforschungen, wie sie später auf der ISS (Internationalen Raumstation) durchgeführt werden können. Für die nähere Zukunft ist zunächst ein Raketenflug anvisiert, für den die Parabelflugdaten entscheidend zur Optimierung der Parameterbestimmung und Anlagenkonstruktion beitragen. Die Arbeiten im Rahmen dieses PIN-Projektes haben der HAD deutlich die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Raumfahrt aufgezeigt.
W. BenderHydro Aluminium Deutschland GmbH, R&D Bonn
Oberflächenspannung und Viskosität von Stahl und Nickel-Basis-Superlegierungen
ThermoLab ist ein europäisches Projekt mit Teilnehmern aus fünf Ländern. Ziel des Projektes ist die Messung der thermophysikalischen Eigenschaften industrierelevanter Metallschmelzen. Die Daten werden für die numerische Simulation industrieller Gieß- und Erstarrungsprozesse benötigt. Anwendungen liegen im Bereich einer Optimierung des Produktionsprozesses, der Verbesserung der Produktqualität und der Optimierung von Gießprozessen für neue metallische Werkstoffe. Das ThermoLab Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie durchgeführt, welche die für sie relevanten Legierungen und zu messenden Eigenschaften für das Messprogramm vorschlagen. Motiviert ist das Programm durch die aufgrund der hohen chemischen Reaktivität bedingten Schwierigkeiten von Messungen an flüssigen Metallproben.
Das Experimentprogramm besteht aus Messungen im Erdlabor mit konventionellen Methoden, Kurzzeitexperimenten unter reduzierter Schwerkraft wie bei dem bevorstehenden Parabelflug und Benchmarkmessungen, welche auf der internationalen Raumstation ISS durchgeführt werden sollen. Während des Parabelfluges sollen die Oberflächenspannung und die Viskosität zweier Nickel-Basis-Superlegierungen und einer Stahlprobe als Funktion der Temperatur gemessen werden. Die Proben wurden von den Projektpartnern ALSTOM Switzerland und CORUS vorgeschlagen.
Nickel-Basis-Superlegierungen werden in stationären Turbinen zur Energieerzeugung und in Flugzeugtriebwerken im Bereich höchster Temperatur eingesetzt. Ziel der materialwissenschaftlichen Entwicklung ist eine Erhöhung der Betriebstemperatur und damit eine Verbesserung der Effizienz und des thermodynamischen Wirkungsgrades. Auch die Verbesserung der Produktzuverlässigkeit durch Vermeidung bestimmter gießtechnisch bedingter Defekte wie etwa Mikroporosität ist relevant. Die Daten der Stahlprobe werden neben anderen thermophysikalischen Eigenschaften zur numerischen Simulation des kontinuierlichen Stranggießens benötigt.
Die Messung der Oberflächenspannung und der Viskosität an den flüssigen Proben wird mit der Methode des oszillierenden Tropfens an elektromagnetisch levitierten Proben durchgeführt. Die 22 Sekunden reduzierter Schwerkraft, welche bei einer Parabel zur Verfügung stehen, sind ausreichend, um eine Metallprobe durch hochfrequente elektromagnetische Felder frei schwebend zu positionieren und aufzuschmelzen.
Ein kurzer Puls der elektromagnetischen Felder während der Abkühlphase regt die Probe zu Schwingungen an, aus deren Frequenz und Abklingzeit die Oberflächenspannung und die Viskosität einfach berechnet werden können. Neben wichtigen methodischen Vorteilen, ist die hohe chemische Reaktivität der flüssigen Metallproben ein wichtiger Grund dafür, diese Experimente an frei schwebenden Proben unter reduzierter Schwerkraft durchzuführen. Bisher wurden im Rahmen dieses Programms Messungen an Nickel-Basis-Superlegierungen, Titan- und Kupfer-Legierungen sowie an speziellen Stählen durchgeführt.
CORUS Steel, NL
ALSTOM Switzerland Ltd., CH
Prof. Dr. H.-J. FechtUniversität Ulm
Oberflächenspannung und Viskosität industrieller Metall-Legierungen
Oberflächenspannung und Viskosität sind zwei wichtige thermophysikalische Parameter für die Beschreibung des Gießprozesses metallischer Legierungen. Die Kenntnis dieser Parameter ist bei der mathematischen Simulation von Gieß- und Erstarrungsprozessen notwendig für die Vorhersage bestimmter Defekte, wie zum Beispiel von Mikroporosität oder Segregation, welche die Integrität des so erhaltenen Werkstückes negativ beeinflussen. Durch eine auf Modellierung basierende Optimierung des Gießprozesses kann dann versucht werden, diese Defekte zu vermeiden. Die Oberflächenspannung hängt stark ab von der Konzentration oberflächenaktiver Elemente wie zum Beispiel von Sauerstoff, Schwefel oder auch Magnesium, welches wiederum das Erstarrungsgefüge und damit die Festigkeit und die Bearbeitbarkeit des so erhaltenen Werkstoffes stark beeinflusst.
Das DaimlerChrysler Forschungszentrum in Ulm möchte die Oberflächenspannung und die Viskosität zweier Graugusslegierungen mit unterschiedlichem Magnesium-Gehalt als Funktion der Temperatur untersuchen. Die Optimierung des Magnesium-Gehaltes und des Gießprozesses resultiert durch die damit verbundene Verbesserung der Gefügeeigenschaften in einer Reduktion des Gewichtes von Motoren und damit auch des Kraftstoffverbrauches.
Von der MTU Aero Engines werden eine Nickel-Basis-Superlegierung und eine intermetallische Titan-Aluminid-Legierung untersucht. Bei diesen Legierungen handelt es sich um moderne Hochtemperaturwerkstoffe, welche in Flugtriebwerken und stationären Gasturbinen zur Energieerzeugung eingesetzt werden. Ziel der Materialentwicklung ist die Herstellung leichter und hochtemperaturfester Werkstoffe. Hierdurch sollen eine höhere Betriebstemperatur, sowie bei der Titan-Aluminid-Legierung, eine Reduktion des Gewichtes erreicht werden. Beide Faktoren führen zu einer Verbesserung der Effizienz der eingesetzten Treibstoffe und einer Reduktion im Kühlluftverbrauch, wodurch der Turbinenwirkungsgrad gesteigert und Betriebskosten und die Schadstoffbelastung der Umwelt gesenkt werden.
Die Messung der Oberflächenspannung und der Viskosität an den flüssigen Proben wird mit der Methode des oszillierenden Tropfens durchgeführt. Die 22 Sekunden reduzierter Schwerkraft, welche bei einer Parabel zur Verfügung stehen, sind ausreichend, um eine Metallprobe durch hochfrequente elektromagnetische Felder frei schwebend zu positionieren und aufzuschmelzen. Ein kurzer Impuls der elektromagnetischen Felder während der Abkühlphase regt die Probenoberfläche zu Schwingungen an, aus deren Frequenz und Abklingzeit die Oberflächenspannung und die Viskosität einfach berechnet werden können. Neben wichtigen methodischen Vorteilen, wie zum Beispiel der Abwesenheit turbulenter Strömungen in der Probe und der einfachen Form des Schwingungsspektrums unter reduzierter Schwerkraft, ist die hohe chemische Reaktivität der flüssigen Metallproben ein wichtiger Grund dafür, diese Experimente an frei schwebenden Proben unter reduzierter Schwerkraft durchzuführen.
DaimlerChrysler Forschungszentrum, Ulm
MTU Aero Engines GmbH, München
Dr. R. K. WunderlichUniversität Ulm